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Artikel „Riedmüller, Bernhard“ von Paul Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 536–539, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riedm%C3%BCller,_Bernhard&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 16:57 Uhr UTC)
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Riedmüller: Bernhard R., vorarlbergischer Patriot und Landesvertheidiger im Aufstand von 1809, geboren in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts höchst wahrscheinlich zu Roth in Oberschwaben, dem damaligen Sitze eines Prämonstratenserreichsstiftes im jetzigen württembergischen Oberamte Leutkirch, † Ende der 20er Jahre in Wien als char. k. k. Major. Aus seiner Heimath, wo er eine Oekonomie betrieben, war er mit der Zeit auf die „Krone“ nach Bludenz übergesiedelt. Hier wurde er als alter Kriegsmann, der u. a. schon im J. 1797 mit seiner Bludenzer Compagnie bei Feldkirch dabei war, von der Tiroler Volkserhebung mächtig ergriffen und in die vorarlberger Insurrection, welche die erstere flankiren sollte, hineingezogen. Die „Krone“ von Bludenz war [537] in der ersten Zeit so zu sagen das Hauptquartier der vorarlbergischen Bewegung, deren Seele der Advocat Dr. Franz Anton Schneider von Bregenz war und zu deren Hauptleitern außer R. die Schützenhauptmänner Sigm. Nachbauer v. Brederis, Ellensohn, Joh. Peter Sauterleute aus Hüttisau, Walser v. Fussach, der kecke Schiffmeister Rainer, „der Nelson vom Bäumle“, Sander, Schneider’s Adjutant a. a. gehörten. Bereits am 23. April 1809 kam der Aufstand in dem damals bairischen Vorarlberg, welches in den kleineren Erhebungen von 1796, 1797, 1799 und 1800 schon eine tüchtige Vorschule zum Volkskriege durchgemacht, zum vollen Ausbruch und wurde mit einem anonymen, von Landeck aus den 22. ejusd. datirten originellen Aufrufe eröffnet, welchem am 8. Mai eine förmliche Proclamation des Oberstcommandirenden in Tirol, Marquis v. Chasteler, und des Intendanten von Tirol, Freiherrn v. Hormayr, folgte. Noch ehe das zum Schutze der Rheinbundgebiete bestimmte, aus französischen, bairischen, württembergischen und badischen Truppen combinirte Corps unter dem Generallieutenant v. Beaumont mit dem Hauptquartier Augsburg aufgestellt war, wurde von den Tirolern Kaufbeuren und Memmingen überrumpelt und von den Vorarlbergern anfangs Mai die wichtige Position von Lindau mit leichter Mühe genommen; und bald darauf unternahm R. zu Schiffe eine kühne Expedition nach Constanz, erbeutete daselbst ein ansehnliches feindliches Depot von Munition und Militäreffecten und brachte solches in 10 schwer geladenen Schiffen über den See nach Bregenz, alarmirte dabei alles bis Stockach, Meßkirch und Liptingen. Um diese Expedition von der allerdings noch ziemlich von Truppen entblößten Landseite her zu decken, sowie auch um die schwäbischen Vorlande, deren zu Vorarlberg in vielen Freundschaft- und Verwandtschaftsbanden stehende Einwohner wie im Höhgau zum größten Theile bis vor kurzer Zeit noch unter österreichischer Herrschaft gestanden hatten und mit dieser sympathisirten, für die Sache des Aufstandes zu gewinnen, zog der in der allerersten Zeit als Commandant von Vorarlberg fungirende Jägerhauptmann Camichel mit all seiner disponsiblen Mannschaft zunächst in die Gegend von Wangen, dann von Tettnang. Mittlerweile hatte König Friedrich von Württemberg, da das Beumont’sche Corps anfangs mehr auf dem Papiere, als auf dem Kriegsschauplatze stand, zur Sicherung der bedrohten Grenzen seines Königreiches ein eigenes Corps unter dem Generalmajor v. Scheler an den Bodensee entsandt, welches hernach mit dem ersteren zusammen operirte. Dies in Verbindung mit der wie eine Bombe in die vorarlbergische Erhebung einschlagenden Nachricht von der am 19. Mai erfolgten Capitulation von Innsbruck machte die Vorarlberger zurückgehen und so konnten die vereinigten französischen und Rheinbundstruppen am 25. Mai ohne Widerstand Lindau, welches von da an zu ihrem großen Vortheile in ihren Händen blieb, und – indeß nur vorübergehend – auch Bregenz besetzen und ihre Vorposten bis nach Dornbirn ausdehnen. Bereits am 29. Mai kam es zwischen Hohenems und Dornbirn zu einem hitzigen achtstündigen Treffen, der glänzendsten Waffenthat der Vorarlberger während des ganzen Aufstandes, in welchem R. den linken Flügel befehligte und die regulären Truppen unter den Generalen Piccard und Scheler, den Obersten Froment und Grouvel durch die Insurgenten in offenem Felde bis über die Bregenzer Ach geworfen wurden und schließlich noch bis hinter die Laiblach zurückgehen mußten. Es wird R. zwar nachgesagt, daß er bei der Verfolgung des Feindes von Dornbirn bis an das an der Ach gelegene Lautrach zu langsam marschirt und zu spät vor diesem