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Artikel „Remer, Julius August“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 198–200, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Remer,_Julius_August&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:58 Uhr UTC)
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Remer: Julius August R., geboren Ende Juli 1738 (nicht 31. Juli 1736, wie meist angegeben wird, da R. laut Kirchenbuch erst am 31. Juli 1738 getauft ist) zu Braunschweig, wo sein Vater Joh. Heinr. R. als Prediger zu St. Magni bereits einige Jahre darauf († am 30. April 1741) starb, bezog, zum Theologen bestimmt, am 3. October 1757 die Universität Helmstedt, beschäftigte sich hier aber vorzugsweise mit geschichtlichen Studien, die er später auf der Universität Göttingen fortsetzte. Im J. 1763 wurde er als öffentlicher Hofmeister am Collegium Carolinum zu Braunschweig angestellt und las als [199] solcher schon seit 1770 über die allgemeine Geschichte; 1774 erhielt er den Professortitel und die Direction des fürstlichen Intelligenzwesens. Mit dieser Stellung, in welcher er Fr. W. Zachariä zum Vorgänger hatte, war auch die Herausgabe der Gelehrten Beyträge zu den Braunschw. Anzeigen und der Neuen Braunschw. (polit.) Zeitung verbunden. Die Redaction der letzteren behielt er auch bei, als dieselbe, nun Braunschw. Nachrichten von politischen und gelehrten Sachen genannt, zu Neujahr 1775 der Meyer’schen Buchhandlung überlassen wurde. An Stelle des abgehenden Prof. Schmidt gen. Phiseldeck wurde ihm 1779 am Colleg der Vortrag der Universal- und Staatengeschichte übertragen und zugleich Sitz und Stimme im Lehrerconcilium eingeräumt. Zu Ostern 1787 siedelte R. als ordentlicher Professor der Geschichte und Statistik nach Helmstedt über; seine redactionelle Thätigkeit hatte er schon vorher aufgegeben. Unterm 14. December 1796 ward er zum Hofrath ernannt; er starb nach kurzem Kranksein am 26. August 1803 an einem Nervenfieber. Tags darauf hielt sein College P. J. Bruns ihm eine Gedächtnißrede. Er rühmt seine reichen Kenntnisse, die auch Politik und Rechtswissenschaft umfaßten, sowie die vielen Vorzüge seines Charakters; die Wahrheitsliebe, den Freimuth, die Gewissenhaftigkeit im Amte, den rastlosen Fleiß, den heiteren Geist, die Strenge, die er gegen sich selbst, das Wohlwollen, das er gegen Andere geübt habe. – R. hat ein arbeitsames zurückgezogenes Gelehrtenleben geführt, außer einer Reise ins Schleswigsche die Heimath niemals weit verlassen. Seine Lehrthätigkeit wird uns als eine sehr erfolgreiche geschildert. Als Schriftsteller war er kein bahnbrechender Geist, doch sind seine Werke das Ergebniß sorgfältiger Arbeit gewesen und haben zumal seine compendienartigen Lehrbücher lange Zeit in hohem Ansehen gestanden. Die Zahl seiner Schriften, die sich in Meusel’s Gelehrtem Teutschland, 5. Aufl., Bd. VI, S. 305; Bd. X, S. 467; Bd. XI, S. 635; Bd. XV, S. 137 verzeichnet finden, ist eine beträchtliche. Sie behandeln die Universalgeschichte, sowie einzelne Theile derselben. Sein „Handbuch der allgemeinen Geschichte“, das seit 1771 in verschiedenen Theilen erschien, ist sehr beliebt gewesen und noch bei seinen Lebzeiten vier Mal aufgelegt. Als seine Hauptwerke gelten seine Bearbeitung von Robertson’s Geschichte der Regierung Kaiser Karls V. (1792–95) und seine „Geschichte der französischen Constitutionen“ (1795, 2. Aufl. 1808). Auch der neuesten Geschichte seiner Zeit hat er, wie bei seiner zeitweisen Beschäftigung als politischer Redacteur wohl erklärlich ist, verschiedene Darstellungen gewidmet; eifrig verfolgte er die Entwicklung der amerikanischen Verhältnisse und sehr früh erkannte er richtig die hohe Bedeutung Washington’s. Ebenso verdankt die Statistik ihm manche Förderung; von 1786–94 hat er die „Tabellarische Uebersicht der wichtigsten statistischen Veränderungen in den vornehmsten europäischen Staaten“ herausgegeben. Daneben ist er auch als Uebersetzer englischer und französischer Werke hervorgetreten. – Verheirathet war R. seit dem 17. October 1774 mit Marie Dorothee Bierbaum (geb. 1750), seiner Cousine, deren Vater Joh. Wilh. B., ein ehemals reicher Kaufmann in Braunschweig, 1770 in Concurs gerathen war und 1777 starb. Die Gattin Remer’s ist erst am 15. April 1824 zu Breslau gestorben. Ihr Sohn Wilhelm (Hermann Georg) R., geboren am 9. Juli 1775, wurde 1799 außerordentlicher Professor der Philosophie und Medicin, 1803 Director des klinischen Instituts und 1804 ordentlicher Professor der Medicin in Helmstedt, ging 1809 in gleicher Stellung nach Königsberg und 1815 nach Breslau über, wo er am 31. December 1850 gestorben ist.

Vgl. die Rede P. J. Bruns’ im Braunschw. Magazin 1803, St. 37. – Baur, Handwörterbuch der im 1. Jahrzehend des 19. Jahrh. gestorbenen [200] Personen, Bd. II, Sp. 294 ff. – Eschenburg, Geschichte des Collegii Carolini, S. 83. – L. Hänselmann’s (handschriftl.) Geschichte der Familie Bierbaum.