Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Scheidemann, Heinrich“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 707–708, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Scheidemann,_Heinrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 30 (1890), S. 707–708 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Scheidemann in der Wikipedia
Heinrich Scheidemann in Wikidata
GND-Nummer 118754343
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|30|707|708|Scheidemann, Heinrich|Robert Eitner|ADB:Scheidemann, Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118754343}}    

Scheidemann: Heinrich S., einer der bedeutendsten Orgelspieler des 17. Jahrhunderts zu Hamburg, war der Sohn des Organisten Hans S., der an der Katharinenkirche in Hamburg angestellt war und gegen 1625 starb. Nachdem der Vater die bedeutenden Musikanlagen seines Sohnes erkannte, ließ er sich die Ausbildung desselben sehr angelegen sein und als er ihn selbst bis zu einer gewissen Stufe gebracht hatte, wußte er die Magistratspersonen der Stadt Hamburg zu bestimmen, seinen Sohn auf Kosten der Stadt zu Joh. Peter Sweelinck nach Amsterdam zu senden, um durch ihn die letzte Feile zu erhalten. Als er sich dort von 1616 ab einige Jahre aufgehalten hatte, kehrte er nach Hamburg zurück und wird wol bis gegen Ende 1625 seinen alternden Vater im Dienste vertreten haben, bis er nach dem Tode desselben einstimmig zum Nachfolger ernannt wurde, denn seine Leistungen als Orgelspieler erregten die allgemeinste Bewunderung. Leider sind die Nachrichten über ihn äußerst dürftig; sie beschränken sich auf das Wenige, was Mattheson und Rist über ihn sagen. [708] Letzterer nennt ihn in seiner überschwenglichen Ausdrucksweise den vortrefflichen Arion der Stadt Hamburg, auch wird sein Charakter als freundlich und liebenswürdig, ohne allen Stolz und Eitelkeit geschildert. Geburt und Tod sind in tiefes Dunkel gehüllt, doch sagt Mattheson, daß er noch 1654 lebte, woraus Gerber und die späteren Lexicographen sein Todesjahr machen. Reincken wurde ca. 1658 sein Nachfolger und da die Wittwe Scheidemann’s erst am 15. August 1664 „in anbetracht des 30jährigen Dienstes ihres Mannes“ um eine Pension einkam, die ihr auch der Rath der Stadt bewilligte, so läßt sich das Todesjahr füglich in die Jahre 1660–1663 verlegen, so daß Reincken anfänglich vielleicht nur zur Vertretung des alternden Scheidemann angestellt wurde, denn documentarisch beglaubigt ist das Jahr von Reincken’s Anstellung auch nicht. Auch von Compositionen Scheidemann’s, Orgelwerken, ist nur wenig erhalten. Fétis besaß zwar noch 1864 einen Band Orgelpräludien, die er von dem einstigen Organisten in Schwerin, Namens Westphal, erworben hatte, doch befinden sie sich heute nicht mehr in seiner Bibliothek. (Königliche Bibliothek in Brüssel.) Dagegen besitzt Herr Prof. R. Wagener in Marburg eine Sammlung Orgeltabulaturen in 4 Bänden, die im 2. Bande einige Tonsätze von S. enthalten. (Ich konnte sie nicht zur Ansicht erhalten.) Einige Lieder von Rist, zu denen S. die Melodien mit Baß schrieb, sind aber gedruckt und zwar in „Neuer himmlischer Lieder sonderbahres Buch“, 5. Th., Lüneburg 1651 (1658) und „Die verschmähete Eitelkeit in 24 Gesprächen“, ebd. 1658. Die eine Sammlung enthält 10, die andere 9 Lieder; sie sind in der Bibliothek in Königsberg i/Pr. zu finden.

Noch sei eines David Scheidemann’s erwähnt, von dem wir nur Kunde durch das Hamburgische „Melodeyen Gesangbuch“ von 1604 erhalten, in welchem sich 14 vierstimmig von ihm gesetzte Choräle befinden und durch Rist’s Nachricht in seinem Parnaß von 1649, S. 76, daß er Organist an St. Niklas in Hamburg war. Außerdem befinden sich in der Bibliothek zu Berlin, Winterfeld-Sammlung, in Bd. 96, Nr. 1345 drei geistliche Lieder für eine Stimme mit beziffertem Baß. In welchem verwandtschaftlichen Verhältnisse derselbe zu Heinrich steht, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt.