Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Russe, Johann“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 13–14, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Russe,_Johann&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 10:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Paul von Rusdorf
Band 30 (1890), S. 13–14 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Russe in der Wikipedia
Johann Russe in Wikidata
GND-Nummer 138078203
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|30|13|14|Russe, Johann|Carsten Erich Carstens|ADB:Russe, Johann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138078203}}    

Russe: Johann R., dithmarsischer Chronist. Er war geboren zu Lunden in Norderdithmarschen 1517 oder 1518, wo sein Vater Witte Johann, aus dem Geschlecht der Rußbolingman, Grundbesitzer war. Dieser hatte zugleich mit 4 Brüdern unter den Augen des Vaters in der Schlacht bei Hemmingstedt am 27. Februar 1500 mitgestritten. Die Mutter war aus dem Geschlecht der Swyn, Schwester des 1537 ermordeten Peter Swyn und der Wibe Junge, die den heldenmüthigen Versuch machte, den Heinrich von Zütphen vom Feuertode zu erretten. Seinen ersten Unterricht hat R. am Vaterorte erhalten durch einen Ortsgeistlichen (Prestergesellen). Er hatte es zur Fertigkeit im lateinischen Ausdruck gebracht. Wahrscheinlich hatte er später auf einer deutschen Universität die Rechte studirt – er heißt: vollgelerter –. Er lebte übrigens als Bürger in Lunden, erlangte aber hier die Ehre, zum Achtundvierziger, d. h. zum Mit-Landesregenten ernannt zu werden. An ihn wandte sich 1546 der herzogliche Gesandte Benedict Benzon, um einen herzoglichen Unterthanen, der in Dithmarschen in Criminaluntersuchung gerathen, zu retten. R. zeigt sich besonnen und verständig, weiß den Leidenschaften Rechnung zu tragen, leitet mit Würde und Nachdruck die Verhandlungen und rechtfertigt so das Vertrauen, das man zu ihm hatte. Seine Thätigkeit beschränkte sich nicht auf die Verwaltung seines Hofes und die Wahrnehmung seiner Pflicht als Mitglied der Landesregierung, er lebte nebenbei der Wissenschaft. Mit besonderem Eifer studirte er Geschichte und scheute keine Kosten zur Anschaffung bedeutender Werke. Er notirte sorgfältig Alles, was auf Dithmarschen Bezug hatte. Er sammelte Schlachtenlieder, Nachrichten aus Kirchenbüchern, Missale, alte Exemplare der Landesrechte. [14] Er galt für den ersten Kenner der Landesgeschichte und man hoffte von seiner Feder eine Geschichte des Landes zu erhalten. Er starb aber schon, erst 40 Jahre alt 1558. Seine Papiere wurden zur Bearbeitung dem Landessyndicus Lic. jur. Michael Boie in Meldorf übergeben. Bei der Eroberung Dithmarschens 1559 wurden sie mit andern Acten mit Beschlag belegt, nach Gottorf gesandt. Von da sind sie später nach Kopenhagen gekommen, wo sie noch in der königlichen Bibliothek aufbewahrt werden. Professor Michelsen berichtete darüber und theilte Proben aus denselben mit in Falk’s Staatsbürgerlichem Magazin. Außer diesem existiren verschiedene Abschriften. In Westphalen’s Monumenta inedita findet sich ein Theil gedruckt. Einen Auszug aus diesen Sammlungen besorgte der Dithmarsche Karsten Schröder († 26. Septbr. 1615). Dieser ist gedruckt mit Einleitung von Kolster in der Zeitschrift der Gesellschaft für Schlesw.-Holst. Geschichte Bd. VIII und gehört zu den Quellen des bedeutendsten dithmarscher Chronisten, des Neokorus (s. A. D. B. XXIII, 428), der die Russe’schen Handschriften nicht hatte.

Michelsen in Falk’s Staatsbürgerl. Magazin VI, 601 ff., IX, 340. – Kolster in Zeitschrift d. Gesellsch. f. S.-H. Gesch., Bd. VIII, 181–347.