ADB:Rudolph, Friedrich August Wilhelm

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Artikel „Rudolph, Friedrich August Wilhelm“ von Otto Kaemmel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 572–573, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolph,_Friedrich_August_Wilhelm&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 22:00 Uhr UTC)
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Rudolph: Friedrich August Wilhelm R., Schulmann und Philosoph, wurde am 11. Februar 1771 in Burgholzhausen bei Eckartsberge i. Th. geboren und starb in Zittau am 15. Juni 1826. Sein Vater, Pfarrer seines Geburtsortes, bereitete den Knaben selbst für das Gymnasium in Weimar vor, das er 1784 bezog; unter seinen Lehrern befand sich dort auch Musäus. Sodann studirte er 1790/91 in Jena, 1791-93 in Wittenberg Theologie und Philosophie und schlug nachdem er Magister lib. art. geworden, zunächst die akademische [573] Laufbahn ein. Am 11. Juni 1794 als Magister legens habilitirt, wurde er im November Adjunct der philosophischen Facultät, 1796 Universitätsbibliothekar, 1798 Decan. In demselben Jahre berief ihn der Stadtrath in Zittau zum Rector des dortigen Gymnasiums, dem nun sein ferneres Wirken angehörte. Die Anstalt ging damals einer entscheidenden Umgestaltung entgegen, und er selbst half sie mit begründen, indem er in zahlreichen Programmen das Gymnasium als eine ausschließlich auf das Universitätsstudium vorbereitende Schule in Anspruch nahm, während damals die unteren beiden Classen thatsächlich nur eine Art Volksschule darstellten. Aber die nach langen schwierigen Verhandlungen durch die Staatsregierung angeordnete Abtrennung derselben 1810 und ihre Umgestaltung in eine „allgemeine Stadtschule“ war nicht ganz in seinem Sinne, und Aufregung über diese Vorgänge wirkte mit dem Tode seiner ersten Frau im J. 1808 so ungünstig auf ihn ein, daß er schon im Frühjahr 1809 Spuren von Geistesstörung verrieth. Sie kehrte in kürzeren oder längeren Zwischenräumen wieder, hinderte ihn aber nicht an der Fortführung seines Amtes und an litterarischer Thätigkeit; auch an der Reform des Waisenhauses 1814 nahm er eifrigen Antheil, wie er im J. 1817 die 300jährige Jubelfeier der Reformation in seinem Gymnasium besonders festlich beging. Erst im J. 1823 fühlte er sich so angegriffen, daß er über seine Pensionirung nachsuchte, die denn auch am 30. Juli erfolgte. Sein geistiger Zustand besserte sich seit dieser Zeit, aber seine Körperkräfte verfielen rasch, und am 15. Juni 1826 verschied er „friedlich, fast unvermerkt“. So weit seine Thätigkeit nicht unmittelbar der Schule angehörte, war R. mit Vorliebe philologischen, philosophischen und selbst mathematischen Studien zugewandt. Noch in Wittenberg gab er 1794 den Ocellus Lucanus, 1797 Lucian's Schrift de historia conscribenda heraus. In Zittau trug er sich mit dem Plane einer Gesammtausgabe Plato’s, besonders angeregt durch den dort befindlichen Platocodex (aus dem 15. Jahrhundert), den er auch zuerst verglichen hat, doch erschienen nur „Observationes Platonicae“ 1804 f. Dort gab er seit 1815 auch ein „Lehrbuch der Arithmetik, als Stoff zur Uebung im wissenschaftlichen Denken“ heraus, das zunächst nur für seine Schüler bestimmt war und dem mathematischen Unterrichte eine feste Stellung am Gymnasium verschaffen sollte. Als Pädagog war er ein entschiedener Gegner der Methode Pestalozzi’s, die nach seiner Meinung zur Oberflächlichkeit verführte, und hat diesen Standpunkt mehrfach in Schulprogrammen vertreten, aber unermüdlich arbeitete er an der Verbesserung der Gymnasialpädagogik, wie namentlich seine Programme „de iuvene ad vitam academicam maturo“ (seit 1799) erkennen lassen; 1806 führte er zuerst die öffentlichen Osterprüfungen ein. Ein Zeitgenosse rühmt ihm nach, er sei „ein scharfsinniger, vorurtheilsfreier Denker, ein Mann von gründlichster Gelehrsamkeit, ein Christ von aufrichtigster Frömmigkeit, unwandelbarer Rechtschaffenheit und Liebe“ gewesen. Seine Darstellungsweise erscheint indessen in seinen späteren Schriften als etwas breit, verschwommen und schwerfällig. Er war dreimal vermählt, hatte aber das Unglück, auch seine dritte Frau und die meisten seiner zehn Kinder zu überleben.

Vgl. die Gedächtnißschrift seiner früheren Collegen (verfaßt von seinem Nachfolger F. Lindemann). Zittau 1826. Kurzer Nekrolog im N. Lausitz Magazin V, 1826, 261 von P[escheck]. – Kaemmel, Rückblicke auf die Geschichte des Gymnasiums in Zittau, 1871. Ein Verzeichniß seiner sämmtlichen Schulprogramme von 1811–1823 a. a. O. VI, 1827, 404 ff., vgl. 262 ff. Seine Schriften verzeichnet Otto’s Oberlausitz. Schriftstellerlexikon.