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Artikel „Schröer, Thomas von“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 553–554, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schr%C3%B6er,_Thomas_von&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:01 Uhr UTC)
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Schröer: Thomas S., Jurist und Dichter des beginnenden 17. Jahrhunderts, ward als Sohn des Bäckers Martin S. am 14. December 1588 zu Neustadt in Oberschlesien geboren, besuchte, als sein Vater October 1596 bald nach dem Tode der Mutter nach Breslau übergesiedelt war, dort das Gymnasium zu St. Elisabeth, das damals unter Steinberger’s Leitung stand, bezog 1608 mit einem Stipendium der Bäckerzunft die Universität Wittenberg, wo ihn seine erwachenden poetischen Neigungen zum Anschluß an Friedrich Taubmann veranlaßten, und setzte seit 1609 in Leipzig seine juristischen Studien fort, die freilich durch für damalige Verhältnisse nicht unerhebliche Reisen in Deutschland und Holland oft unterbrochen wurden. 1613 kehrte er nach Breslau zurück, wo er am 10. October 1614 Advocatus Juris ordinarius, 1622 Unterschöppenschreiber, 1637 Oberschöppensecretär des Rathes wurde. Seine juristische Tüchtigkeit, die öfters auch von Fürsten zur Entscheidung schwieriger Rechtshändel angerufen wurde, trug ihm vom Kaiser den Adelstand ein. Er starb am 6. Januar 1641 und wurde in der Elisabethkirche zu Breslau begraben.

Seine Zeit schätzte in S. wesentlich den trefflichen Rechtsgelehrten, und Gelegenheitsgedichte, wie sie in Schlesien besonders im Schwange waren, feiern ihn wohl als den schlesischen Zasius. Sein bedeutendstes juristisches Werk war ein höchst voluminöser Quartband in deutscher Sprache: „Institutiones Tutorum [554] et Curatorum Germanicae“, der erst lange nach seinem Tode 1666 von dem bekannten Breslauer Verleger Es. Fellgibel veröffentlicht wurde: ein mehr gelehrtes als praktisches Buch, in dem S. „als eine embsige Honigsammlerin“ aus alten und neuen Rechtsbüchern, sowie aus der eigenen Erfahrung eine erstaunliche Fülle Stoffs mehr zusammen getragen als verarbeitet hat. Ueber dasselbe Thema aber hatte S. schon bei Lebzeiten in seinem „Summarischen Deutschen Vaterrecht vom Ampt der Vormünder und Pflegeväter“ (Leipz. 1635) gehandelt: in ernsten Kriegs- und Sterbensläuften an der Vollendung des größeren Werkes verzweifelnd, hatte er einen auf das Bedürfniß der Laien berechneten ungelehrten Auszug verfaßt, dem eine einfache verständliche Sprache, die unnöthige Fremdwörter verhältnißmäßig meidet, nachgerühmt werden darf. S. glaubt sich in der Vorrede geradezu entschuldigen zu müssen wegen seiner deutschen Sprache: er beruft sich auf Werndte’s[WS 1] gleichfalls deutschen Pupillenschild und auf das starke Bedürfniß, das gerade jetzt, da Krieg und Pest so viel Waisen schaffe, nach einem volksthümlichen Buche dieses Themas vorhanden sei. Und selbst hier, in der streng juristischen Arbeit, regt sich des Verfassers poetisches Aederchen: in ein paar Knittelversen verzeichnet er die Gründe, aus denen Jemand Vormundschaft ablehnen darf, und den Schluß bildet eine zusammenfassende kurze Inhaltsangabe des ganzen Werkchens in deutschen sehr trocknen und langweilig steifen Alexandrinern.

Der Dichter S. ist eine Uebergangsgestalt. Der Schüler Taubmann’s begann und glänzte als lateinischer Poet: im elegischen Maße behandelte er das Jus Feudale, zugleich ein Sänger und Jurist (1621); Virgil’s Eklogen ahmte er christlich umdichtend nach (1623); ein lateinisches Drama handelte „De electione Sauli regia“, und an lateinischen Gelegenheitsgedichten werden schlesische Bibliotheken wahrscheinlich noch manches bergen, was mir unbekannt ist. Aber der Mann, der selbst seine Wissenschaft in der Muttersprache zu behandeln nicht verschmähte, dichtete auch deutsch, wenn auch unleugbar ungeschickter. Als am 23. Februar 1620 Friedrich V. von der Pfalz, der unglückliche König von Böhmen, von stolzen Hoffnungen begrüßt in Breslau einzog, ward ihm eine mit einer Ueberfülle allegorischer Embleme geschmückte Ehrenpforte errichtet, die S. zunächst in einem lateinischen „Carmen elegiacum“ beschrieb und deutete: aber noch im selben Jahre übertrug und erweiterte er dies Gedicht als „Fried-Ehren-Thron“ zu einer breiten Allegorie in vierhebigen deutschen Versen mit gekreuztem Reim, aus deren steifen zusammenhangslosen Erklärungen als einheitliche Grundstimmung eine tiefe Friedenssehnsucht zuversichtlich hervorbricht; S. ahnt nicht, daß er und sein Vaterland eben erst am Anfange decennienlanger Kriegsgräuel stand. Die Verse sind silbenzählend gebaut, das Ganze athmet noch den Geist des 16. Jahrhunderts. Auch ein Gelegenheitsgedicht von 1628, ein Trauerlied für den Breslauer Pfarrer Kurzmann, der sein sechstes Kind verloren hat und dem S., selbst ein halb Jahr vorher dreier lieber Kinder beraubt, schlicht warmherzige Tröstung spendet, auch dieses Lied zählt noch Silben. Dagegen sind die Alexandriner, in denen S. seinen „summarischen Unterricht“ 1635 recapitulirt, ebenso wie die übrigen Verse dieses Buchs, ersichtlich durch des schlesischen Landsmanns Opitz Verstechnik beeinflußt. Wenn bei S. dieser Umschwung in der Form eintrat, ließe sich an der Hand deutscher Gelegenheitsgedichte Schröer’s, wie sie auf schlesischen Bibliotheken gleichfalls noch mehrfach liegen werden, wahrscheinlich genauer feststellen.

Kundmanni Silesii in Nummis (Breslau u. Leipzig 1738), S. 373 ff. – Kahlert, Schlesiens Antheil an deutscher Poesie (Breslau 1835), S. 44. – Weim. Jahrb. 4, 146.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der Autor des Pupillenschilds heißt richtig Johann (v.) Werndle.