ADB:Scultetus, Johannes
Scultetus: Johannes S. (eigentlich Schultes) ist der in der Wissenschaft allein latinisirt bekannte Name eines berühmten Chirurgen in Ulm, der daselbst am 12. October 1595, als Sohn des Schiffers Michael Schultes geboren wurde. Sehr jung wurde er von seinem Vater nach Wien gebracht, von da kam er nach Italien, war 15 Jahre lang in Padua, daselbst Schüler des Fabrizio d’Acquapendente und des Anatomen Adriaan Spieghel, dessen Prosector er lange Zeit war und wo er 1621 die Doctorwürde in der Medicin und Philosophie erlangte. Nachdem er in Padua und Venedig prakticirt hatte, wurde er 1625 Stadtphysikus in Ulm, erfreute sich einer sehr ausgedehnten Praxis und starb am 1. December 1645 in Stuttgart, wohin er zu einem Kranken gerufen worden war. Sein einziges, aber sehr bekanntes und berühmtes, in vielen Auflagen erschienenes und in verschiedene Sprachen übersetztes Werk, das „Armamentarium chirurgicum, 43 tabulis ornatum. Opus posthumum“ erschien lange nach seinem Tode, von seinem Neffen Johann Schultes dem Jüngeren herausgegeben, Ulm 1653, 1655 fol. Weitere Ausgaben erschienen im Haag 1656, 1662, 8°; Venedig 1655, 1665, 8°; Amsterdam 1662, 1669, 1672, 8°; Frankfurt 1666, 4°; Leiden 1693, 1741, 8°. Durch J. B. Lamzweerde und P. H. Verduyn wurde das Werk beträchtlich vermehrt (Amsterdam 1661, 8°, c. 56 tabb.) und außerdem in holländischer Uebersetzung (Dordrecht 1657, 1670, 8°, Leiden 1748, 8°), in französischer als „Arsenal de chirugie“ (Lyon 1675, 4°, 1712, 8°) und in deutscher als „Wundarzneyisches Zeughaus“ (Frankfurt 1666, 1679, 4°) herausgegeben. Auch erschien ein „Appendix ad armamentarium“ (1671, 1672, 8°). Wie man aus diesem Werke, das so viel Aufsehen erregte und so viel Beifall fand, entnehmen kann, war S. ein sehr unternehmender Chirurg, viele seiner darin niedergelegten Beobachtungen sind von großem Interesse. Außerdem findet sich in dem Werke die umfassendste Darstellung aller zu seiner Zeit gebräuchlichen Instrumente, Apparate, Verbände; jedoch ist Scultet’s Streben insofern zu tadeln, als er, statt die Zahl derselben zu vermindern und dieselben zu vereinfachen, dahin trachtete, sie zu vermehren und zu compliciren.
- Albr. Weyermann, Nachrichten von Gelehrten, Künstlern u. s. w. aus Ulm. Ulm 1798, S. 475. – Albrecht v. Haller, Bibliotheca chirurgica. T. I, 1774, p. 355.