ADB:Preuß, Johann (evangelischer Theologe)
Friedrich Wilhelm eine Freistatt gewährte, ins Brandenburgische; sein eigentlicher Wohnsitz scheint nun Königswalde bei Frankfurt a/O. gewesen zu sein; doch bediente er als Geistlicher die zerstreuten Socinianer in Schlesien, in der Lausitz und in der Mark. Sein Eifer, Proselyten zu machen, soll ihn in Küstrin im J. 1664 auf kurze Zeit ins Gefängniß gebracht haben. Zuletzt scheint er ständiger Prediger der kleinen socinianischen Gemeinde in Selchow gewesen zu sein. Sein Nachfolger als Reiseprediger war Samuel Crell, (s. A. D. B. IV, 586), dessen Ausbildung P. geleitet hatte, und der dann sein Schwiegersohn wurde. – P. hat anonym und pseudonym verschiedene theologische Abhandlungen zur Vertheidigung des Socinianismus geschrieben; hauptsächlich aber ist er als vortrefflicher Dichter geistlicher Lieder bekannt geworden und kann als solcher (nach Goedeke) mit seinem Landsmann Johann Franck verglichen werden. Er selbst hat drei Sammlungen eigner Lieder herausgegeben: „Herzliches Saitenspiel“ 1657 (192 Lieder), „Geistlicher Weihrauch“ 1662 und „Fastenspeise“ 1678. Sechs Lieder von ihm fanden schon Aufnahme in dem „Passionale melicum“ von Martinus Janus, Görlitz 1663, einem evangelischen Gesangbuche; eine große Anzahl finden sich dann in dem zu [581] Lauban 1720 unter dem Titel „Himmlischer Zeitvertreib“ erschienenen Gesangbuche, und so mögen sich früher auch in andern Gesangbüchern evangelischer Gemeinden Lieder von ihm gefunden haben.
Preuß: Johann P. (auch Preuße genannt) wurde im J. 1620 zu Guben in der Niederlausitz geboren, wo sein Vater Weißgerber war, und starb im J. 1696 als socinianischer Prediger zu Selchow im Brandenburgischen an der schlesischen Grenze. Er hat ein bewegtes Leben geführt und nur wenige Daten aus seinem Leben lassen sich genau angeben. Er studirte zuerst in Königsberg, wo er am 17. September 1644 immatriculirt ist (?); hernach bezog er holländische Universitäten. Hier scheint er antitrinitarische Ansichten gewonnen zu haben. Er hat darauf in Polen gelebt, und als er von hier im J. 1656 in seine Heimath zurückkehrte, war er Socinianer geworden. Deshalb genöthigt (?) Guben zu verlassen, ging er wieder nach Polen, wo er nun Prediger bei den Socinianern wurde. Als diese im J. 1660 Polen verlassen mußten, zog er mit den sog. „polnischen Brüdern“, denen Kurfürst- Jöcher III, Sp. 1767. – Rotermund zum Jöcher VI, Sp. 875 f. – Dunkel, hist. krit. Nachrichten, 3. Band, 1. Theil, S. 107 ff. – Unschuldige Nachrichten vom J. 1713, S. 572 ff., S. 579 ff. – Wetzel, analecta hymnica II, S. 612 ff. – Bock, hist. antitrinitariorum I, 2, p. 647 ss. – Arnold, Kirchen- und Ketzerhistorie, 2. Band, (Schaffhausen 1741) S. 175. – Goedeke, Grundriß, 1. Aufl., II, S. 478, Nr. 164. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., 4. Bd., S. 183 f.