ADB:Schuldorp, Marquard
Nicolaus v. Amsdorf befreundet und trat später, als Luther von der Wartburg nach Wittenberg zurückgekehrt war, auch zu diesem in ein näheres Verhältniß. Im J. 1525 scheint er sich in Magdeburg aufgehalten zu haben, wo seit September 1524 Amsdorf in Wirksamkeit stand; vielleicht ist er mit diesem hierher gezogen. Hier heirathete er (jedenfalls vor Ausgang des Jahres 1525) seiner Schwester Tochter, eine Ehe, an der viele, auch zum Theil solche, die der Reformation zugethan waren, schweren Anstoß nahmen, die aber Luther billigte. Luther berief sich vor allem darauf, daß eine solche Ehe im Gesetze Mosis nicht verboten sei, und daß auch der Papst sie, wenn auch freilich nur durch Dispensation und gegen Zahlung der Gebühren für diese, gestatte; also könne sie auch an sich nicht Unrecht sein. Im J. 1527 (nach andern schon 1526) ward S. vom Herzog Friedrich, dem spätern König Friedrich I., als erster evangelischer Prediger am Dom nach Schleswig berufen. Hier hatte ein Mönch Friedrich etwas ungestüm die Reformation einzuführen versucht, ohne damit durchdringen zu können; S. wurde nach einer eindringlichen Predigt vom Rathe und der Gemeinde einstimmig angenommen und verblieb in seinem Amte, obschon das Domcapitel sich ihm widersetzte. Am 16. Juli 1528 richtete er „deutsche Messe und Vesper“ ein, er predigte unermüdlich, oft an einem Sonntage oder Festtage viermal. Als der bekannte Wiedertäufer und Schwärmer Melchior Hoffmann (vgl. A. D. B. XII, S. 636) nach Holstein gekommen war und namentlich in Kiel sein Wesen trieb, ließ S. im J. 1528 eine Schrift gegen ihn ausgehen, in welcher er die lutherische Lehre vom heiligen Abendmahl gegen ihn vertheidigte. Hoffmann antwortete außerordentlich heftig und warf dabei S. namentlich seine Ehe mit seiner Nichte als Blutschande und somit als einen in der Christenheit nicht zu duldenden Gräuel vor. S., der wegen dieser seiner Ehe auch in Schleswig von kirchlichen Feinden und Freunden viel zu erdulden hatte, antwortete auf diese Hoffmann’schen Vorwürfe in einem niederdeutschen Brief an die Gläubigen der Stadt Kiel (1529); als Anhang zu diesem Briefe und, wie es scheint, auch als besondere Schrift ließ er zwei Briefe von Amsdorf und Luther abdrucken, welche diese ihm schon vor Jahren geschrieben hatten, um ihn betreffs der Rechtmäßigkeit seiner Ehe zu trösten. Wahrscheinlich waren diese doch mehr persönlichen Zerwürfnisse Ursache, daß S., soviel uns bekannt, nicht mit zur Theilnahme an dem Flensburger Gespräche, das am 8. April 1529 mit Hoffmann gehalten wurde und infolge dessen dieser Schleswig und Holstein meiden mußte, berufen ward. Er starb nicht lange danach, am 13. August 1529, an einer schrecklichen ansteckenden Krankheit, dem sog. englischen Schweiß. – Detlev S., der hamburgische Bürger und spätere Rathsherr, der in Hamburg mit dem Münzwardein Dirik [658] Ostorp zuerst (schon seit 1522) für die reine Lehre eintrat und hernach um die Einführung der Reformation in Hamburg die größten Verdienste hat, stammt auch aus Kiel; es ist nicht unwahrscheinlich, daß er ein Verwandter, vielleicht sogar ein Bruder unseres Marquard S. ist; doch fehlt es bisher an einem sichern Nachweis hierfür.
Schuldorp: Marquard S., um 1495 zu Kiel geboren, ward am 13. Juni 1521 in Wittenberg inscribirt. Er wurde hier besonders mit- Wir kennen zwei Briefe Luther’s an Marquard S., in welchen Luther dessen Ehe rechtfertigt; diesen beiden ist jedenfalls noch einer vorausgegangen; der erste der uns bekannten ist vom 22. December 1525 und ist abgedruckt in der Briegerschen Zeitschrift für Kirchengeschichte, Band 1, S. 321 f.; der andere ist vom 5. Januar 1526 und findet sich bei de Wette, Briefe Luther’s, Band 3, S. 83 ff. (vgl. auch Band VI, S. 595) und in der Erlanger Ausgabe der Werke Luther’s, Band 53, S. 364 ff.; dieser letztere ist der von Schuldorp in seiner Schrift gegen Hoffmann abgedruckte. – Moller, Cimbria literata I. S. 604. – Jöcher, IV, Sp. 376. – Krohn, Geschichte der Wiedertäufer, Leipzig 1758, S. 135 ff. – Nordalbingische Studien II, S. 131. – Sach, Geschichte der Stadt Schleswig, S. 203 f. – Foerstemann, Album academiae Vitebergensis, pag. 105. – Warum Zedler (Band 35, Sp. 1467 f.) und nach ihm einige andere Marquard S. als Prediger in Kiel gewesen sein lassen, ist nicht deutlich; jedenfalls ist es unrichtig. – Ueber Detlev S. vgl. Sillem, Einführung der Reformation in Hamburg, S. 24 u. S. 175; am letzteren Orte wird auch auf einen Johannes S. aufmerksam gemacht, der 1528 Domherr in Schleswig war. Ferner: Mittheilungen des Vereins für hamburgische Geschichte, 5. Jahrgang, S. 125 und S. 137 ff.