ADB:Redenbacher, Wilhelm
Karl Stöber, unterstützte. Er bestand dieselbe 1819 in Ansbach und konnte nun auf die Universität Erlangen abgehen, wo er bis 1823 dem Studium der Theologie oblag. Nach bestandener theologischer Aufnahmsprüfung wurde er 1823 Pfarrverweser [517] zu Burk am Hesselberg, vertauschte diese Stelle aber noch im nämlichen Jahr mit einer Hauslehrerstelle in Augsburg, wurde etwas später dort Stadtvicar und 1828 Pfarrer in Jochsberg in Mittelfranken, von wo er 1837 nach Sulzkirchen in der Oberpfalz übersiedelte. Dem damals herrschenden Rationalismus gegenüber hatte ihn schon in Erlangen die Anregung des trefflichen reformirten Pfarrers Krafft und der Umgang mit Freunden in der Burschenschaft, der er angehörte, einer warmen, positiv gläubigen Richtung zugeführt; in Augsburg hatte diese durch den Einfluß des ihm befreundeten Pfarrers (späteren Kirchenraths) Bomhard, sowie durch die Berührung mit einem durch die Herrnhuter Brüdergemeinde angeregten Kreise neue Nahrung bekommen. Er trat bald auch in den litterarischen Kampf gegen den Rationalismus ein, zuerst durch Aufsätze in dem „homiletisch-liturgischen Correspondenzblatt“, um welches damals die Gegner jener Richtung in Baiern sich schaarten, dann durch ein von ihm gegründetes „Sonntagsblatt“, das er drei Jahre lang redigirte, sowie durch populäre Schriften. In weiteren Kreisen aber wurde sein Name bekannt, als im Jahre 1842 sein mannhaftes Auftreten in der sogenannten „Kniebeugungsfrage“ die Blicke der evangelischen Welt auch außerhalb Baierns auf ihn zog. Als nämlich weder die Proteste der Kirchenbehörden, noch der Antrag von 36 protestantischen Landtagsabgeordneten, welcher von der zweiten Kammer angenommen, von der ersten aber abgelehnt wurde, die Aufhebung der Kriegsministerialordre vom 14. August 1838, welche den protestantischen Soldaten befahl, vor dem Sanctissimum der Katholiken das Knie zu beugen, hatten erwirken können, veröffentlichte R. nach vorheriger Anzeige an das Oberconsistorium, daß seine Gewissensbedrängniß ihm nicht erlaube, zu der Sünde seiner Glaubensgenossen länger zu schweigen, einen Synodalvortrag, den er als Verweser des Decanats Pyrbaum gehalten hatte („Simon von Cana“. Mit Vorwort vom 3. März 1843), in welchem er von dem thätigen Gehorsam gegen jene Verordnung abmahnte. Erst 8 Monate später erfolgte die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung, im März 1844 die Suspension von seinem Amte und im December desselben Jahres die Verurtheilung „wegen Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe durch Mißbrauch der Religion“ zu einjähriger Festungshaft, die er jedoch nicht anzutreten brauchte, weil dem Erkenntniß sogleich die königliche Begnadigung beigefügt war. Die Amtsentsetzung aber blieb bestehen. Bald darauf wurde jedoch auch jene Kriegsministerialordre zurückgenommen. R. war nach seiner Entfernung vom Amte nach Nürnberg gezogen, um sich statt des verlorenen einen neuen Wirkungskreis zu gründen als Schriftsteller für das Volk, dessen religiöse Erwärmung und sittliche Hebung ihm ein Herzensanliegen war. Hier begann er seine „Volksbibliothek“, von der nach einander 7 Jahrgänge (1846–53) erschienen sind. Seine gute Erzählergabe, der sittliche Gehalt und die Wärme einer entschiedenen, aber nicht engherzigen christlichen Ueberzeugung haben diesen Erzählungen, denen er später noch andere folgen ließ (1848–50 „Reisen des Capitän Cook“, 3 Bde.; 1855 „Der Maronit“ u. s. w.) eine günstige Aufnahme verschafft. Viele sind wiederholt, eine siebenmal, eine andere fünfmal neu aufgelegt worden. Er entbehrte aber auch den von ihm sehr vermißten amtlichen Wirkungskreis nicht für die Dauer. Sein Proceß hatte weithin Aufsehen gemacht; auch die berliner theologische Facultät war in einem Gutachten kräftig für ihn eingetreten; er erhielt die Mittheilung, daß auch Friedrich Wilhelm IV. sein Schicksal mit warmer Theilnahme verfolge. Nach seiner Verurtheilung ließ ihm dieser nun wirklich eine Pfarrei in Preußen anbieten. Zwar zögerte R. mit der Annahme des Rufes; denn er hatte Bedenken gegen einen unbedingten Eintritt in die Union. Glücklicherweise ließen sich diese aber durch nähere gegenseitige Erörterungen bei seiner milden Denkungsart leicht [518] heben. Ein grundsätzlicher Gegner jeder Union war er nicht; man gab ihm eine ursprünglich lutherische Gemeinde; gegen die Anerkennung eines gemischten Kirchenregiments hatte er keine Einwendung. So siedelte er denn am 1. Februar 1846 nach Sachsenburg an der Unstrut über. In seiner neuen Heimath, der Provinz Sachsen, regte sich gerade damals die freireligiöse Agitation, der er ebenfalls mit der Feder gegenübertrat. Die Sehnsucht nach seinem Geburtslande veranlaßte ihn jedoch, 1852 nach Baiern, wo man ihn gerne wieder aufnahm, zurückzukehren. In zwei Pfarreien, Großhaslach bei Ansbach und seit 1860 Dornhausen im Altmühlthal, hat er noch im Segen gewirkt. Auch hier ruhte seine litterarische Thätigkeit nie. Im Auftrag des Calwer Vereins hatte er schon 1856 eine Reformationsgeschichte herausgegeben; nun ließ er (1860–67) ein „Lesebuch der Weltgeschichte“ (in 3 Bänden) folgen. Es war immer das christliche Volk, auf das er zu wirken suchte. Er war ein Volksmann im besten Sinne; trotz seiner gründlichen theologischen Bildung war es sein Stolz, ein rechter Landpfarrer zu sein. Auch seine einfache, aber gediegene Predigtweise gab davon Zeugniß. Er hat auch hier durch seine in mehreren Auflagen erschienenen „Betrachtungen“, seine Casualreden und seine „Evangelienpostille“ auf weitere Kreise gewirkt. Am Abend seines Lebens hatte er noch die Freude, eine Sammelausgabe seiner Erzählungen veranstalten zu können, deren Vollendung er aber nicht mehr erlebte. Ein glückliches Familienleben verschönerte ihm, wie die früheren sorgenvollen Jahre, so sein Alter; im Kreise von Kindern und Enkeln beschloß er am 14. Juli 1876 seine Tage.
Redenbacher: Wilhelm R., Volksschriftsteller. Zu Pappenheim an der Altmühl, wo sein Vater Decan und Stadtpfarrer war, am 12. Juli 1800 geboren, verlebte R. seine Jugend unter den günstigen Eindrücken, welche ein glücklicher Familienkreis und die Reize einer durch ihre Naturschönheiten anziehenden Gegend auf sein empfängliches Gemüth übten. Bald aber stiegen für ihn trübe Wolken auf. Denn kaum war er von der Lateinschule seines Heimathstädtchens auf das Gymnasium in Ansbach übergetreten, so versetzte der Tod seines Vaters, welcher der kurz zuvor verlorenen Mutter in das Grab folgte, ihn und seine Geschwister in eine ziemlich hülflose Lage. Sein Vormund gab ihn daher einem Kaufmann in Weiden in der Oberpfalz in die Lehre; aber der Knabe ruhte nicht, bis er nach einem Jahre diesen seinen Neigungen und Wünschen widerstrebenden Beruf wieder verlassen durfte. Ohne nun wieder ein Gymnasium zu besuchen, unternahm er es, sich selbst für die Absolutorialprüfung vorzubereiten, wobei ihn der damalige Subrector in Pappenheim, der bekannte Jugendschriftsteller- Einen kurzen Lebensabriß hat sein Sohn der in Ansbach 1876 gedruckten Grabrede beigegeben; sonst nach schriftlichen Mittheilungen und theilweise mit Benützung von Redenbacher’s Papieren.