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Artikel „Rudolphi, Karl Asmund“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 577–579, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolphi,_Carl_Asmund&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 13:20 Uhr UTC)
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Band 29 (1889), S. 577–579 (Quelle).
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Rudolphi: Karl Asmund R., Arzt, Anatom, Physiolog und Naturforscher ist am 14. Juli 1771 zu Stockholm geboren. Sein Vater Joh. Dan. Bern. R., geboren in Magdeburg, Prediger in Abtshagen und Elmenhorst in Neuvorpommern und als Conrector der deutschen Schule in Stockholm im December 1778 gestorben, konnte die Erziehung des Knaben nur bis zu seinem 7. Lebensjahre leiten. Nach seinem Tode siedelte die Wittwe mit ihren beiden [578] Söhnen im Frühjahr 1779 nach Stralsund über, wo sie sich ausschließlich der Erziehung ihrer Kinder widmete. Der ältere Bruder von R. trat in den Kaufmannsstand, ging 1790 nach Ostindien und blieb seitdem verschollen, während unser Karl Asmund das Gymnasium seit 1779 mit gutem Erfolge besuchte und im Herbst 1790 die Universität Greifswald zum Studium der Medicin bezog, wo er seine große Vorliebe für Naturbeobachtung durch eifrige Studien in der Botanik und Entomologie bethätigte. 1793 erlangte er mit einer Abhandlung: „Observationes circa vermes intestinales“ die philosophische Magisterwürde, welche er als geborener Schwede zunächst haben mußte, um später zum Doctor promoviren zu können, habilitirte sich im genannten Jahre als Privatdocent an der philosophischen Facultät zu Greifswald, ging aber 1794 zu seiner weiteren Vervollkommnung speciell um bei Hufeland Vorlesungen zu hören, nach Jena. Darauf kehrte er nach Greifswald zurück, wurde im folgenden Jahre (1795) Dr. med. und habilitirte sich 1796 mit der Abhandlung: „De ventriculis cerebri“ als Privatdocent an der med. Facultät daselbst. 1797 wurde er zum Adjunct und Prosector ernannt, 1801 machte er eine Studienreise nach Berlin, um sich hier in der Thierheilkunde noch besonders auszubilden, wurde nach seiner Rückkehr Beisitzer des Gesundheitscollegiums und Lehrer der Veterinärkunde in Greifswald und unternahm im folgenden Jahre abermals längere wissenschaftliche Reisen nach Holland, Frankreich, der Schweiz und nach Wien. 1808 wurde ihm eine ordentliche Professur übertragen, die er bis 1810 bekleidete, um darauf einem Ruf als erster ordentlicher Professor der Anatomie und Director des anatomischen Instituts an die neu gegründete Universität Berlin zu folgen. In dieser neuen Stellung wirkte R. noch volle 22 Jahre in höchst segensreicher Weise als Lehrer und Forscher. Er wurde 1816 auch zum Lehrer an dem kgl. med.-chir. Friedrich-Wilhelmsinstitut, sowie an der Militärakademie ernannt, und erhielt gleich nach seiner Berufung auch die Ernennung zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der wissenschaftlichen Deputation für das Medicinalwesen. 1817 besuchte er auf acht Monate Italien und wurde in demselben Jahre durch den Titel eines königlich preußischen Geheimen Medicinalraths ausgezeichnet. Er starb an allgemeiner Wassersucht im 63. Jahre seines Lebens am 29. November 1832. – R. war ein außerordentlich scharfsinniger und genialer Beobachter der Natur. Es giebt wohl kaum einen Zweig der organischen Naturwissenschaften, den er nicht durch seine verdienstvollen Untersuchungen wesentlich gefördert hätte. Seine Arbeiten, deren vollständiges Verzeichniß das medicinische Schriftstellerlexikon von Callisen (Bd. XXXII, p. 28–32) bringt, bewegen sich hauptsächlich auf den Gebieten der Botanik, Zoologie, der menschlichen, vergleichenden und pathologischen Anatomie, der Physiologie und Anthropologie. Dazu kommt, daß R. sich auch für andere, außerhalb seiner eigentlichen Berufsbeschäftigung liegende Gegenstände des Wissens, wie für Numismatik – er besaß eine nicht unbedeutende Medaillensammlung –, für Poesie – er gab eine Gedichtsammlung (Berlin und Greifswald 1798) heraus – und für Kritik und med. Geschichte interessirte. In allen genannten Fächern ist R. litterarisch thätig gewesen. In der Zoologie hat er sich durch seine epochemachenden Arbeiten über die Eingeweidewürmer, speciell durch sein hervorragendes Werk: „Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis“ (2 vol., Amsterdam 1808–10, cum XII tabulis) ein unvergängliches Denkmal gesetzt. – In der Botanik sind seine Untersuchungen über die Spaltöffnungen und Luftbehälter der Pflanzen von den Fachgenossen für so bedeutend gehalten worden, daß ihm zu Ehren Willdenow eine Pflanzengattung aus der natürlichen Ordnung der Leguminosen „Rudolphia“ genannt hat. Seine anatomischen Leistungen betreffen die genaue Beschreibung eines Theils des [579] sympathischen Nervengeflechts, die erste genaue Muskellehre der Extremitäten und des Kehlkopfs beim Löwen, die Bereicherung der Kenntnisse in der Knochenlehre beim Walfisch und des elektrischen Organs der Fische. In der Physiologie ist es bemerkenswerth, daß R., der allerdings ein Gegner der Vivisectionen war, die Anatomie als nothwendige Grundlage der Forschung anerkannte und sich wenigstens von der damals en vogue befindlichen naturphilosophischen Richtung in durchaus vorurtheilsfreier Weise fernzuhalten verstand. – Eine Fülle vortrefflicher Beobachtungen bieten auch die als Product seiner Reiseerlebnisse geschriebenen: „Bemerkungen aus dem Gebiete der Naturgeschichte, Medicin und Thierheilkunde auf einer Reise durch einen Theil von Deutschland, Holland und Frankreich gesammelt“ (Berlin 1804–1805). – Nicht zu vergessen sind seine überaus großen Verdienste um den anat.-physiol.-histologischen Unterricht an der Berliner Universität. Als erster Lehrer an genannter Anstalt in diesen Zweigen hatte er zunächst den Unterricht und die für diesen erforderlichen Sammlungen zu schaffen, eine Aufgabe, der er sich mit großem Geschick entledigte, namentlich für die Histologie. U. a. vermehrte er die bestehende Walter’sche Sammlung um nahezu 4000 Präparate, die von ihm handschriftlich in den noch erhaltenen Katalog eingetragen sind. Auch war R. persönlich sehr anregend; viele jüngere Leute, u. A. auch sein Schüler und späterer Nachfolger, der berühmte Johannes Müller, sind von ihm zu selbständigen Arbeiten veranlaßt worden.

Vergl. noch Waldeyer[WS 1] in biogr. Lexikon hervorragender Aerzte etc. Bd. V, S. 112.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Wilhelm von Waldeyer-Hartz (1836–1921), Professor der Anatomie in Berlin.