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Artikel „Reineccius, Reiner“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 17–19, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reineccius,_Reiner&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:59 Uhr UTC)
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Reineccius: Reiner R. (Reinhard Reyneke) wurde am 15. Mai 1541 zu Steinheim im Paderbornschen geboren, wo Großvater und Vater Rathsmitglieder gewesen waren. Letzterer war bei der Geburt des Knaben bereits verstorben. Dieser erhielt seine erste Bildung auf der Schule seiner Vaterstadt, wurde dann aber, noch nicht neun Jahre alt, nach Lemgo geschickt, wo er Martin Meibom, den Vater seines späteren Helmstedter Universitätscollegen Heinrich Meibom, zum Lehrer hatte. Nachdem er hier über drei Jahre geweilt hatte, zog ihn der Ruf Joh. Glandorp’s nach Hannover. Er folgte diesem auch bei seiner Uebersiedelung nach Goslar und wurde von ihm im September 1559 mit einem äußerst anerkennungsvollen Zeugnisse entlassen. Dankbaren Sinnes hat er wiederum später das Leben seines verehrten Lehrers geschrieben (enthalten in seiner Schrift: „De M. Tulli Ciceronis morte et monumento“, Helmstedt 1589) und eine Anzahl der hinterlassenen Schriften desselben, wie das „Onomasticon historiae Romanae“ u. a. herausgegeben. Um den Anfang des Jahres 1560 bezog R. die Universität Marburg und nach etwa zweijährigem Aufenthalte daselbst die zu Wittenberg, wo er etwa ein Jahr weilte. Dann ging er nach Schlesien und erhielt hier, an Heinrich Paxmann, Rector der Schule zu Goldberg, empfohlen, einige adlige Knaben zum Unterrichte, kehrte aber nach 11/2 Jahren wieder nach Wittenberg zurück. Hier blieb er abermals zwei Jahre, erlangte die Magisterwürde und übernahm dann nach kurzem Aufenthalte bei seiner Mutter in der Heimath 1566 die Erziehung einiger Meißnischer Adliger, der Söhne Joh. Christophs v. Bernstein, dem er nach seinem Tode eine Gedächtnißschrift widmete (Leipzig 1581). Diese Stellung hat R. neun Jahre inne gehabt. Zuerst in Wittenberg, dann, als sie von hier im Sommer 1567 die Pest vertrieb in Böhmen, wo sie sich u. A. in Saaz aufhielten. Nach Deutschland zurückgekehrt, wandten sie sich noch im Jahre 1568 nach Jena, dann nach Leipzig, wo sie geraume Zeit blieben. R. wird hier vor allem mit Joachim Camerarius in Verbindung getreten sein, dessen er später, wie auch Kaspar Peucer’s und Georg Fabricius’, mit großer Dankbarkeit als seiner Lehrer gedenkt. Im J. 1574 wurde R., der inzwischen ein paar Schriften über die „Geschichte der Markgrafschaft Meißen“ veröffentlicht hatte, vom Kurfürsten August von Sachsen zum Historiographen ernannt und ihm der Auftrag ertheilt, die von Georg Fabricius hinterlassenen Arbeiten über die „Geschichte des sächsischen Hauses und Landes“ herauszugeben. Er mußte nun seinen Wohnsitz wieder in Wittenberg nehmen; jene Aufgabe aber blieb unerfüllt. Die Werke wurden erst 1598 und 1609 von dem Sohne und dem Bruder des Fabricius (s. A. D. B. VI, 513) veröffentlicht. Dagegen kam in diesen Jahren das Werk zum Abschluß, welches vor allem den Namen des R. in ehrenvollem Andenken erhalten sollte. Schon seit etwa 1568 hatte R. nach mehrjährigen Vorarbeiten eine Anzahl von Monographien über die Genealogie der Dynastien und der berühmtesten Geschlechter der Staaten des alten Orients und Griechenlands herausgegeben. Diese vereinigte und vervollständigte er zu einem Werke, das eine umfassende Darstellung der Geschichte des Alterthums bis zur römischen Weltherrschaft enthält: dem „Syntagma de familiis quae in monarchiis tribus prioribus rerum potitae sunt“ (Basel 1574–78). Auf sicherer genealogischer Grundlage baute R. seine Geschichte auf und schuf so eine Arbeit von tiefer, umfassender Gelehrsamkeit und staunenswerthem Fleiße, ‚eine für ihre Zeit wahrhaft [18] großartige Leistung, die Jahrhunderte lang von der Nachwelt als reiche Fundgrube ausgebeutet worden ist‘ (Bursian). Im Herbste 1575 verließ R. Wittenberg und ging nach Böhmen, wo ihn längere Zeit verwandtschaftliche Beziehungen und insbesondere langwierige Streitigkeiten beschäftigt hielten, die ihm nach dem Tode seiner Schwiegermutter über die Erbschaft und Vormundschaft seiner ihm zur Erziehung übergebenen, aber vorenthaltenen Schwäger mit den böhmischen Behörden in Kaaden erwuchsen. Dieselbe Angelegenheit führte ihn nach Frankfurt a./O. und Berlin, wo man ihn für die Professur der Geschichte an ersterem Orte mit Erfolg zu gewinnen