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Artikel „Sigmund, Karl Ludwig, Ritter von Ilanor“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 300–301, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sigmund,_Karl_Ludwig&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 06:13 Uhr UTC)
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Sigmund: Karl Ludwig S., Ritter von Ilanor, Arzt und hervorragender Syphilidolog, ist am 27. August 1810 zu Schäßburg in Siebenbürgen geboren, † am 1. Februar 1883. Seine ärztliche Ausbildung erhielt er auf der medicinisch-chirurgischen Josephs-Akademie, wo er Dr. chir. und Magister der Augenheilkunde und Geburtshülfe wurde. 1837 erlangte er die Doctorwürde an der Pester Universität, machte von 1841 an auf Staatskosten eine längere wissenschaftliche Reise, wurde 1842 zum Primararzt einer chirurgischen Abtheilung im Allgemeinen Krankenhause ernannt und habilitirte sich 1843 als Privatdocent an der Wiener Universität. Er widmete sich von dieser Zeit ab ganz besonders dem Studium bezw. der Behandlung der syphilitischen Krankheiten, erwirkte 1848 die schon früher beantragte Vereinigung aller Syphiliskranken in einer besonderen Station, machte 1848 im staatlichen Auftrage eine Reise in den Orient zur Erörterung der Pestfrage und Quarantänereform, worüber er eine besondere Schrift „Zur Pest- und Quarantänefrage. Bemerkungen mit Beziehungen etc.“ (Wien 1848) herausgab und wurde 1849 zum ordentlichen Professor an der Wiener Hochschule mit dem Titel Hofrath, sowie zum Director der syphilitischen Klinik ernannt. In dieser Eigenschaft entfaltete er eine außerordentlich rührige Thätigkeit, verwandelte seine Abtheilung „durch Beseitigung der z. Th. desperaten hygienischen Beschaffenheit der Krankenzimmer, der Unzulänglichkeit des Wartepersonals“ etc. in eine Musteranstalt, hielt regelmäßige Specialcurse über Syphilis ab, für die er sein reiches Krankenmaterial in ausgiebiger Weise benutzte und die sich einer großen Theilnahme seitens in- und [301] ausländischer Mediciner zu erfreuen hatten und veröffentlichte als Product seiner Beobachtungen und Erfahrungen auf dem genannten Specialgebiete eine Reihe von Publicationen, in denen er sich als eifriger Mercurialist und speciell als Anhänger der Schmierkur bekannte, so: „Das von mir geübte Verfahren der Einreibungskur mit grauer Salbe bei der Syphilis“ (Wien 1856; 2. Aufl. 1859; 3. Aufl. u. d. T.: „Das von mir geübte Verfahren der Einreibungscur mit grauer Quecksilbersalbe bei Syphilisformen. Anleitung nach eigenen Beobachtungen“, ebda. 1866, 5. Aufl. 1878); ferner „Syphilis und venerische Geschwürsformen“ (in v. Pitha und Billroth’s Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie, Bd. I, Abth. 2 A, Nr. 9. Letztgenannte Schrift ist übrigens die einzige von ihm herrührende zusammenhängende Darstellung seiner Ansichten über die Syphilis). Ferner „Die Wiener Klinik für Syphilis. Ein Rückblick auf ihr 25jahriges Bestehen“ (Vierteljahrschrift für Dermatologie u. Syphilis, 1876, 77); „Vorlesungen über neuere Behandlungsweisen der Syphilis“, (3. Aufl., Wien und Leipzig 1883). Weitere Publicationen Sigmund’s beziehen sich auf Gegenstände aus den Gebieten der Klimatologie und Balneologie, für welche er sich bereits seit Beginn seiner ärztlichen Laufbahn interessirte. Hierher gehören die Schriften: „Füred’s Mineralquellen und der Plattensee“ (Pest 1837); „Gleichenberg, seine Mineralquellen und der Curort etc.“ (Wien 1840; 2. Aufl. ebd. 1846); „Südliche klimatische Curorte mit besonderer Rücksicht auf Venedig, Nizza, Pisa, Meran und Triest. Beobachtungen und Rathschläge etc.“ (Wien 1857; 2. Aufl. 1859); „Uebersicht der bekanntesten, zu Bade- und Trinkkuranstalten benützten Mineralwässer Siebenbürgens“ (ebd. 1860). – 1867 erhielt S. den Adel mit dem zu Anfang genannten Prädicat, 1870 wurde er in den erbländischen Ritterstand erhoben. 1881 d. h. im 70. Lebensjahre mußte er nach dem österreichischen Universitätsgesetze seine akademische Stellung niederlegen. Er starb auf einer Reise in Italien zu Padua am 1. Februar 1883. – Erwähnenswerth sind noch, abgesehen von einer Schrift mit dem Titel „Beobachtungen über die Flechte und ihre Verbindungen nebst einem neuen specifischen Mittel zu deren Heilung, nämlich dem Anthrakokali“ (Pest 1837) einige auf Epidemiologie bezügliche Arbeiten Sigmund’s, speciell die als Resultat einer im amtlichen Auftrage unternommenen Reise gelieferte Monographie: „Die italienischen See-Sanitätsanstalten und allgemeine Reformanträge für das Quarantänewesen“ (1873), welche auf der Wiener internationalen Sanitätsconferenz die Grundlage einer Discussion wurde und zu einem, bisher übrigens noch nicht verwirklichten Entwurfe zu einer „internationalen Sanitätsconvention“ führte. Der Schwerpunkt der Bedeutung von S. als Syphilidolog liegt darin, daß er in die Therapie der Syphilis Ordnung, System und Methode gebracht und als Lehrer durch Wort und Schrift (auch in zahllosen kleineren Journalaufsätzen) die Erkenntniß und namentlich die Therapie der syphilitischen Krankheitsformen außerordentlich gefördert hat.

Vgl. Biogr. Lexicon von Hirsch u. Gurlt V, 399 und die daselbst genannten Quellen.