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Artikel „Prešl, Karl Borsiwoj“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 569–572, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Presl,_Karl&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:54 Uhr UTC)
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Prešl: Karl Borsiwoj P., Arzt und Naturforscher, geb. zu Prag am 17. Februar 1794, † ebendaselbst am 8. October 1852. Auf dem Neustädter Gymnasium seiner Vaterstadt vorgebildet, studirte P. vom J. 1813 an ebenfalls in Prag Philosophie und Medicin und gewann durch die Theilnahme an den von seinem älteren Bruder Joh. Swatopluk unternommenen Excursionen reges Interesse für die Botanik, das ihn zufolge seiner geistigen Anlagen und besonders seines außerordentlichen Gedächtnisses schon frühzeitig zu litterarischer Thätigkeit auf diesem Gebiete befähigte. So betheiligte er sich bereits 1812 an der von seinem Bruder veranstalteten Herausgabe der Kryptogamenflora Böhmens, die unter dem Titel: „Flora Cechica, indicatis medicinalibus, oeconomicis et technologicis plantis“, 1819 erschien. Nach beendigtem Studium durchreiste P. im J. 1817 zu Fuß Ober- und Unteritalien, einschließlich Siciliens, und erforschte speciell die Flora der Gegend um den Aetna und die Nebroden. Das litterarische Ergebniß dieser Reise war die von ihm 1818 publicirte Dissertation: „Gramineae siculae“, auf Grund deren er sich den Grad eines Dr. med. erwarb. Zugleich brachte ihn diese Reise mit den bedeutendsten italienischen Botanikern, wie Tenore, Gussone, Russo u. A. in persönlichen Verkehr und lieferte ihm eine beträchtliche Ausbeute an Pflanzen, von denen er bereits einige neu von ihm aufgestellte Arten in der Regensburger botanischen Zeitung veröffentlichte. Als 1819 sein Bruder Johann Professor in Olmütz wurde, trat P. an desselben Stelle als Assistent bei Prof. H. Berg ein, in welcher Eigenschaft ihm auch die Beaufsichtigung und Ordnung der Naturaliensammlung der Prager Hochschule oblag. 1822 wurde er durch Verwendung des Grafen Kaspar Sternberg Custos der zoologischen und botanischen Sammlungen des böhmischen vaterländischen Museums in Prag; daneben versah er 1828 das Physicat des Berauner Kreises und führte auch von 1829 an vier Jahre hindurch das Secretariat der Prager medicinischen Facultät. Als 1831 die Cholera zum ersten Male als verheerende Epidemie in Oesterreich auftrat, entwickelte P. eine so erfolgreiche ärztliche Thätigkeit, daß ihm die Medicinalbehörde die Stelle eines zeitweiligen Choleraarztes übertrug, wobei er sich anerkennenswerthe Verdienste erwarb. Ein Jahr darauf erhielt P. eine Professur der allgemeinen Naturgeschichte und Technologie an der Prager Universität, neben welcher er die Stelle als Custos des böhmischen Museums beibehielt. In seiner Thätigkeit als akademischer Lehrer wird ihm nachgerühmt, daß er durch die Fülle und Klarheit seines Wissens in hohem Grade anregend auf seine Zuhörer gewirkt habe, wenngleich ihm die Gabe eines lebendigen und fließenden Vortrags versagt blieb. Während einiger Jahre hielt P. als Nachfolger des Prof. Ignaz Tausch eine Reihe von Vorlesungen über ökonomisch-technische Botanik im gräflich Canal’schen Garten und außerdem einige Vorträge in den gelehrten Gesellschaften der böhmischen Hauptstadt. Seine wissenschaftlichen Verdienste sind nicht unbemerkt geblieben. 1834 wurde P. Mitglied der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und im gleichen Jahre ernannte ihn die kaiserl. Akademie zu Wien zu ihrem correspondirenden Mitgliede. Schon vorher hatte ihm dieselbe Körperschaft die Mittel zu einer Reise ins Ausland gewährt behufs Vollendung seines größeren Werkes über die Farne: „Tentamen Pteridographiae“. Die Resultate dieser Reise wurden in seinem, der Akademie eingereichten Reiseberichte veröffentlicht. Außerdem besaß P. Diplome von der kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher, sowie der gelehrten naturwissenschaftlichen Gesellschaften zu Berlin, London und [570] Moskau. Gelegentlich des fünfhundertjährigen Jubiläums der Prager Universität im J. 1848 wurde P. durch Verleihung des Doctorgrades honoris causa seitens der philosophischen Facultät ausgezeichnet und die wissenschaftliche Pflanzenkunde führt seinen Namen weiter in zahlreichen Pflanzengattungen und -Arten. Erst 58 Jahre alt starb P. nach langwieriger Krankheit, ungeachtet deren er bis in die letzten Lebenstage hinein schriftstellerisch thätig blieb.

Im Gegensatze zu seinem Bruder, der in seinem Bestreben, die slavische Litteratur möglichst zu fördern, seine Arbeiten fast sämmtlich in czechischer Sprache schrieb, benutzte P. fast durchweg das deutsche neben dem lateinischen Idiom, was seinen Werken eine viel größere Verbreitung in der gelehrten Welt sicherte. Nur einige wenige Aufsätze erschienen in böhmischer Sprache in der encyclopädischen Zeitschrift „Krok“ in den Jahren 1821 und 1822. Mit Joh. Swatopluk gemeinsam verfaßte P. außer der bereits erwähnten Flora Böhmens noch eine Arbeit: „Deliciae pragenses, historiam naturalem spectantes“, von welcher indessen nur der erste Band 1822 erschienen ist. Die Pflanzenausbeute aus der italienischen Reise bearbeitete P. außer in seiner Dissertation, welche nur die sicilianischen Gräser behandelt, noch in zwei anderen größeren Publicationen. Die erstere derselben vervollständigte die Dissertation durch Hinzunahme der Cyperaceen und kam als: „Cyperaceae et Gramineae siculae“ 1820 in die Oeffentlichkeit. Die zweite sollte eine vollständige Flora der Insel Sicilien werden. Sie kam leider nicht zur Vollendung. Es erschien 1826 ein einziger Band unter dem Titel: „Flora Sicula exhibens plantas vasculosas in Sicilia aut sponte crescentes aut frequentissime cultas, secundum systema naturale digestas“. In der speciellen Anordnung und Bestimmung der Pflanzen dem Decandolle’schen Prodromus folgend, hat P. in diesem Werke auf Grund des gegen 2000 Gefäßpflanzen umfassenden Materials, das ihm sein halbjähriger Aufenthalt in Italien verschafft hat, eine Reihe neuer Gattungen und viele neue Arten selbständig aufgestellt, wobei er mehr das Princip der Trennung, als das der Vereinigung der species befolgte. Ein Verdienst dieser Flora liegt in der bis dahin in ähnlichen Werken ganz vernachlässigten Rücksichtnahme auf die geographische Verbreitung, so daß es nur zu bedauern ist, daß sie unvollendet geblieben ist. Der Böhme Thaddäus Hänke hatte schon vom Jahre 1789 an im Auftrage der spanischen Regierung das westliche Südamerika, die Küste von Kalifornien, Mexico, die Philippinen und Gesellschaftsinseln botanisch durchforscht. Die von ihm nach Europa geschickten Pflanzen, von denen jedoch nur die Hälfte gut erhalten in den Besitz des böhmischen Museums zu Prag gelangte, wurden im Auftrage dieser Anstalt von mehreren Schriftstellern unter Presl’s Redaction bearbeitet. Dieses Florenwerk erhielt den Titel: „Reliquiae Haenkeanae, s. descriptiones et icones plantarum quas in America meridionali et boreali, in insulis Philippinis et Marianis collegit Th. Haenke“. Es erschienen von demselben während der Jahre 1825–1835 zwei Bände, von denen der erste in fünf Fascikeln 80, der zweite in zwei Fascikeln 24 Kupfertafeln enthält. Die meisten Pflanzenfamilien hat P. selbst bearbeitet, das Werk aber nicht bis zum Schlusse fortgeführt. Ebenfalls unvollendet blieb ein zweites, 1830 begonnenes zweibändiges Prachtwerk: „Symbolae botanicae sive icones et descriptiones plantarum novarum vel minus cognitarum“. Den bis 1839 erschienenen acht Fascikeln sind 80 wohlgelungene Abbildungen mitgegeben, die zum größten Theile von P. selbst entworfen sind. Von seinen floristischen Schriften bleiben noch einige kleinere, meist in Zeitschriften veröffentlichte Abhandlungen zu erwähnen, wie Text zu C. von Sternberg’s „Flora der Vorwelt“, 1833 – Flora of Carlsbad (Jean de Carro’s Essay on the mineral waters of Carlsbad, 1835) – Geognostisch-charakteristische Uebersicht der Flora der einzelnen Kreise Böhmens [571] (G. Sommer’s Topographie von Böhmen 1835–1849). Großen Raum in Presl’s schriftstellerischer Thätigkeit nehmen seine monographischen Werke ein. In dieser Beziehung hat das meiste Aufsehen erregt seine Monographie der Farne. Diese Arbeit erschien 1836 in den Abhandlungen der königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften unter dem Titel: „Tentamen Pteridographiae, s. genera Filicacearum praesertim juxta venarum decursum et distributionem exposita“. Nach Gaudichaud, welcher schon früher den Aderverlauf in den Wedeln der Farne als ein systematisch gut zu verwerthendes Eintheilungsprincip bezeichnete, hat P. zuerst bei der systematischen Bearbeitung dieser Familie dieses Princip auch folgerichtig durchgeführt. Es lag ihm dabei ein reiches Pflanzenmaterial von mehr als 2000 Arten aus zahlreichen öffentlichen und privaten Herbarien vor, das er sorgfältig nach einer und derselben Methode untersuchte, überzeugt, daß die Verästelung der Gefäßbündel in dem sogenannten Farnblatte unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Stellung der sori eine natürliche Abgrenzung der Gattungen und Arten ermögliche. Den Namen frons für das in Rede stehende Organ behielt er bei, obwol er es für durchaus morphologisch gleichwerthig mit den Laubblättern der Phanerogamen ansah. Nach seiner Aufstellung nun bilden die echten Filices 117 Gattungen in 11 Tribus, die zum Theil wieder in Subtribus getheilt sind. Er giebt für jede Gattung den Gattungscharakter an nebst einer Aufzählung der von ihm dazu gerechneten Species. Zur Erläuterung der Beschreibungen dienen zahlreiche Darstellungen des Aderverlaufes bei verschiedenen Gattungen und Arten. Auf der letzten Tafel sind auch Abbildungen der Sporen und der Art des Aufspringens von acht Gattungen gegeben, in starker Vergrößerung nach Zeichnungen von Corda, was im Text nicht weiter erwähnt ist. Eine Figurenerklärung und ein vollständiges Register beschließen das Werk. Anfänglich hatte W. J. Hooker, der als Monograph der Farne ein competentes Urtheil fällen konnte, das Presl’sche System beifällig begrüßt, später indessen sich dagegen ausgesprochen und in seinem 1844 erschienenen ersten Theile seines berühmten Werkes „Species Filicum“ die Presl’schen Gattungen fast völlig unberücksichtigt gelassen. Die übrigen Botaniker sind Hooker’s Urtheil gefolgt. Als eine Ergänzung seines Tentamen ließ P. 1845 ein Supplementum erscheinen[WS 1], in welchem er die verwandten Familien der Marattiaceen und Ophioglossaceen in ähnlicher Weise behandelte. Auch die Hymenophyllaceen gaben Anlaß zu einer selbständigen Bearbeitung, die P. 1843 ebenfalls in den Abhandlungen der Prager Gesellschaft der Wissenschaften veröffentlichte. Entgegen seiner früher ausgesprochenen Ansicht, daß die Hymenophyllaceen in die Nähe der Marattiaceen zu setzen seien, betrachtet er sie in der erwähnten Abhandlung als ein Verbindungsglied der Laub- und Lebermoose, was nicht als ein Fortschritt bezeichnet werden kann. Allerdings hatte P. neben der mühsamen Untersuchung dieser schwierigen Pflanzengruppe auch noch mit dem Mangel an ausreichendem Material und der Unzulänglichkeit der einschlägigen Litteratur zu kämpfen. Hooker hat sich auch hier gegen die von P. angenommene Vervielfältigung der Genera ausgesprochen. Im Uebrigen sind die 42 von ihm neu aufgestellten Arten nicht nur sehr genau beschrieben, sondern auch von Corda auf 12 Tafeln durchaus instructiv abgebildet. Die letztgenannten monographischen Arbeiten zeitigten auch eine anatomische Untersuchung des