ADB:Schumann, Valentin (Buchhändler)

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Artikel „Schumann, Valentin“ von Gustav Wustmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 57–59, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schumann,_Valentin_(Buchh%C3%A4ndler)&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 16:21 Uhr UTC)
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Schumann: Valentin S., ein Leipziger Buchdrucker und Buchhändler der Reformationszeit. Sein Geburtsjahr ist unbekannt, er war aber eines Leipziger Bürgers Sohn, erhielt 1514 selbst das Leipziger Bürgerrecht, und von diesem Jahre an bis in den Anfang der vierziger Jahre (1542) ist eine große Anzahl Leipziger Drucke von ihm nachweisbar. (Ein Druck vom Jahre 1502, in Panzer’s Annalen, beruht auf Irrthum). Wie seine vier älteren Geschäftsgenossen in Leipzig (Melchior Lotter, Martin Landsberg, Wolfgang Stöckel und Jakob Thanner), denen er 1514 als fünfter an die Seite trat, druckte er (für die Leipziger Studenten) namentlich Ausgaben römischer und griechischer Autoren, die griechischen natürlich in lateinischer Uebersetzung, Schriften und Dichtungen von Humanisten, Nachdrucke von auswärtigen, aber auch Originalarbeiten von Leipziger Humanisten, wie Petrus Mosellanus, Richard Crocus, Christoph Hegendorf u. a., dazu Lehrbücher aus verschiedenen Wissenschaften. Auf umfängliche Werke ließ er sich nicht ein; die meisten seiner Drucke umfassen nur wenige Bogen, ein Buch wie seine lateinische Ausgabe der vier Evangelien in der Uebersetzung des Erasmus (132 Blatt in 4°) bildet eine große Ausnahme. Aber er war doch ein thätiger und unternehmender Mann. Nachdem Lotter 1511 zum ersten Male in Leipzig mit lateinischer Schrift (Antiqua) gedruckt [58] hatte, brachte S. 1516 das erste Buch mit griechischen Lettern, die kleine griechische Grammatik, die der damals an der Leipziger Universität lehrende englische Philolog Richard Croke (Crocus) zusammengestellt und der Rath (!) der Stadt Leipzig durch ein Privilegium geschützt hatte: „R. Croci Londoniensis tabulae Graecas literas compendio discere cupientibus sane quam utiles“, 1520 auch das erste Buch mit hebräischen Lettern, die kleine hebräische Grammatik, die Philipp Novenianus von Hasfurt, ebenfalls damals in Leipzig, verfaßt hatte: Elementale Hebraicum. In der stolzen Schlußschrift des letztgenannten Büchleins rühmt er sich selbst dieser seiner Verdienste: Lipsiae excussit diligentissimus stanniscribarum Valentinus Schumannus, cujus opera fit, ut hic graeca et latina (ac brevi, ut speramus, hebraica) cultissime imprimantur. Dazu war er unter allen Leipziger Druckern jener Zeit der, der die meiste Freude an künstlerischer Druckausstattung hatte. Er besaß eine große Anzahl von Holzstöcken (Bildern und Zierleisten), freilich zum großen Theil rohen Erzeugnissen des Leipziger Holzschnitts, die er überdies in geschmackloser Weise bei der Ausstattung seiner Bücher verwendete; auch Drucke, die nicht seinen Namen tragen, sind oft sofort zu erkennen an der häßlichen Art, wie er sechs, sieben, acht der verschiedensten Zierleisten zu einer Titelumrahmung zusammenstellt. Doch ließ er ohne Zweifel auch auswärts Holzstöcke anfertigen; ein Titelbild, das auf mehreren seiner Drucke wiederkehrt, der Typus ecclesiae war, wie das Monogramm zeigt, von Heinrich Steiner in Augsburg geschnitten. Das Druckerzeichen Schumann’s, das auf den meisten seiner Drucke angebracht ist, zeigt zwei nach oben einander zugeneigte Aeste, dazwischen einen dritten mit drei Eichenblättern, über den ein großes V und S gelegt ist; daneben meist noch die beiden Buchstaben L D (Laus Deo.) Leider gerieth S. in feindselige Stellung zur Reformation. Während er in den ersten Jahren nach Luther’s Auftreten auch einiges von Luther gedruckt hatte, noch 1520 eine „sehr gute“ Predigt, wie es auf dem Titel heißt, „von zweierlei Gerechtigkeit“, schwenkte er bald darauf, sei es aus Ueberzeugung oder aus Furcht oder aus Geschäftsneid auf Lotter, den Hauptdrucker Luther’s in Leipzig, ab und stellte seine Presse dann ausschließlich in den Dienst der Leipziger Gegner Luther’s. Petrus Silvius, Augustin Alveld, Hieronymus Dungersheim, Hieronymus Emser, Johann Hasenberg, Johann Cochläus, sie fanden sich alle einträchtiglich in seinem Verlage zusammen. Eine ganze Reihe von Schmähschriften auf Luther, wie der Lutherus septiceps, der Lutherus biceps, der Ludus ludentem Luderum ludens u. a. sind aus Schumann’s Presse hervorgegangen, nicht immer mit seinem Namen, 1528 auch eine illustrirte Kleinoctavausgabe von Emser’s Gegen-Uebersetzung zu Luther’s Neuem Testament – wohl das größte Unternehmen, das er gewagt hat. Dennoch und obwohl er nicht versäumte, den erbittertsten Gegner Luther’s, den Herzog Georg von Sachsen, auf solchen Drucken gelegentlich als den vere catholicus princeps zu preisen, scheint er das Schicksal der meisten Leipziger Buchdrucker der Reformationszeit getheilt zu haben: es ging mit seinem Geschäfte bergab. Lutherische Schriften sollte in Leipzig keiner drucken, lutherfeindliche aber wollte niemand kaufen. Als S. 1514 sein Geschäft begann, that er dies im eignen kleinen Hause auf der Ritterstraße (in regione equestri heißt es auf einzelnen seiner damaligen Drucke) neben der Sachsenburse am großen Fürstencollegium. 1522 vertauschte er dieses Haus mit einem größeren, das er auf der Grimmischen Gasse, der Hauptstraße Leipzigs, gekauft hatte, und hielt auf der Ritterstraße einen besondern Laden; „Wirt verkaufft in Johann Haßfurts haws zu Leyptzig in der Ritter Strassen“ heißt es 1528 auf Emser’s Annotationen über Luther’s Neues Testament. Aber nur bis 1531 konnte er das größere Haus halten, dann zog er sich wieder zurück in ein kleineres auf der Ritterstraße, den Universitätscollegien gegenüber. Dort [59] erlebte er noch nach Herzog Georg’s Tode die Einführung der Reformation in Leipzig (Pfingsten 1539), veranstaltete nun auch, nachdem die Gefahr vorüber war, noch eine erweiterte Ausgabe des bekannten, zuerst von Klug in Wittenberg gedruckten lutherischen Gesangbuchs, die mehrere Auflagen erlebte (vgl. Koch, Gesch. des Kirchenliedes, 3. Aufl. 1, S. 252). Aber 1542 starb er, 1545 verkauften die Erben das Haus. – Sein gleichnamiger Sohn, Valentin S., ein armer Schriftgießer, wird in der Litteraturgeschichte genannt; er war der Herausgeber des bekannten „Nachtbüchleins“ (1559).

Aus Acten des Leipziger Rathsarchivs und zahlreichen Drucken Schumann’s aus der Leipziger Stadtbibliothek.