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Artikel „Schop, Johann“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 329–331, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schop,_Johann&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:25 Uhr UTC)
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Schop: Johann S. (Schopp, Schope), ein „kundiger“ Instrumentalist auf der Violine (Discantgeige), Laute, Posaune und dem Zinken, der am 27. Februar 1615 in die Hofcapelle in Wolfenbüttel eintrat und wahrscheinlich ein geborener Hamburger war. In Wolfenbüttel erhielt er 220 Thlr. jährlichen Gehalts, ein Beweis, daß er ein sehr geachteter Künstler war, denn obige Summe war in damaliger Zeit schon eine sehr hohe Besoldung. Mattheson sagt in seiner Ehrenpforte über ihn: „Man habe seines Gleichen so leicht nicht in Kgl. und Fürstl. Kapellen gefunden“. Die Niederrheinische Musikzeitung berichtet im 3. Bde. S. 365, daß er sich auch eine Zeitlang in Paris aufgehalten habe. Gegen 1621 trat er in Hamburgische Dienste und wurde Director der Rathsmusik, wo er auch 1664 oder 1665 starb. Er bezog hier einen Gehalt von 880 Mk.-Banco. 1633 verehrte ihm die Stadt ein Geschenk von 100 Rthlr. In Georg Neumark’s fortgepflanztem poetischen Lustwald befindet sich ein Gedicht, in dem die beiden Hamburger Künstler Scheidemann und S. in überschwenglicher Weise gefeiert werden, nachdem sie sich bei einer Aufführung in der Kirche hatten hören lassen (Walther, Musiklexicon. Chrysander, Jahrbuch [330] I, 155. Sittard, Geschichte des Concertwesens in Hamburg, S. 19, der ihm aber fälschlich den Vornamen Paul gibt), S. war nicht nur ein Virtuose auf Instrumenten, sondern auch ein fleißiger Componist, von dessen Werken sich eine ganze Anzahl erhalten hat. Die Musikfreunde in Wien besitzen z. B. in ihrer Bibliothek „2 Theile geistliche Concerte mit 1–4 und 8 Stimmen mit sambt dem Bassus continuus“, 1644 in Hamburg erschienen. Es sind dies geistliche Gesänge in der Art von Viadana’s Concerten geschrieben. Die Deutschen unterschieden sich in damaliger Zeit von den Italienern durch ihre Melodiebildung; während der Italiener stets dem getragenen Gesange den Vorzug gab, suchen die Deutschen ihre Eigenart in einem mehr rhythmischen Gewande zu wahren. Sie benehmen zwar dadurch ihren Compositionen einen Theil des ernsten würdigen Charakters kirchlichen Ausdrucks, erreichen aber einen lebendigeren fast dramatischen Eindruck. Wenn die Texte, die ihnen damals zu Gebote standen, nicht so entsetzliche Reimereien gewesen wären, so könnte man heute noch seine Freude daran haben, in welcher Weise sich der Deutsche den in Italien eingeführten Sologesang zu eigen machte. Kein Wunder, daß bei diesen sinnlosen Texten der Componist den Text mißachtete und nur als Mittel zum Zweck benützte. Daher die willkürlichen Wiederholungen einzelner Sätze und einzelner Worte, welche erst recht geeignet sind, allen Sinn zu verdrängen und das Unsinnige in seinem ganzen Umfange zeigen. Mir liegen drei Gelegenheitsgesänge zu Hochzeiten aus den Jahren 1630–36 zu 6 und 8 Stimmen mit Bassus continuus vor. Sie bieten die beste Gelegenheit, S. als Harmoniker kennen zu lernen, denn melodisch bieten sie auch nicht den kleinsten Anhalt. Aengstlich hält er sich an die Tonart und seine vorübergehenden Uebergänge treten nie modulatorisch auf. Wenn er nicht durch eine gewandte contrapunktische Stimmenführung seinem breiten achtstimmigen Satze Leben einzuhauchen verstände, so würde man in kurzem an der Gleichartigkeit der Tonalität erlahmen. Doch er weiß mit gewandter Feder dem Zuhörer Abwechselung zu verschaffen, hier durch die ganze Breite des achtstimmigen Chores, dort durch einen bewegten vierstimmigen Zwischensatz. Der Text ist durch zahllose Wiederholungen so zerhackt, daß er nirgends zur Geltung kommt. So beginnt der sechsstimmige Satz mit den Worten „Nun kompt herein“, fünfmal wiederholt, „gegangen die frölich sommerzeit“. Die ungewöhnliche Lage der äußersten Stimmen könnte in Verwunderung setzen, denn der erste Sopran singt durchweg vom hohen f–b und der zweite Baß bewegt sich zwischen dem großen g und c, also in Stimmlagen, in denen nur äußerst wenige Sänger andauernd singen können; aber der eine Gesang gibt durch eine Randbemerkung den Schlüssel dazu. Hier ist nämlich bemerkt, daß der erste und zweite Discant auch vom Cornetto und Violino ausgeführt werden kann, und so wird wohl auch der zweite Baß von einem Streich- oder Baßblasinstrument ausgeführt worden sein. Die Hamburgischen Dichter zogen S. mit Vorliebe zur Ausschmückung ihrer Gedichte mit Melodien heran, und er zeigte darin eine gewandte und melodienreiche Ausdrucksweise in der oben bezeichneten Art. Er fügte ihnen stets einen bezifferten Baß hinzu, der damals auf der Laute oder dem Clavier, auch auf der Gambe ausgeführt wurde. So Johann Rist zu den Himmlischen Liedern 1648, zu seiner Hausmusik 1654; Schwieger zu den Flüchtigen Feldrosen, 1655 und Zesen zu seinem Salomonis hohem Liede 1657. Manche dieser Melodien sind in Gesangbücher übergegangen, zunächst in Niedersachsen; in Lüneburg waren 1661 schon sieben in das Gesangbuch aufgenommen. Gegen Mitte des 18. Jahrh. fanden sich ihrer aber auch in süddeutschen Gesangbüchern 18. Die heute noch am meisten verbreiteten sind: „Ermuntre dich, mein schwacher Geist“ (Zahn, Mel. III, Nr. 5741), „Gott der du selber bist das Licht“ (l. c. 5813), „Hilf Herr Jesu, laß gelingen“ (l. c. [331] II, 3687), „Jesu, der du meine Seele“; „Lasset uns den Herren preisen“ (später auch zu dem Text und bekannter unter dieser Bezeichnung: „Sollt’ ich meinem Gott nicht singen“), „Wach auf mein Geist, erhebe dich“ (l. c. III, Nr. 5817, von Crüger auf „O Ewigkeit, du Donnerwort“ übertragen), „O Ewigkeit, du Donnerwort“ (l. c. 5819), „Werde munter, mein Gemüthe“. – Die ihm häufig zugeschriebene Melodie „O Traurigkeit, o Herzeleid“ ist aber nicht von ihm; sie findet sich zuerst in katholischen Gesangbüchern“ (l. c. I, 1915. Bäumker, Kath. K.-L. I, 223). Seine Werke besitzt die Stadtbibliothek in Hamburg, die königl. Bibliothek in Berlin u. a.