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Artikel „Santritter, Johannes“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 711–712, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Santritter,_Johannes&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 05:10 Uhr UTC)
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Santritter: Johannes S., ein Deutscher, der unter den venezianischen Druckern des 15. Jahrhunderts genannt wird. Es gibt in der That drei Wiegendrucke von Venedig, auf denen neben und vor Hieronymus de Sanctis S. als Drucker genannt ist. Sie stammen alle aus dem Jahre 1488. Im folgenden Jahre sodann erscheint er in gleicher Eigenschaft allein auf einem Drucke, der Summa astrologiae judicialis des Joh. Eschuid. Daß er auch mit Anderen als de Sanctis zusammengedruckt hat, beruht auf einem Mißverständniß. Dagegen ist es sehr wohl möglich, daß noch Weiteres aus seiner Presse hervorgegangen ist, das man nur eben noch nicht kennt oder das nicht mehr vorhanden ist. Dies kann man schon aus dem Umstand schließen, daß S. auch ein Signet führte: das Monogramm I H (Johannes Heilbronnensis) mit einem Stern in der Mitte des I, umrahmt von einem Kranz, der durch einen Zweig gebildet ist, das Ganze überragt von einer Krone. Die Druckerthätigkeit Santritter’s hat übrigens nur ein Intermezzo in seiner sonstigen Thätigkeit gebildet. Denn vor- und nachher finden wir ihn als Gelehrten thätig, der Handschriften, ältere und jüngere, für die Herausgabe im Druck vorbereitete. In dieser Weise war er 1480 für die Presse des Theodorus Francus aus Würzburg und 1482–85 für diejenige des bekannten Erhard Ratdolt, ebenso 1492 für den Drucker Joh. Hamman – alle in Venedig – beschäftigt. Neun Drucke kennt man zur Zeit, in denen er in solchem Sinn als Corrector erscheint. Noch einmal begegnet er uns sodann im J. 1498 in den Acten Venedigs, indem ihm am 14. November gen. J. ein Privileg für die Herausgabe einer Reihe von Schriften, deren drei ausdrücklich aufgeführt werden, verliehen wird. Da jedenfalls eine derselben daraufhin in einer fremden Druckerei herauskam, so scheint er hier als Verleger in Betracht zu kommen. Von den Schriften, mit denen sein Name in der einen oder anderen Weise verbunden war, sind die meisten mathematischen, speciell astronomischen Inhalts, und so werden wir nicht fehlgehen, wenn wir S. in erster Linie als Mathematiker ansprechen. Aber er war dies auf der Grundlage humanistischer Bildung. Darauf weisen nicht nur die anderen Schriften hin, die fast alle dem Humanismus angehören; auch der Beiname, den er sich ständig gibt: Lucilius oder C(aius) Lucilius – er verwebt ihn förmlich mit seinem Familiennamen: C. Joh. Luc. S. – ist ein Zeugniß dafür; denn er hat ihn offenbar von dem römischen Satiriker dieses Namens hergenommen. Und etwas satirisch scheint er selbst auch veranlagt gewesen zu sein. Denn wenn er sich in dem Chronicon des Eusebius von 1483 C. Joh. Hippodamus d. i. Rossebändiger nennt, so ist das offenbar nichts anderes als eine Ironisirung seines Namens „Santriter“, der ja einen vom Pferde in den Sand geworfenen Reiter bezeichnet. Als Mathematiker oder Humanist hat er nach einem der von ihm bearbeiteten Ausgabe der alphonsinischen Tafeln von 1492 vorgedruckten Brief auch Eigenes geschaffen, das aber nicht im Drucke erschienen ist. Von den persönlichen Verhältnissen Santritter’s wüßten wir überhaupt nichts, wenn nicht bei seinem Namen wenigstens öfter die Herkunft [712] angegeben wäre: Hellbronnensis, auch Heilbronnensis oder de Fonte salutis. Dabei ist nicht, wie von Vielen geschieht, an das Kloster Heilsbronn bei Ansbach zu denken, wiewohl auch dafür schließlich die Form Heilbronnensis passen würde, sondern an Heilbronn, und zwar nicht an einen der kleinen Orte dieses Namens in Baiern und Böhmen, sondern an die Stadt am Neckar. Das ergibt sich unwiderleglich daraus, daß er einmal angeredet wird: helbronna, Lucili, ex urbe; S. war also ein Landsmann des gleichzeitig mit ihm, aber ausschließlich als Drucker, in Venedig thätig gewesenen Franz Renner von Heilbronn; durch den er vielleicht auch dorthin gekommen ist.

Vgl. außer den bekannten bibliographischen Werken von Hain, Proctor und Copinger Archivio Veneto, t. XXIII, 1882, S. 135, und Kristeller, Die italienischen Buchdrucker- und Verlegerzeichen, 1893, S. 110 und auf S. 111 Nr. 280.