ADB:Richter, Christian Gottlob

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Artikel „Richter, Christian Gottlob“ von Ernst Landsberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 453–455, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Richter,_Christian_Gottlob&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 10:57 Uhr UTC)
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Richter: Christian Gottlob R., Jurist, ist geboren zu Lichtenstein im Schönburgischen am 9. Juli 1745, besuchte seit 1758 die Fürstenschule zu Grimma, bezog 1764 die Universität Leipzig, ward 1769 Candidat der Rechte, fing noch in demselben Jahr an juristische Vorlesungen zu halten, errang sich [454] 1773 zu Leipzig die juristische Doctorwürde, erhielt erst 1783 eine außerordentliche Professur ebendort, welche er erst 1786 in Besitz nehmen konnte, wurde auch nicht weiter befördert, obgleich er mehrere von außen (Duisburg, Königsberg) an ihn ergangene Berufungen zum Ordinariate, um Leipzig treu zu bleiben, ausschlug, und starb gekränkt und verbittert am 3. Mai 1791. – Richter’s ganze Geistesrichtung und gelehrte Thätigkeit wurde bestimmt durch die Keime, welche während seiner Grimma’schen Zeit besonders der Conrector der Fürstenschule, Krebs, ihm eingepflanzt hatte; wie dieser ihn gelehrt hatte, alles Heil und alle Würde im Studium des classischen Alterthums als solchen zu suchen, die praktische Rechtswissenschaft dagegen geringzuschätzen – es ist litterargeschichtlich interessant, daß Krebs ihm hierbei als Hauptstützen der juristischen Praxis verächtlich Hoppius und Lauterbach nannte –: so blieb er sein Leben lang Philolog unter den Juristen und so hat er dauernd diesem Umstande die weitreichende Anerkennung seiner Gelehrsamkeit wie die Hemmung der äußeren Laufbahn zu danken. Denn was man damals an einer mit Consilien und Spruchsachen überlasteten Facultät, wie besonders gerade der Leipziger, brauchte, das waren rasch arbeitende, mit der Praxis vertraute, in der Handhabung der Acten und der Anwendung des gelehrten Wissens auf den Einzelfall gewiegte Männer; konnten sie ihre Beiträge zu den Facultäts-Entscheidungen u. s. f. mit etwas Eleganz, einigen classischen Bildern und effectvollen geschichtlichen Bemerkungen umkleiden, um so besser: aber solche Dinge durften eben blos Zuthaten sein. So kargte man denn freilich nicht mit dem Lobe, welches man Richter spendete; seine hervorragende Kunst des schönen Lateins; seine genauen und soliden Kenntnisse der römischen wie der griechischen Rechtsalterthümer und Autoren wurden in Leipzig wie anderswo gebührend anerkannt; aber als nach 1786 eine ordentliche Professur frei wurde, welche er als ihm zukommend ansah, zog die Facultät ihm eben doch einen älteren Professor, welcher „ausgebreitetere und practische Kenntnisse“ hatte, vor; und obschon er dann mehrere Schreiben in der Angelegenheit seiner Beförderung an sie richtete, in einem derselben auch betonte, daß er durchaus nicht, so oft er in privaten oder öffentlichen Angelegenheiten um seinen juristischen Rath angegangen worden sei, diesen versagt habe, sondern stets bereit sei, aus seiner Studirkammer auf den Markt des Lebens hervorzutreten, so erzielte er doch damit weiter keine Verbesserung seiner Lage; auch scheinen häusliche Sorgen und Kümmernisse mit zu seinem frühen, bald darauf eingetretenen Tode beigetragen zu haben. Die Gründe des Mißerfolges in seinem Lebensgange hat er selbst vorgetragen in seiner Oratio de interemtae jurisprudentiae humanioris causis. Uns ist er hauptsächlich noch nahestehend als Bearbeiter des griechischen Rechtes in der Harleß’schen Ausgabe der griechischen Bibliothek des Fabricius, in welcher besonders die Animadversiones de scriptoribus juris Attici (Vol. II p. 40 s.) ganz von ihm hinzugearbeitet sind; außerdem hat er Ausgaben von des Paulus Manutius Schriften zu Cicero und von Werken seines Gesinnungsgenossen A. Wieling veranstaltet und eine Reihe antiquarisch-gelehrter Abhandlungen über römische und griechische Rechtsgeschichte geliefert. Mannigfache Vorarbeiten zu weiteren Editionen sowie seine sonstigen Papiere sollen aus seinem Nachlasse in den Besitz seines großen Schülers Haubold gelangt sein. Aber zwischen diesem und R. liegt eine gewaltige Kluft; trotz aller gelehrten Kenntnisse ist letzterer kein Vorgänger der historischen Schule gewesen, deren Entfaltung sich während seiner letzten Lebensjahre vorbereitet; sondern einer der letzten Vertreter einer absterbenden Richtung, als deren Anhänger er sich selbst bezeichnet, der elegant-humanistischen Jurisprudenz.

Weidlich, Nachrichten, Th. 2, S. 238–240; Nachtrag 1, 232 und 2, 197. – Deutsche Nekrologie auf das Jahr 1791, 2. Jahr, erster Band [455] (Gotha 1792, Schlichtegroll) S. 194 fg. – Meusel, Biographisches Lexikon u. s. f., XI, 278 fg.