Dorfe angelangt sei, so daß der Gegner noch habe der Katastrophe, entweder der Aufreibung oder der Capitulation, entrinnen können. Am 13. Juni unternahmen die Württemberger unter Generallieutenant v. Phull einen heftigen Vorstoß und drängten die Vorarlberger über Hörbranz zurück, mußten aber schließlich in ihre alte Stellung [538] zurückgehen. Nochmals wurde ein Seeexpedition unter dem entschlossenen und kundigen Rainer und Walser nach Constanz ausgerüstet; sie kehrte, unterstützt durch einen allgemeinen Angriff von der Landseite und durch eine Streifung Riedmüller’s über Langenargen und Tettnang bis gegen Ravensburg hin, am 29. Juni mit 6 Kanonen, reicher Beute und Gefangenen unter dem Jubel der Bevölkerung zurück. Fortan bieten aber die Unternehmungen der Aufständischen, statt daß dieselben im Monat Juni mit Ueberlegung dem Feinde gehörig zu Leibe gestiegen wären, das Bild vieler unter sich wenig zusammenhängender, vielfach von Streitigkeiten der einzelnen Führer unter sich beeinflußter Ausfälle auf die Stellungen der Truppen in den Ebenen; es fehlte an einem planmäßigen einheitlichen Zusammenwirken. So machte R. mit etwa 800 Mann am 5. Juli einen Ausfall über Wangen, Kißlegg gegen Wolfegg und drängte die dort aufgestellten württembergischen Infanteristen und französischen Dragoner zurück, wobei er übrigens wieder etwas zu spät kam und die Hauptabsicht, die Erbeutung der Pferde nicht gelang. Aus dem Lieblingsplane der Insurgenten, den ihnen als treuer Bundesgenosse Napoleon’s und Annectirer von Oberschwaben besonders verhaßten „dicken König Friedrich ventre à terre“, welcher sich Mitte Juli mit Verstärkungen selbst auf den Kriegsschauplatz begeben hatte, aus seinem Hauptquartiere Hofen a. B. aufzugeben und als Gefangenen von da über den See nach Bregenz und weiter im Triumph nach Innsbruck zu führen, wurde aber nichts. Am 14. Juli ging R. mit einer Colonne von ca. 1200 Mann auf den nicht stark besetzten Posten von Eglofs vor und warf die dort stehenden Württemberger und französischen Dragoner über den Haufen; Tags darauf kam es in der Gegend nochmals zum Schlagen, wobei die Vorarlberger wieder zurückgehen mußten und Eglofs durch die verstärkten Württemberger wieder genommen wurde. Dies war das Vorspiel zu dem am gleichen Abende und am 16. erfolgten Angriff auf das durch den Brigadier Koseritz gehalten Isni, wo ein heftiger Kampf wüthete. Am 16. und 17. ging es auf Neuravensburg und Wangen los, wobei die Insurgenten den Kürzeren zogen. Das für die Vorarlberger ganz verunglückte größere Gefecht um Kempten am 17. machte in Verbindung mit dem Znaymer Waffenstillstand der militärischen Action ein Ende und liefen die meisten Insurgenten auseinander; am 6. und 7. August besetzte der Kronprinz Wilhelm von Württemberg Bregenz und Umgegend; und der General Beaumont drang aus dem Oberinnthal über den Arlberg nach Feldkirch vor. R. hatte sich zunächst über die Schweiz nach Prag, dann nach Wien geflüchtet, woselbst er – allein unter allen vorarlbergischen Truppenführern – nach den Befreiungskriegen die Auszeichnung eines k. k. Majors nebst einer jährlichen Pension von 1500 fl. ö. W. erhielt und auch starb, übrigens wegen der Abrechnung aus den englischen Subsidien noch viele und arge Widerwärtigkeiten durchzumachen hatte.

Nach Hormayr war R. ein alter Husar, ehrlich, brav und bieder, von bester Gesinnung und unverbrüchlicher Treue und Anhänglichkeit an sein Kaiserhaus, tapfer und couragirt, nicht ohne Einsicht und von größter Bravour im Gefecht; doch wird ihm, der übrigens auch schon bei Jahren war und immerhin mit einer noch wenig geübten Mannschaft verhältnismäßig viel ausgerichtet hat, hin und wieder Langsamkeit und Gemächlichkeit zur Last gelegt, infolge dessen ein paar Ueberfälle mißlangen. Nachgerühmt wird ihm weiter, daß er unter seinem Landsturm auf gute Mannszucht hielt und ist der Vorwurf der Plünderung und Unmenschlichkeit, namentlich auch gegen Gefangene, unbegründet. Nicht wenig litt R. unter den Umtrieben und Intriguen des an Charakter, militärischen Eigenschaften und Tapferkeit tief unter ihm stehenden andern Insurgentenführers, des Adlerwirths Jos. Christian Müller von Bludenz, eines [539] eitlen, sich nicht durch übermäßige Tapferkeit auszeichnenden Schwätzers und Fanfarons, welcher sich selbst eine Zeitlang sogar des Obercommandanten Stellung anmaßte.

Hormayr, Das Land Tirol und der Tiroler Krieg von 1809 etc. – Lebensbilder aus den Befreiungskriegen etc. – Alb. Pfister, Gesch. des württemb. 2. u. 8. Infanterieregimentes etc. und vielfache handschriftliche Notizen (bei Wurzbach fehlt R.) – Ein Oelbildniß Riedmüller’s und danach eine Lithographie oder ein Holzschnitt soll existiren, ohne daß darüber etwas Näheres sich hätte ermitteln lassen.