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Artikel „Purgoldt, Johannes“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 713–714, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Purgoldt,_Johannes&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 12:28 Uhr UTC)
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Purgoldt: Johannes P., Jurist. Aus der Lebensgeschichte Purgoldt’s wissen wir nur, daß er um die Mitte des 15. Jahrhunderts geboren, einer angesehenen, wohlhabenden Familie Thüringens entstammt, zwischen 1480–90 Beisitzer des Schöffenstuhles zu Eisenach war, 1490 daselbst als Stadtschreiber erwähnt wird und muthmaßlich zu Anfang des 16. Jahrhunderts ein Rechtsbuch abfaßte, welches für die geschichtliche Entwicklung des Rechtes in Deutschland von hohem Belange, und in drei Handschriften (der Eisenacher, Wolfenbüttler und Hamburger) auf uns gekommen ist. Das Werk besteht aus 12 in Capitel oder Abschnitte getheilten Büchern, von denen sich die ersten vier mit dem bürgerlichen Rechte, das fünfte bis achte mit dem Processe, das neunte und zehnte mit der städtischen Organisation befassen; das elfte und zwölfte handeln vom „gothaischen Stadtrechte“, welches mit dem vorangehenden Texte weder in Zusammenhang steht, noch P. zum Verfasser hat. Mit Ausnahme des zweiten und zwölften Buches beginnt jedes mit einer gereimten Vorrede, von denen jene zum dritten, vierten und zehnten Buche in den Anfangsbuchstaben der einzelnen Verse (Akrosticha:) und die Vorreden zum neunten und elften in den Anfangssilben der fünf Strophen den Namen „Johannes Purgoldt“ erkennen lassen. So beginnt z. B. das 3. Buch (Ortloff S. 90):

Jch thadt uff zceyt bedenckenn
On neydt und argen wahn
Horet jar von seltzamen swenckenn,
Als es nuhn ist gethan.
Nimandt thut mehr fragen
Nach kunst, ern ader wycczen.
Ein ider das wyrdt clagen,
Szo er am gericht sall sycczen; etc. etc.

P. liefert eine systematische Zusammenstellung aus den verschiedensten Quellen, welche er am Schlusse der Capitel anzuführen pflegt. Er beabsichtigt weniger ein einheitliches Rechtsbuch, als die Wiedergabe umfangreichen Stoffes und die Aufzählung der am Anfange des 16. Jahrhunderts praktisch wichtigsten Sätze. Hauptbestandtheile des Werkes sind deutsche Rechtssätze des Landrechts, Weichbildrechts und Stadtrechts. – Nach P. (VI. 2) ist Landrecht das gemeine Recht zu Sachsen und Thüringen, Weichbildrecht das gemeine Recht der Städte dieser Länder und Stadtrecht das Recht der Stadt Eisenach, für die er zunächst schreibt. Mit dem deutschen Rechte verbindet er das römische, besonders die Institutionen, das canonische nach Meister Wilhelm, Meister Heinrich von Merseburg und Meister Peter in seiner Summa, ferner viele Sätze des mosaischen Rechtes und der Bibel, welche er göttliches Recht nennt. Außerdem citirt er häufig Kirchenväter und Stellen aus den Classikern. Im neunten und zehnten Buch, von der Stadtverfassung entwirft er im Anschlusse an Cicero und Aristoteles eine Art Politik, worin er Rathschläge für Behandlung der öffentlichen Geschäfte, ebenso für das Verfahren und Betragen der Beamten und Gemeinde-Vertreter ertheilt. Die Hauptquelle für den deutschrechtlichen Inhalt bildet das sogenannte „Rechtsbuch [714] nach Distinctionen“, aus welchem ganze Capitel genommen sind. Dr. Friedrich Ortloff, Oberappellationsgerichtspräsident zu Jena, hat im 2. Bande seiner Sammlung Deutscher Rechtsquellen (Jena 1860) Purgoldt’s Rechtsbuch kritisch herausgegeben, in der Einleitung (Seite 1–16) den Inhalt mit großer Genauigkeit angegeben und den Werth der Eingangs erwähnten drei Handschriften gründlich besprochen. Die zwei letzten Bücher (11 u. 12), welche wie bemerkt ein gothaisches Stadtrecht ohne alle systematische Ordnung enthalten, sind dem Werke unseres Juristen nur zufällig beigefügt, gehen zum Theile von andern Rechtsgrundsätzen aus als die übrigen Bücher und ihren Inhalt bilden Gerichtswesen, Privat- und Strafrecht.

Otto Stobbe, Gesch. der deutsch. Rechtsquellen, 1. Band, 2. Abth., S. 144–147. – Ortloff a. a. O.