Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schweder, Gabriel“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 323–325, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schweder,_Gabriel&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 23:24 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schwederich, Jakob
Band 33 (1891), S. 323–325 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Gabriel Schweder in der Wikipedia
Gabriel Schweder in Wikidata
GND-Nummer 117396427
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|33|323|325|Schweder, Gabriel|Johann August Ritter von Eisenhart|ADB:Schweder, Gabriel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117396427}}    

Schweder: Gabriel S., Staatsrechtslehrer, geb. zu Cöslin am 18. Mai 1648, † zu Tübingen am 30. April 1735. – Die Schweder stammen ursprünglich aus Schottland, wo sie schon im 14. Jahrhundert den angesehensten Adelsfamilien beigezählt wurden. Fortdauernde Kriegsunruhen dortselbst bewogen sie, im folgenden Jahrhundert ihr Heimathland zu verlassen; ein Zweig wandte sich nach den Niederlanden, ein anderer nach Dänemark und Pommern. Die Glieder des letzteren ließen sich größtentheils in Cöslin nieder, wo sie seit Anfang des 16. Jahrhunderts fast regelmäßig mit dem Amte eines Bürgermeisters oder Stadtverordneten betraut waren. Indessen hatten widrige Vermögensverhältnisse die Familie genöthigt, im Laufe der Jahre ihren alten Adelstitel abzulegen, sie nannte sich kurzweg „Schweder“, bis der Neffe unseres Gelehrten, Christoph Hermann, mit Rücksicht auf umfassenden Grundbesitz bei Kaiser Karl VI., 1724 die Erneuerung des Adelsbriefes seiner Voreltern erwirkte, welche Erneuerung 1729 von der Krone Preußen die Bestätigung erhielt. S. begann die humanistischen Studien auf dem Gymnasium zu Coburg, bezog sodann die Universität Jena und 1668 Tübingen, wo er sich mit Rechtswissenschaft beschäftigte. Nach Abgang von der Hochschule wurde er in damals üblicher Weise Hofgerichtsadvocat und empfing am 27. Januar 1674 – welcher Tag zugleich sein Hochzeitstag war – den Grad eines Doctors beider Rechte. Drei Jahre später (1677) kam er als Herzoglich Württembergischer Rath und Beisitzer an das Hofgericht zu Tübingen, 1681 als ordentlicher Professor des Staats- und Lehen-Rechtes an die dortige Universität, wo er mit der Dissertation: „De foro illustrium Imp. R. G. immediate subjectorum“ im nämlichen Jahre Sitz und Stimme in der Facultät erwarb. – S. war der Erste, welcher in Tübingen deutsches Staatsrecht las und diese Disciplin daselbst in Aufnahme brachte; schade nur, daß Vortrag und lateinischer Styl manches zu wünschen übrig ließen; überhaupt ist der Schwerpunkt unseres Gelehrten nicht in seiner akademischen, sondern in seiner schriftstellerischen Thätigkeit zu suchen. 1703 erhielt S. aus Wien das Diplom eines Pfalzgrafen, da seine Arbeit über das Recht von Kaiser und Reich im Herzogthum Mailand („Jus sacratissimi Imperatoris et Imperii in Ducatum Mediolan. assertum“. Tub. 1702) am kaiserlichen Hofe sehr beifällig aufgenommen worden war. Bis ins späte Greisenalter rüstig, starb S. 1735 im 87. Lebensjahre als erstes und ältestes Mitglied der Juristenfacultät. – Dem Hochbetagten war noch die seltene Freude zu Theil geworden, acht Jubiläen festlich zu begehen, darunter am 27. Januar 1724 seine goldene Hochzeit. Mit einer gebornen Pregitzer verheirathet, hatte er aus dieser Ehe einen Sohn, Johann Gabriel, 1703 Licentiat der Rechte, und eine Tochter, welche die Gattin des Juristen Johann Stephan Burgermeister wurde. Unter Schweder’s Schriften behauptet den ersten Platz dessen [324] „Introductio in jus publicum Imperii R. G. novissimum“ (Tub. 1681). Indem er mit Beseitigung des römischen Rechts sich vorzüglich an die deutschen Quellen hielt, hat er hierdurch in seinem Fache Epoche gemacht. – Hochgeschätzt, erlebte das Buch 10 Auflagen (1685, 1691, 1696, 1701, 1707, 1711, 1718, 1721, endlich 1733) und fehlte in keiner besseren juristischen Bibliothek. Zugleich rief es einige gelehrte Arbeiten hervor; so verfaßte zu diesem Werke, – welches in den lateinischen Actis Erudit. 1682 S. 255 und in Moser’s Bibl. jur. publ. Theil I, 144 u. ff. vortheilhaft beurtheilt ist, – der spätere Reichshofrath von Lynker zu Jena „Analecta ad Schwederi Introductionem“ (Jena 1689. 4°) und der Prager Jurist Wenzel Neumann von Puchholtz „Annotationes ad S. Introd. in jus publicum“ (s. l. 1716), eine confessionell-polemische Schrift, welche wegen ihrer gehässigen Ausfälle confiscirt wurde. Neumann’s Angriffe bewogen den Helmstedter Rechtslehrer Joh. Wilhelm von Göbel zu der Gegenschrift: „Fr. Ign. de Windeck, Dissert. epistolaris ad Guilelmum etc. de W. X. Neumani de Puchholz annotationibus etc. etc. (Monachii 1717), welche jedoch des nöthigen juristischen Scharfsinnes entbehrt. 1718 gab Phil. Franz von Bellmont, Professor zu Erfurt, ein Heft: „Positiones in S. jus publicum“ heraus, dem keine Fortsetzung folgte; endlich besprach der Kanzler von Ludewig in der Vorrede zu den „Singularibus jur. publ.“ (S. 6) Schweder’s Arbeit in einseitig-abfälliger Weise. Außerdem besitzen wir von S. eine größere Reihe von Dissertationen meist aus dem öffentlichen Rechte; ferner consilia civilia et criminalia. Erstere (141 an der Zahl) bilden den ersten Band der von S. selbst veröffentlichten „Collectio nova consil. Tubing.“ (Tub. 1731 Fol.), während die peinlichen Rechtsprüche Schweder’s sammt den Lauterbach’schen in dem 1733 ausgegebenen vierten Bande der Tübinger Consilien enthalten sind.

