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Artikel „Schatzger, Kaspar“ von August von Druffel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 783–784, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schatzger,_Kaspar&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:38 Uhr UTC)
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Schatzger *): Kaspar (Johann) S., Minorit der Observanz, lateinisch Sasgerus, geboren zu Landshut in Niederbaiern um 1463, † zu München am 18. September 1527, nennt sich in seiner ersten, vor Luther’s Auftreten erschienenen Schrift „Schatzgeier“, so daß die bei Luther und dessen Anhänger Briesmann vorkommende spöttische Bezeichnung „thesaurivora“ wenigstens nicht allzuweit hergeholt ist. Auch der Name „Schatzgauer“ findet sich handschriftlich. S. ist ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, eine ganze Reihe von dogmatischen und moralistischen Abhandlungen ließe sich aufzählen, die meisten bekämpfen den Wittenberger Reformator und seine Anhänger. S. ist ein eifriger Vorkämpfer des Katholicismus.

Nachdem S. in dem Minoritenkloster seiner Vaterstadt den ersten Unterricht empfangen, erwarb er dann in Ingolstadt das philosophische Baccalaureat. Da die Minoriten der Observanz sonst auf akademische Grade verzichteten, betont sein Biograph ausdrücklich, daß nicht Ruhmsucht oder andere weltliche Gründe ihn zu jenem Schritte geführt hätten, der Gang der Studien habe denselben erforderlich gemacht. Bald nachher muß er in den Orden eingetreten sein. 1497 verfaßte er Commentare zu dem Buche Judith und zu Daniel; wobei er sich ganz erfüllt zeigt von dem Glauben an die Weissagung des Abtes Joachim. Man wählte ihn zum Guardian des Münchener Convents, welcher sich besonderer Fürsorge des herzoglichen Hofes erfreute. So kam er mit den Fürsten in Verbindung; 1512 nahm er Theil an einer Abordnung nach Ingolstadt, wo Streitigkeiten in der Artistenfacultät zu ordnen waren, 1514 wurde er Provincial der oberdeutschen Ordensprovinz. Durch dieses Amt wurde er über die bisherigen enggesteckten Grenzen, Vorlesungen und Predigten, hinausgeführt. Er hatte jetzt nicht nur die Observanten, sondern auch die Klarissenklöster seiner Provinz zu bereisen, und mußte Stellung nehmen in dem scharfen Kampfe, welcher damals zwischen den Franciscaner-Conventualen und den Observanten geführt wurde um das Princip der wahren Armuth. Beide Parteien rühmten sich, den Gedanken des heil. Franciscus allein richtig erfaßt zu haben und suchten mit Hülfe des Papstes die gegnerischen Klöster in Besitz zu nehmen. S. griff 1516 zur Feder, um den Minister der Conventualen französischer Provinz, Bonifacius de Ceva, zu bekämpfen, 1517 ging er nach Rom, wohin Leo X. ein Generalcapitel sämmtlicher Franciscaner, der Conventualen wie der Observanten, berufen hatte, um die Streitigkeiten beizulegen. Des Papstes Versuch blieb erfolglos. S. trat, von Rom zurückgekehrt, nachdem die Zeit des Provincialats abgelaufen, in die Stellung eines Guardians zu Nürnberg zurück wo er mit Charitas Pirkheimer verkehrte. 1520 wurde er aufs neue Provinzial und mußte sich 1522 auf einem Capitel zu Leonberg zuerst mit der Lutherischen Angelegenheit beschäftigen. Es wurden Klagen gegen seinen Vertrauten, den Konrad Pellikan, vorgebracht, welcher der Hinneigung zum Lutherthum beschuldigt wurde. S. wahrte den gelehrten Brüdern die Freiheit, lutherische Bücher zum Zwecke der Wiederlegung zu lesen und setzte durch, daß Pellikan nicht, wie die Eiferer befürworteten, von der Theilnahme an dem Capitel ausgeschlossen wurde. Auch im J. 1523, als erneute Anklagen gegen Pellikan sich erhoben, suchte S. durch eine Versetzung des Angeschuldigten von Basel fort die Gegner Pellikan’s zu beschwichtigen. Es kam aber zum offenen Bruch, indem der Rath von Basel sich Pellikan’s annahm und S. an jeder Maßregelung hinderte durch die Drohung, die Franciscaner ganz aus der Stadt zu verweisen. Trotz des Gegensatzes beurtheilt Pellikan die Persönlichkeit des Provinzials durchaus wohlwollend. S. sah sich zu Maßregeln gedrängt, welche schroffer waren, als er gewünscht hätte [784] und begrüßte gewiß mit Freuden die Enthebung von seinem Amte 1523, worauf er als Guardian des Münchener Klosters den Rest seiner Tage verlebte, bis er an der Wassersucht am 18. September 1527 starb.

S. bekämpfte in seinen Schriften außer Luther den Johann v. Schwarzenberg und Osiander, Briesmann und Zimmermann, Eberlin von Günzburg und Franz Lambert von Avignon. Obgleich er selbst den Grundsatz aufstellt, daß die christliche Liebe bei der Bekämpfung gegnerischer Ansichten stets hoch zu halten sei, ist auch seine Sprache häufig von dem Fehler allzu urwüchsiger Ausdrucksweise entstellt. Seine Gegner blieben ihm natürlich in dieser Beziehung nichts schuldig. Aber zu beachten ist, daß auch die erbittertsten Widersacher die persönliche Ehrenhaftigkeit Schatzger’s nicht antasteten; selbst Eberlin von Günzburg rühmt ihn als einen gewissenhaften Mönch, so sehr er sich lustig macht über Schatzger’s Eitelkeit, weil er sich habe bestimmen lassen, als Schriftsteller aufzutreten. Die Bedeutung der zahlreichen Schriften, welche S. verfaßt hat, wird Niemand sehr hoch anschlagen. Der Inhalt der meisten besteht aus Wiederholungen älterer Arbeiten, besonders minoritischer Schriftsteller. Gleich seinem Gegner Bonifaz de Ceva geißelt S. unerbittlich die Mißstände des kirchlichen Lebens. Eine selbständige Stellung nahm er gegenüber der damaligen kirchlichen Praxis ein, welche mit der Strafe des Bannes die Einhaltung menschlicher Vorschriften zu erzwingen suchte. J. Eck äußerte über S., dieser wolle an die Stelle des ängstlichen ein allzuweites Gewissen setzen; S. mußte sich gegen den Vorwurf vertheidigen, „er spiele auf Luther’s Laute“. Auch bezüglich des Primats, der Autorität der Concilien vertrat der Münchner Barfüßer Ansichten, um derentwillen er von den Curialisten angefochten wurde. Nichtsdestoweniger fanden seine Schriften außerordentliche Verbreitung, wie die zahlreichen Auflagen beweisen, und wie wir aus den Briefen der Nürnberger Clarissinnen sehen, geradezu begeisterte Verehrer. Sehr wichtig für die Verbreitung war, daß S. nicht bloß lateinisch, sondern auch in deutscher Sprache drucken ließ.

Eine Gesamtausgabe der lateinischen Schriften erschien mit Empfehlung der bairischen Herzoge 1543. – Schriftenverzeichniß bei Th. Wiedemann in dem Buche über J. Eck, S. 417 fg. – Notizen bei Binder, Charitas Pirkheimer; Riggenbach, Das Chronicon des Pellikan; Radlkofer, Eberlin von Güntzburg. – Vgl. auch Druffel, Sitzungsber. d. Bair. Akad. 1890.

[783] *) Zu Bd. XXX, S. 616.