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Artikel „Rudolf III. von Montfort“ von Alexander Cartellieri in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 582–584, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolf_III._von_Montfort&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:38 Uhr UTC)
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Rudolf, Graf von Montfort, Bischof von Konstanz, stammte aus dem uralten Geschlechte in Rätien, dessen Wappen eine rothe Kirchenfahne im rothen Schilde zeigte. Die beiden Burgen Alt- und Neu-Montfort liegen im Bezirke Feldkirch in Vorarlberg. R. war der Sohn Rudolf’s von Montfort-Feldkirch († 1302) und der Agnes Gräfin von Grieningen. Das Geburtsjahr ist nicht bekannt, ebensowenig der Verlauf der Jugend. 1303 studirte er in Bologna. Später leistete er dem Kaiser Heinrich VII. Dienste, von denen man nichts Näheres weiß. Als Dompropst von Chur ist er zuerst am 1. Mai 1310 bezeugt. Im September desselben Jahres wurde er daselbst Generalvicar in temp. des Bischofs Siegfried, da dieser als Gesandter Heinrich’s VII. in der Lombardei thätig war. In dem österreichisch-bairischen Thronstreit wirkte R. für Heinrich von Kärnten, den Böhmenkönig, und damit für die Oesterreicher. Bei den Verhandlungen König Robert’s von Sicilien mit Friedrich dem Schönen war er einer der Bevollmächtigten des letzteren. Als am 19. Juli 1321 Bischof Siegfried starb, wurde R. der damals erst die niederen Weihen hatte, von den Domherren mit Ausnahme eines einzigen postulirt. Er nahm nicht an und lehnte nicht ab, sondern unterwarf sich ganz der Entscheidung des apostolischen Stuhles, an den er sich sammt seinem Mitbewerber begab, und wurde dann am 19. März 1322 providirt. Aber ehe er in seiner stark verschuldeten Diöcese festen Fuß gefaßt hatte, wurde er am 1. October vom Papste nach Konstanz versetzt, woselbst zwei andere Candidaten gewählt worden waren. Auch das Konstanzer Bisthum litt seit dem Tode Heinrich’s von Klingenberg († 1306) unter sehr üblen finanziellen Verhältnissen. Rudolf’s Vorgänger war der Franzose Gerhard († 19. Aug. 1318), der seine Erhebung politischen Rücksichten verdankte und weder Sitte noch Sprache der Schwaben kannte. Dann blieb der Stuhl vier Jahre erledigt. R. übernahm daher eine sehr mühevolle Aufgabe, und um sie ihm etwas zu erleichtern, erlaubte ihm der Papst, die Verwaltung von Chur in spir. und in temp. bis auf weiteres zu behalten. Erst am 12. Juni 1325 wurde der Konstanzer Domherr Johann Pfefferhard Bischof von Chur. Johann XXII. zählte zweifellos unbedingt auf die Ergebenheit des hochadeligen Bischofs und hoffte, daß dessen Familienbeziehungen sich der Politik der Curie nützlich erzeigen würden. Sehr zahlreich sind die Schreiben, in denen er ihn in dem großen Kampfe gegen den [583] Kaiser zu immer neuen Anstrengungen für die Kirche auffordert. Aber mochte auch R. aus innerer Ueberzeugung oder aus Rücksicht auf seinen Vortheil alle Anstrengungen machen, der curialen Sache zum Siege zu verhelfen, so fand er doch in den Bürgern seiner Stadt Konstanz wie auch in einem Theile der Geistlichkeit und unter seinen eigenen Verwandten Anhänger des Kaisers und erkannte im Laufe der Jahre immer mehr, welche Gefahr ihm aus seiner Haltung erwuchsen, sobald Ludwig der Baier Erfolge erzielte.