Baues der Gefäßbündel im Stipes der Farne. Die verschiedenartige Anordnung der Gefäßbündelelemente verwerthete er ebenfalls als systematisches Unterscheidungsmerkmal und vervollständigie oder berichtigte hiernach die in seinen früheren Arbeiten über die Gefäßkryptogamen ausgesprochenen Ansichten, so daß er als Resultat dieser Untersuchung in der 1847 im ersten Heft der Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften publicirten Arbeit wiederum eine Reihe [572] neuer Gattungen und Species von Farnen unterschied. Von sonstigen monographischen Arbeiten Presl’s sei noch diejenige über die Familie der Lobeliaceen besonders erwähnt. Sie erschien als „Prodromus monographiae Lobeliacearum“ 1835 in den mehrfach citirten Abhandlungen der Prager Akademie und enthält die lateinischen Diagnosen von 23 Gattungen und von gegen 60 weniger bekannten oder neuen Arten. Die sicher bekannten Arten, 268 an Zahl, sind nur namentlich angeführt mit ihren Synonymen, deren Anzahl durch einen unnöthigen Namenwechsel nicht unbeträchtlich angeschwollen ist. Specielle Fundörter fehlen; es sind leider nur die größeren geographischen Gebiete angegeben, wie Mexico, Peru, Neu-Holland u. s. w. Vielleicht sollten die genaueren Standorte einer ausführlichen Monographie der genannten Familie beigegeben werden. Eine solche ist indessen diesem Vorläufer nicht gefolgt. Von nichtbotanischen Arbeiten Presl’s seien noch angeführt die beiden Werke: „Anleitung zum Selbststudium der Oryktognosie in technischer Beziehung“ 1834 und: „Naturgeschichte des Thierreichs für Kinder und den ersten Unterricht“, 2 Abth., 1837–1840. Das Buch ist eine Fortsetzung des gleichnamigen Werkes von Ramisch und behandelt Reptilien, Amphibien und Fische in neun Lieferungen mit 143 Abbildungen. Von seinen botanischen Publicationen erschienen noch als selbständige Werke eine Uebersetzung aus dem Englischen: „Asclepiadeae a Rob. Brown recensitae“ 1819; ferner: „Epistola de Symphysia, novo plantarum genere ad. Jos. de Jacquin 1827 und: „Revisionis Saxifragarum Comitis de Sternberg supplementum alterum“ 1831; endlich: „Repertorium botanicae systematicae. Excerpta e scriptoribus botanicis“ 1833, wovon nur zwei Hefte erschienen sind. Die übrigen, meist kleineren Schriften botanischen Inhalts finden sich in verschiedenen Zeitschriften zerstreut. Es sind folgende: Das Hänke’sche Herbar im böhmischen Museum (Monatsschrift der Gesellsch. des vaterl. Mus., Prag 1828); verm. bot. Aufsätze (ibidem 1832); Beschreibung zweier neuer böhmischer Arten der Gattung Asplenium (ibid. 1836); Beiträge zur Kunde vorweltlicher Pflanzen (ibid. 1838); Beschreibung einer neuen böhmischen Ulmenart (ibid. 1841); Bemerkungen über den Bau der Balsamineen (Abh. d. königl. böhm. Ges. d. Wissensch. 1836); botan. Bemerkungen (ibid. 1844); Epimeliae botanicae (ibid. 1847); über eine neue Art der Gattung Gentiana (Flora 1828); Bemerkungen zu einigen Herbarien Fr. W. Sieber’s (Oken’s Isis 1828); über das Abfallen der Blätter bei den Monocotyledonen (ibid. 1834); über die Monstrositäten der Blumen einiger Cruciferen (Linnäa 1831); Orobella, eine neue Pflanzengattung (Weitenweber’s Beiträge zur ges. Natur- und Heilwissenschaft 1837); Cyphiaceae (Meyer’s[WS 2] Comment. plant. Afr. austr., Th. II 1839 und Ecklon und Zeyher’s Enumeratio etc., Bd. III. 1839).

Wurzbach, Biogr. Lexikon. – Nekrolog von Dr. Weitenweber in Abhandl. d. königl. böhm. Ges. der. Wiss., Bd. VIII, 1854.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erschienen
  2. Vorlage: Meyen’s