ADB:Pitha, Franz Freiherr von

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Artikel „Pitha, Franz Freiherr von“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 202–204, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pitha,_Franz_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:27 Uhr UTC)
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Pitha: Franz Freiherr v. P., berühmter Chirurg, war am 8. Februar 1810 zu Rakom in Böhmen geboren, begann seine medicinischen Studien 1830 auf der Prager Universität und vollendete sie mit ausgezeichnetem Erfolge 1836, wo er zum Doctor der Medicin promovirt wurde; 1837 wurde er Dr. chir. und Magister der Geburtshilfe. In den Jahren 1836 und 1837 war er als Assistent der zweiten chirurgischen Klinik und als Secundar-Chirurg im Prager allgemeinen Krankenhause thätig, war von 1838–41 Assistent auf der chirurgischen Klinik des Professors J. Fritz, während welcher Zeit er sich auf das Eifrigste mit dem Studium der Litteratur seines Faches beschäftigte, auch während der Erkrankung des Vorstandes der Klinik denselben vertrat, bereits damals als ein ebenso gewandter und umsichtiger Arzt, wie energischer Operateur sich bewährte und bei Collegen und Schülern sich beliebt machte. 1839 zum supplir. Professor der chirurgischen Klinik und Docenten der Akologie ernannt, versah er bis 1843 die Stelle eines Primar-Chirurgen und Gerichts-Wundarztes im k. Prager Strafhause, machte, nachdem er seine Assistentenstelle niedergelegt, in Begleitung mehrerer Freunde und Collegen eine größere wissenschaftliche Reise durch Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich, England, Dänemark, und wurde, nachdem sein Lehrer Fritz 1841 gestorben war, zu dessen Nachfolger als Professor der theoretischen und praktischen Chirurgie, Operations- und Bandagenlehre zu Prag im J. 1843 ernannt, nachdem er sich bereits eine ausgedehnte chirurgische Praxis geschaffen hatte. Als Lehrer entfaltete P. nunmehr eine ungemein ersprießliche Thätigkeit; seine Klinik und Abtheilung wurde von Aerzten des In- und Auslandes eifrig besucht, da er sich fortwährend auf der Höhe der Wissenschaft zu halten bestrebt war, wie seine in jene Zeit fallenden litterarischen Arbeiten bezeugen. Er war an der 1844 begründeten Prager Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde ein überaus fleißiger Mitarbeiter, [203] indem er nicht nur ein Referat für die Analekten derselben übernommen hatte, sondern auch in derselben vom 8. bis 54. Bande mehr als 20 Originalaufsätze lieferte, darunter außer Berichten über seine Klinik, die von ihm selbst oder seinen Assistenten erstattet wurden, besonders hervorzuheben: „Ueber die Diagnose und Pathologie eingeklemmter Brüche“ (Bd. 8, 9, 10); „Ueber subcutane Venenunterbindungen“ (Bd. 12); „Ueber Telangiektasien“ (Bd. 13); „Ueber Aether-Inhalationen bei chirurgischen Operationen“ (Bd. 17); „Ueber Chloroform“ (Bd. 19); „Ueber die Baumwolle in der Chirurgie“ (Bd. 23); „Ein Fall von operirter Doppelbildung“ (Bd. 26); „Ueber den Hospitalbrand“ (Bd. 30); „Ueber Schultergelenksluxationen“ (Bd. 36); „Ueber Bronchotomie und deren Indicationen“ (Bd. 53); „Ueber Oedem der Glottis (Bd. 54). – Nachdem er 14 Jahre in seinem Lehramte an der Prager Hochschule thätig gewesen war und während dieser Zeit alle bei derselben erforderlichen wissenschaftlichen Reformen auf das Eifrigste befürwortet hatte, auch in dem Studienjahre 1854 zum Rector gewählt worden war, wurde er 1857 an die im J. 1854 wieder eröffnete medicinisch-chirurgische Josephs-Akademie zu Wien als Professor der Chirurgie und chirurgischen Klinik berufen. Bei seinem Scheiden von Prag wurden ihm als Beweise ehrenvoller Anerkennung verschiedene Ovationen zu Theil. Auch in Wien, in seinem neuen Wirkungskreise, in welchem er die Aufgabe hatte, tüchtige Feldärzte heranzubilden, wußte er sich bald ein solches Ansehen zu verschaffen, daß er während des italienischen Krieges von 1859, auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers, mit dem Charakter eines Oberstabsarztes 2. Classe in das kaiserliche Hauptquartier behufs Behandlung verwundeter Officiere berufen wurde. Für seine dortige mühe- aber ruhmvolle Thätigkeit wurde er noch in demselben Jahre durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone in den Ritterstand des österreichischen Staates erhoben. Nach Beendigung des Feldzuges in seinen Wirkungskreis an der Josephs-Akademie zurückkehrend, trug er von Jahr zu Jahr nicht unwesentlich zum Aufblühen derselben bei, wurde 1864 in das Militär-Sanitäts-Comité berufen und übernahm 1866, bei Ausbruch des italienischen Krieges, an der Seite des Erzherzogs Albrecht die Oberleitung des Feldsanitätswesens und der Feldspitäler. Für die hervorragenden Verdienste, die er sich auch bei dieser Gelegenheit von neuem erwarb, wurde ihm das Ritterkreuz des Leopold-Ordens, der Titel eines Oberstabsarztes 1. Classe und 1867 auch der eines k. k. Hofrathes verliehen. Von seinen litterarischen Arbeiten aus der Wiener Zeit sind, außer Aufsätzen in der Wiener medicinischen Wochenschrift (1860/61) anzuführen: „Die Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane“ in Rud. Virchow’s Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie (Bd. 6, 1864) und das von ihm in Gemeinschaft mit Th. Billroth herausgegebene Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie, in welchem er selbst den Abschnitt „Die Krankheiten der oberen und unteren Extremitäten“ (Bd. 1. Abth. 4) bearbeitete. Seine mannichfaltigen hervorragenden Dienstleistungen im Staatsdienste, auf dem Gebiete der Lehrthätigkeit sowohl als der Sanitätspflege, wurden durch wiederholte Auszeichnungen von Seiten des Monarchen, wie erwähnt, anerkannt; zuletzt wurde er noch, mit dem Orden der eisernen Krone 2. Classe decorirt, in den Freiherrnstand erhoben. Der Abend seines Lebens war in mehrfacher Weise getrübt. Unglücksfälle mancher Art, so der Verlust seines Sohnes, der 1866 seinen Tod auf dem Schlachtfelde fand, mehrjährige Krankheit brachen auf ihn ein und setzten seiner emsigen Thätigkeit ein Ziel. Sein Tod erfolgte nach langen Leiden am 29. December 1875. – Bis zu dem Jahre langen Siechthum, welches zu seinem Tode führte, war er ein durchaus auf der Höhe der Wissenschaft stehender, sehr gesuchter und beschäftigter Chirurg, indem er den vortrefflichen Anatomen, den scharfen Diagnostiker und [204] den eleganten und glücklichen Operateur in sich vereinigte. Daneben besaß er einen durch Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit ausgezeichneten Charakter, war, wie schon angeführt, ein vortrefflicher Lehrer, als Arzt von weltmännischer Bildung, so daß ein Jeder, der ihn kannte, zu seinen Verehrern zählte.

v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 22, S. 363. – Prager medic. Wochenschrift, 1876, S. 49. – Allgem. Wiener med. Zeitung, 1876, S. 7.