Da in den von Johann XXII. interdicirten Gegenden der Gottesdienst aufhören sollte, wurde das mit dem kirchlichen so eng verbundene bürgerliche Leben empfindlich gestört, und die Bürger zwangen vielfach die Geistlichkeit, dem Verbote zum Trotz die Messe zu lesen. Im Jahre 1330 gebot Kaiser Ludwig seinen Beamten, die ihm widerstrebenden Geistlichen an ihrer Habe und Freiheit zu bestrafen. In den letzten Tagen des August weilte er persönlich in Konstanz und ertheilte den Bürgern Privilegien. Noch blieb R. dem Papste treu und wurde wohl zur Belohnung seiner Standhaftigkeit am 17. April 1330 zum Pfleger der Abtei Sankt-Gallen ernannt. Aber am 2. Juni 1332 versprach er dem Kaiser, die Regalien von Konstanz und Sankt-Gallen von ihm zu empfangen. Er verpflichtete sich, von einer bestimmten Frist an dafür zu sorgen, nöthigenfalls mit Gewalt, daß die Konstanzer Geistlichkeit wieder Gottesdienst feiere. Das war ein höchst bedeutsamer Erfolg des Kaisers, der seine Stellung am Oberrhein wesentlich befestigte. Aber R., dem der Papst am 25. October 1333 die Pflegschaft von Sankt-Gallen entzog, ohne übrigens die Gründe anzugeben, überlebte seinen Parteiwechsel nicht lange. Es sind auch nur ganz wenige Urkunden aus seiner letzten Zeit erhalten. Er starb am 27./28. März 1334 und wurde infolge der auf ihm wie auf allen Anhängern Ludwig’s des Baiern ruhenden Exkommunikation zu Arbon in ungeweihter Erde begraben. Sein Nachfolger Heinrich von Brandis ließ 1357 das kirchliche Begräbniß nachholen. Ueber die geistliche Wirksamkeit Rudolf’s ist es jetzt kaum möglich ein abschließendes Urtheil zu fällen, weil der für ihn wie für seine Vorgänger vorliegende reiche Stoff noch systematischer Verarbeitung harrt. Die erwähnte schwierige Lage des Hochstifts wurde durch die andauernden kirchenpolitischen Kämpfe noch verschlimmert. Es scheint aber, daß R. ein gutes Verwaltungstalent besaß, da er von seinen Vorgängern verpfändete Güter zurückkaufen und die verfallene Burg Arbon schön wieder aufbauen konnte. Entschieden, aber man weiß nicht, ob mit Erfolg, trat er für die Abstellung der tief wurzelnden kirchlichen Mißbräuche ein. Diese hatten unter anderem ihre Quelle in der allzugroßen Selbständigkeit des Domcapitels und des Dompropstes, die möglichst unabhängig vom Bischof zu bleiben suchten. Im Jahre 1327 verkündete R. ausführliche Satzungen, die das ganze Leben der Pfarrgeistlichkeit bessern sollten. Es wirft ein trübes Licht auf die vorhandene Zerrüttung, daß das, was gefordert wird, vom sittlichen Standpunkte selbstverständlich ist. Eine gründliche Visitation und eine Diöcesansynode dienten dem gleichen Zwecke. Daß der Bischof von den Schuldigen hohe Geldstrafen erhob, wurde ihm als Habsucht ausgelegt. Versucht man, sich die Persönlichkeit des Bischofs anschaulich zu vergegenwärtigen, so bemerkt man sofort die Mängel der Ueberlieferung: er war wohl ein tüchtiger Mann, konnte aber infolge der Ungunst der Verhältnisse seine guten Absichten nicht recht verwirklichen.

Das gesammte Material ist vollständig verzeichnet von A. Cartellieri, Regesten zur Geschichte der Bischöfe von Konstanz, 2. und 3. Liefg. 1896, 2. Bd., Innsbruck 1905. Vgl. daselbst auch die Nachträge und Berichtigungen von K. Rieder. Dazu A. Cartellieri, Regesten zur Geschichte Graf Rudolf’s [584] von Montfort, späteren Bischofs von Konstanz, mit einem Anhang über die chronikalische Ueberlieferung, 36. Jahresbericht des Vorarlberger Museumsvereins, Bregenz 1897.