suchte. Im J. 1578 trat er dieselbe an mit einer Rede „De historia eiusque dignitate generibus sive partibus“ etc., welche zuerst 1580 und dann öfter gedruckt wurde. Er hat sich in Frankfurt um die Erforschung der brandenburgischen Geschichte, namentlich durch seine „Chronik des Chur- und fürstl. Hauses der Markgrafen zu Brandenburg“ (Wittenberg 1580), die 1581 auch in lateinischer Bearbeitung erschien, wesentliche Verdienste erworben. Dennoch scheint ihm der Aufenthalt daselbst auf die Länge nicht behagt zu haben; er klagte über die Mißgunst seiner Collegen und suchte sich den Vorlesungen zu entziehen und ganz auf seine wissenschaftlichen Arbeiten zu beschränken. Durch Herausgabe niedersächsischer Geschichtsquellen, wie der „Annales Witichindi“ (1577), der „Slavenchronik Helmolds und Arnolds von Lübeck“ (1581) und durch einen auf den Herzog Heinrich Julius verfaßten „Panegyricus“ (Helmstedt 1582) hatte er sich diesem wie seinem Vater, dem regierenden Herzoge Julius zu Braunschweig und Lüneburg gut zu empfehlen gewußt, und infolge dessen ward er unterm 22. März 1582 als Historicus der Juliusuniversität zu Helmstedt angestellt. Das öffentliche Lehren, wie auch die Verpflichtung zu akademischen Aemtern ward ihm auf seinen Wunsch erlassen. Dagegen sollte er eine schriftliche Anweisung zum historischen Studium geben und Professoren wie Studenten privatim zu demselben anleiten. Insbesondere ward er noch ausdrücklich mit der Ueberwachung der historischen Studien des jungen Herzogs Heinrich Julius betraut. Zu diesem Zwecke verfaßte R. die Schrift: „Methodus legendi cognoscendique historiam sacram et profanam“ (Helmstedt 1583), in welcher er in einer für die Zeit sehr beachtenswerthen Weise Gesetze und Methode der Geschichtschreibung erörterte. Das Werk ist noch ein Jahrhundert später (1670, 1685) wiederholt aufgelegt worden. Die Hauptaufgabe Reineccius’ bei seinem Dienstantritte aber war, das begonnene Werk, die „Historia Julia (dieser Name zu Ehren der Juliusuniversität) sive syntagma heroicum omne fere gentium origines, migrationes, imperia etc. continens“ in deutscher und lateinischer Sprache fortzuführen. Zur Vollendung dieses Werkes, das eine zusammenfassende allgemeine Geschichte werden sollte, wurde ihm die mannichfaltigste Unterstützung von Seiten des Herzogs zu Theil, dessen Förderung der geschichtlichen Studien R. in seiner Leichenrede auf ihn (Helmstedt 1589) rühmend erwähnt. Es ist dies eine Umarbeitung und Erweiterung des bereits erwähnten Syntagma, von welchem der erste Band 1594, der zweite 1595 erschienen. Die Fortführung dieses Werkes bildete auch in der neuen ihm ausgefertigten Bestallung vom 16. Januar 1594 die hauptsächlichste Leistung, die man von ihm forderte. Er hat die Vollendung desselben nicht mehr erlebt, schon im nächsten Jahre ist R. infolge eines unglücklichen Falles am 16. April 1595 gestorben. Der dritte fast vollendete Band jenes Werkes wurde daher 1597 von Heinrich Meibom herausgegeben. R. gedachte in einem vierten Bande in gleicher Weise auch die römische Weltherrschaft und die aus ihrem Sturze erwachsenen Staaten zu behandeln; er hatte auch bereits Collectaneen dazu gesammelt, welche jedoch, da sich zur Fortführung des Werkes keine geeignete Persönlichkeit fand, niemals zum Drucke gelangten. Außer durch die angeführten [19] Werke hat R. sich durch kleinere Monographien und Herausgabe von Geschichtsquellen unter den Historikern seiner Zeit nach dem Urtheile der Mit- wie Nachwelt einen ehrenvollen Platz errungen.

Verheirathet ist R. zweimal gewesen. Seine erste Frau Anna, die Tochter des Dr. med. Paul Reichbacher, heirathete er in Wittenberg 1574; sie starb am 26. Januar 1584 im Kindbette und hinterließ ihm zwei Töchter. Im Sommer 1585 vermählte er sich mit Elisabeth Rhode, Tochter des Superintendenten Salomon Rhode in Weißensee und Enkelin des Erasmus Sarcerius, welche ihm eine Tochter und zwei Söhne gebar. Einer der Letztern, Joachim R., erhielt noch bei Lebzeiten des Vaters am 15. Mai 1593 ein Koanonikat im Stifte St. Blasii zu Braunschweig. Seine Wittwe hinterließ R. in dürftigen Verhältnissen; dieselbe ist später mit dem Professor der Medicin Adam Luchten in Helmstedt eine zweite Ehe eingegangen.

Kurze eigene Lebensbeschreibung vor dem dritten Bande seiner Historia Julia.F. D. Häberlin, De Reineri Reinecci meritis (Helmstedt 1746) und die hier angeführten Schriften. – Bursian, Gesch. der klass. Philologie. – Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie.