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Artikel „Purmann, Johann Georg“ von Otto Liermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 153–155, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Purmann,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:55 Uhr UTC)
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Purmann: Johann Georg P., gelehrter Schulmann von Ruf und angesehener Rector des reichsstädtischen Gymnasiums in Frankfurt a. M. Er wurde am 1. Januar 1733 in dem fränkischen Städtchen Königsberg, dem Geburtsort des Astronomen Johann Müller (Regiomontanus), geboren und erhielt dort eine dürftige Schulbildung. Seit 1750 ermöglichten ihm Gönner den Besuch des Casimirianum in Coburg und später der Hochschule zu Altdorf, [154] wo er sich dem Studium der evangelischen Theologie und der alten Sprachen widmete. Nachdem er ein Jahr lang zu Nauheim als Privatlehrer thätig gewesen war, übernahm er 1756 in Hanau a. M. das Rectorat der „lutherischen Lateinschule“, aus der die heutige Oberrealschule hervorgegangen ist. Im Frühjahr 1760 folgte er einer Berufung nach „des heiligen Römischen Reiches freier Stadt Frankfurt am Mayn“, wo er an dem seit 1520 bestehenden Gymnasium zunächst als Conrector wirkte. Nach sechs Jahren wurde er „Adjunctus“ und 1770 Nachfolger „einer der originalsten Figuren von der Welt“, des seit 1748 im Amt gewesenen satirischen Rectors Dr. Albrecht, eines „Aesop mit Chorrock und Perücke“, bei dem Goethe Privatunterricht im Hebräischen hatte. (Vgl. Dichtung und Wahrheit, Erster Theil, Viertes Buch.) In den von dem jungen Goethe „mit schaurigem Behagen durchstrichenen“ düsteren, winkelhaften Räumen des alten Klosters zu den Barfüßern am Paulsplatz hat P. vom 7. Mai 1770 bis zum 9. Mai 1806 das Gymnasium geleitet, über die Stätte seiner Wirksamkeit hinaus geschätzt als Gelehrter von gründlichem und ausgebreitetem Wissen, als geschmackvoller lateinischer Redner sowie vielseitiger pädagogischer und philologischer Schriftsteller, als geistreicher Lehrer und charaktervoller, vorurtheilsfreier Erzieher. Sein Schüler, der Gräcist Philipp Buttmann, nennt ihn einen „echt gelehrten Mann“. N. G. Eichhoff, der Lehrer des Philologen Karl Friedrich Hermann, feiert P. als den „gelehrtesten Lehrer, vor dem die durch rothe Mäntelchen ausgezeichneten patricischen Jünglinge wie die blauen Currentschüler Ehrfurcht hatten“, der „zu groß war für kleinliche Pedanterie“. Nach anderer zeitgenössischer brieflicher Darstellung war er „ein Mann von Kenntnissen und Geschmack, der auch auf Akademien ein philologisches Lehramt mit Ehren und Nutzen hätte verwalten können, über den Goethe ehedem bei seinen Bekannten geurtheilt habe, daß er mehr Geschmack hätte als Ernesti“. Der bekannte Vertreter der rationalistischen Theologie in Jena Johann Philipp Gabler, sein Schüler, spricht in Verehrung von ihm. Zahlreich sind seine litterarischen Veröffentlichungen, darunter 119 Schulprogramme in lateinischer oder deutscher Sprache; pflichtgemäß sollte er jährlich vier Einladungschriften zu den Prüfungen und Schulfeierlichkeiten verfassen. Bis an sein Ende liebte er es, seine Gedanken über allerlei Gegenstände, ernste und scherzhafte, in lateinischen Versen auszudrücken. Etwa zwei Jahre vor seinem Tode beschrieb er seinen Lebenslauf in 203 lateinischen Hexametern; die Verse 125–191 fordern einen durchgeistigten Schulbetrieb der classischen Sprachen und geben sein gesundes Urtheil über die wechselnden Moden der Pädagogik wieder. (Diese vita ist abgedruckt im Herbstprogramm 1814 des Frankfurter Gymnasiums, S. 11–19.) Gegen Ende seines Rectorats mußte er mit Betrübniß gewahren, wie das innere und äußere Wachsthum der ihm anvertrauten Bildungsanstalt durch ungünstige Zeit- und Ortsverhältnisse und den Mangel an tüchtigen Lehrkräften gehemmt wurde. Vom Frühjahr 1803 an war er „durch Verdienst, Alter und die Folgen des Alters von allen bestimmten Arbeiten freigesprochen“. Bald nach der würdigen Feier seines durch eine Festrede des bedeutenden Theologen W. Fr. Hufnagel ausgezeichneten fünfzigjährigen Lehrerjubiläums wurde er am 20. Mai 1806 mit dem Professortitel in den Ruhestand versetzt. Die philosophische Doctorwürde war ihm am 18. März 1798 verliehen worden. Schüler und Verehrer ließen, um ihn zu feiern, eine Denkmünze prägen. (Auf der Vorderseite eine Pietas mit ihrem Symbol, dem Storch, zur Seite, über einen Altar einen Sternenkranz haltend; auf der Rückseite die Inschrift: Meritis Jo. Ge. Purmanni Gym. Moeno-Francof. Rectoris quum rem scholasticam per X lustra administrasset [155] Cultores M. D. CCCVI.) Der greise Emeritus erlebte noch die sieben Jahre der Regierung des Fürsten Primas und nachmaligen Großherzogs Karl von Dalberg, der ihn besonders schätzen lernte und ihm die „goldene Verdienstmedaille“ verlieh. P. starb „mit der Hoffnung des möglich gewordenen Wiederaufblühens der Stadt, der er eine so lange Reihe von Jahren zu nützen gestrebt hatte“, am 11. December 1813, wenige Tage vor der wiedergewonnenen Reichsfreiheit Frankfurts.

Die Titel seiner gedruckten Schriften sind zu finden bei Strieder, Hessische Gelehrtengeschichte, und bei Meusel, Gelehrtes Teutschland (Bd. 6, 10, 11, 15). – Seine „Orationes scholasticae et carmina“ sind handschriftlich im Archiv des Frankfurter Lessing-Gymnasiums erhalten.