Christoph Hermann von S., ein jüngerer Vetter des Vorgenannten, gehörte gleichfalls zu dem Zweige der Schweder’schen Familie, welche in Pommern ihre neue Heimath gründete. Am 5. Jan. 1678 zu Colberg als der Sohn des Hof- und Consistorialrathes Hermann S. geboren, welchen er schon im 8. Jahre verlor, bezog er 1699 die Universität Tübingen. Dort hörte er unter Anleitung seines Vetters Gabriel, dessen Haus- und Tischgenosse er war, namentlich bei diesem und den beiden Harpprechts vier Jahre juristische Vorlesungen, unternahm 1703 eine größere Reise nach England und Norddeutschland und ging später als Referendarius beim Hofgerichte zu Stargard in preußische Justizdienste, trat jedoch nach einigen Jahren zur Verwaltung über. 1721 finden wir ihn zu Stettin, wohin die Regierung mit Kriegs- und Domänen-Kammer verlegt worden war; dort erhielt er unter Verleihung des geheimen Raths-Titels die Direction im Sanitätscollegium, 1733 die Curatel über die Sct. Marien-Stifts-Kirche und das akademische Gymnasium. Er starb daselbst am 24. September 1741 mit Hinterlassung eines Sohnes und einer Tochter. Mit Glücksgütern reich gesegnet (er besaß Ramelow, Neuenhagen, Streitz und Rothlow) hatte er 1724 bei Kaiser Karl VI. – wie bereits erwähnt – die Neubestätigung seiner bis dahin ruhenden Adelsrechte erwirkt. Christ. Herm. war auch schriftstellerisch thätig und hat sich namentlich durch zwei Werke einen geschätzten Namen in der publicistischen Literatur erworben. Das erste führt den Titel: „Theatrum historicum praetensionum et controversiarum illustrium“ (Lips. 1712 fol.), wovon Adam Friedrich Glafey 1727 in zwei Folianten eine sehr vermehrte und verbesserte zweite Auflage herstellte. Beide Auflagen sind in den Actis erudit. 1712 S. 285 und 1727 S. 476 sehr günstig besprochen, und der gefeierte Staatsrechtslehrer von Moser rühmt in der Biblioth. jur. publ. Thl. I S. 303 u. ff. die Arbeit beider Autoren als eine der nöthigsten, nützlichsten und angenehmsten, welche kein Minister, kein Publicist wohl entbehren könne. Das zweite nach des Verfassers [325] Tod erschienene Werk sind die „Anmerkungen über die Hinterpommer’sche Lehensconstitution von 1694“ (Rostock und Wismar 1755), ein Buch, welches als unentbehrliches Hilfsmittel für Alle galt, die sich mit Pommer’schem Lehenswesen beschäftigten.

Ueber beide S. siehe: Jugler, Beitr. zur jurist. Biographie Bd. V St. 1, S. 108–130, und die dort cit. Litteratur. – Klüpfel, Geschichte u. Beschr. der Univ. Tübingen S. 156. 160.