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Artikel „Rost“ von Konrad Burdach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 271–272, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rost&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:25 Uhr UTC)
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Rost, Minnesänger. Die Pariser Liederhandschrift, welche seine Gedichte überliefert, nennt ihn Rost Kirchherr zu Sarnen und in der Vorschrift Her Heinrich der Rost mit dem von anderer Hand geschriebenen und daher weniger authentischen Zusatz: schriber. Da seine Dichtungen den Stempel der Spätzeit des Minnesangs tragen, darf man ihn für den Sarner Kirchherrn und Züricher Chorherrn halten, der seit 1316 mehrfach urkundlich nachweisbar ist und am 21. December 1330 starb. Offenbar gehörte er dem Zürcher Geschlechte der [272] Edlen von Rost an. – Seine Lieder haben einen ausgeprägt höfischen Charakter. Die besten Muster der Blüthezeit des Minnesangs haben ihn gebildet. Er bewegt sich aber nur auf einem sehr engen Gebiet von Gedanken und poetischen Formen. Er pflegt ausschließlich das minnigliche Gesellschaftslied der adligen Kreise, wie es von Reinmar und Walther ausgebildet ist, und bleibt gleich der Mehrzahl der schweizerischen Minnesänger von Einflüssen der spielmännischen Lyrik wie der höfischen Dorfpoesie gänzlich frei. Von seinen neun Liedern beginnt er fünf mit dem typischen Natureingang, in der hergebrachten Art die eigene Empfindung mit der Jahreszeit und den Stimmungen der Gesellschaft bald in Parallelismus setzend, bald contrastirend. Er versichert wiederholt seine Treue und Beständigkeit, er lobt in wenig charakteristischen Worten die Schönheit der Geliebten, er wendet sich an sie mit der Bitte um Erhörung oder redet ihren rothen Mund an, der ihm, dem weder Vogelsang noch Blumenglanz noch der Thau auf den Auen helfen kann, durch einen Kuß Heilung bringen solle. Auch die Minne ruft er zu Hülfe. Nur eines dieser Lieder mit Natureingang richtet sich direct an die Hörer, zur Frühlingslustigkeit auffordernd und nähert sich dadurch dem Tanzlied der alten typischen Form. Die übrigen vier Lieder, welche sich allein mit der Innenwelt beschäftigen, halten sich in der Bahn Reinmar’s: eins zumal ergeht sich ganz wie dieser in einem Spiel von Gedanken und Empfindungen, die auf und ab schwebend sich durchkreuzen. Das originellste Lied ist eine Allegorie: er hat sein Herz und Gemüth und seine Sinne bei der Dame als Pfand versetzt; er vermag sie nicht auszulösen; die Frau Minne soll Frist erwirken, daß die Pfänder nicht verfallen. Sonst findet man wenig eigenartige Züge; gelegentlich erfreut er durch eine individuelle Wendung: so sagt er einmal, sein Herz hüpfe vor Freude, als habe es wie ein Knabe ein Nest voll Vöglein gefunden, und ein andermal gedenkt er in einer Frühlingschilderung der sonst selten von den Minnesängern erwähnten „freien Lerche in den Lüften hoch“, wie übrigens auch sein Landsmann und Zeitgenosse der von Buwenburg, der die vrîgemuote lêrche beklagt. Man muß an unserm Dichter rühmen, daß er sich zu einer Zeit, wo die Stillosigkeit und Geschmackwidrigkeit in die Lyrik eindrang, einen reinen Stil, einen nicht charakteristischen aber dafür auch von Gespreiztheit freien Wortschatz bewahrt hat. – In formaler Beziehung fällt besonders auf, daß alle seine Lieder dreistrophig sind. Diese Eigenthümlichkeit theilt er mit seinen Landsleuten Meister Heinrich Teschler, dem von Buwenburg, Albrecht Marschall von Raprechtswile. Auch die Neigung, einen oder mehrere Reime durch Stollen und Abgesang durchzuführen, ist ihm mit den ersten beiden gemeinsam. Gleich vielen seiner Landsleute liebt er den Refrain und daktylischen Rhythmus.

v. d. Hagen, Minnesinger II, 131 ff; III, 678 ff.; IV, 443 ff. – Bartsch, Die Schweizer Minnesänger, Frauenfeld 1886, S. CCXVI ff., 392 ff., 470 f. (mit falschem Todesjahr). – Grimme, Germania 33, 446 f.