ADB:Poeonius, Martinus
Goedeke (vgl. unten) der Dichter eines Liedes „Vom hochwürdigen Sacramente des Leibes und Blutes Jesu Christi“, das mit den Worten „Verleih uns Gnad, Herr Jesu Christ, von dir herzlich zu singen“ beginnt, dreizehn zehnzeilige Strophen (nach der Melodie: Durch Adams Fall u. s. w.) umfaßt und in einem undatirten Einzeldruck aus der Mitte des 16. Jahrhunderts vorliegt. Auf einem anderen Einzeldruck, wie wenigstens anzunehmen ist, wenn Goedeke’s Angabe richtig ist, heißt der Dichter Martinus Poconius; dieser letztere Druck befindet sich auf der Berliner Bibliothek (vgl. auch Heyse’s Bücherschatz S. 68, N. 1089). Dasselbe Lied mit sehr wenigen Abweichungen befindet sich (ohne die dreizehnte Strophe) in Johan Schönbrun’s Liedern, gedruckt Erfurt 1557, und ist deshalb von Wackernagel in seinem „Deutschen Kirchenlied“ (Bd. 3, S. 849, No. 1000) als ein Lied Schönbrun’s mitgetheilt. Sechs Strophen des Liedes (nämlich die 1., 2., 3., 5., 6. und 7.) sind als besonderes Lied anonym in einem Drucke von drei Liedern Erfurt 1544 erschienen (gedruckt von Merten Dolgen, vgl. Wackernagel a. a. O. S. 827 und 850). Auf den Einzeldrucken (jedenfalls auf dem in Berlin vorhandenen) wird der Verfasser (Poeonius oder Poconius) bezeichnet als Pastor zu Road an der Regnitz, was (vgl. unten) darauf hinweist, daß sie vor 1550 erschienen sind. Wahrscheinlich ist er auch derjenige, von welchem eine in böhmischer Sprache erschienene Disputation darüber, daß den Laien auch der Kelch zu reichen sei, [356] ins Deutsche übersetzt ist; wenigstens nennt v. d. Hardt zwei Drucke dieser Uebersetzung aus den Jahren 1523 (?) und 1546, in welchen der Uebersetzer Martinus Poeonius heißt; Goedeke nennt ihn Peonius; auf der Berliner Bibliothek sind fünf Drucke dieser Schrift, auf denen er zweimal Paonius, zweimal Boeonius und einmal Boenius heißt. Diese verschiedenen Drucke sind meistens ohne Jahresangaben; die datirten sind aus den Jahren 1546 und 1558. Im J. 1550 erschienen zu Nürnberg, gedruckt durch Johann Daubman, drei Trostbriefe an Martin Arnoldt zu Bayreuth in seiner Gefängnuß „von der Kraft des göttlichen Wortes und des Glaubens“ durch Martinum Paeonium, Prediger daselbst (d. h. also in Bayreuth). Rotermund, der den Verfasser Paeon nennt, führt auch eine im J. 1548 zu Nürnberg von demselben als Pfarrherrn zu Road an der Rednitz (so!) herausgegebene Osterpredigt an, wodurch die Identität mit unserm Poeonius erwiesen ist. Die Namensform Paeonius erinnert uns nun aber daran, daß am 2. Januar 1543 zu Wittenberg gratis inscribirt wurde Martinus Paeonius Tirnawer Carinthius, nach welcher Angabe unser P. aus Tirnawer (Tirnava?) in Kärnthen stammt. Ob sich nun diese verschiedenen Einzelangaben noch einmal zu einem genügenden Lebensbilde werden vervollständigen lassen, muß zunächst dahingestellt bleiben.
Poeonius: Martinus P. heißt nach- Rotermund zu Jöcher hat zwei Artikel, einen Martin Paeon Bd. V, Sp. 1376, und einen Martinus Poenius Bd. VI, Sp. 464; die letztere Form scheint, wie sich aus der Stellung des Artikels in der alphabetischen Folge ergiebt, Druckfehler für Poeonius zu sein. – (Von der Hardt), Autographa Lutheri III, S. 95 und I, S. 508. – Goedeke, Grundriß, 2. Aufl., II, S. 187, N. 50 und S. 274, N. 77. – Foerstemann, Album academiae Vitebergensis, p. 204a. – (Martin Arnoldt hatte nach Rotermund seine Frau ermordet.)