ADB:Plieningen, Dietrich von (1. Artikel)

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Artikel „Plieningen, Dietrich von“ von Theodor Schott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 297–298, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Plieningen,_Dietrich_von_(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 11:18 Uhr UTC)
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Plieningen: Dietrich v. P. (auch Pleningen und Plenningen, latinisirt Plinius)[WS 1], geb. ca. 1450, † 1520, entstammte dem alten, schon 1142 erwähnten ritterlichen Geschlechte v. P., welches in dem gleichnamigen Dorfe (zwei Stunden von Stuttgart entfernt) seine Heimath hatte. Sein Vater, Diether v. P. wurde 1480 mit der bei Kleinbottwar (Dorf O.-Amts Marbach) gelegenen Burg Schaubeck belehnt, das Familienbegräbniß war seitdem in Kleinbottmar, dessen Kirche zahlreiche Grabsteine des 1641 ausgestorbenen Geschlechts beherbergt; 1471 verlor Dietrich seine Mutter Margarethe v. Benningen. Die überaus dürftigen Nachrichten über seinen Lebensgang lassen uns auch darüber im Stiche, wann und wo er Rechtswissenschaft studirte. 1475 finden wir ihn in Gesellschaft seines jüngeren Bruders Johannes in Pavia, dort soll er Doctor der Rechte geworden sein. Neben seinem Berufsfache zogen den begabten und wohlhabenden Edelmann, der sich, den Briefen seiner Freunde nach zu schließen, durch Liebenswürdigkeit und treue Freundschaft auszeichnete, humanistische Studien an; aufs mächtigste wurde er von den Schätzen des Alterthums angeregt, mit den bedeutendsten Vertretern des Humanismus, der damals seinen Eroberungszug über die Alpen begann, trat er in Freundschaft und Correspondenz, er selbst gehörte zu den eifrigsten Beförderern desselben. Mit Johann v. Dalberg ([WS 2]s. A. D. B. IV, 701 ff.), mit Rudolf Agricola (s. A. D. B. I, 151 ff.) schloß er die innigste Freundschaft, es war ein gegenseitiges sich Fördern und Unterstützen, und wenn P. den vielseitigen, glänzend begabten Agricola als seinem Lehrer unendlich vieles verdankte (Agricola corrigirte für ihn eine Handschrift der Briefe von Plinius), so suchte P. seinerseits die Thätigkeit des etwas unstäten Freundes festen, seiner Kenntnisse würdigen Aufgaben zuzuwenden. Am 29. Nov. 1475 folgten die Brüder einer Einladung Agricolas nach Ferrara. Mitte 1476 (Juli?) verließ P., dem Rufe seines Vaters folgend, Pavia, wo er sich zuletzt aufgehalten, sein Bruder blieb noch längere Zeit, 1482 war er noch oder wieder in Rom. Nach seiner Rückkehr trat Dietrich in die Dienste des Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen von der Pfalz (1486–1508), der ihn 1482 zu seinem Rath ernannte, mit wichtigen Missionen (1490 nach München) betraute, zu Reichstagen z. B. 1487 in Nürnberg mitnahm, eine Zeitlang auch zum Reichskammergericht deputirte. Dem hochgebildeten und kunstsinnigen, für die Hebung seiner Universität Heidelberg eifrig besorgten Fürsten stand P. aufs treueste bei; Heidelberg wurde ein hervorragender Mittelpunkt des deutschen Humanismus, besonders seitdem Joh. v. Dalberg als Bischof von Worms Kanzler der Universität geworden war (1482), mit ihm bewohnte er den Münzhof. Von den italienischen Freunden war es namentlich Agricola, welchen Plieningen’s Bemühungen für Heidelberg gewannen; Celtes, Wimpheling, Reuchlin und andere bildeten den schönen bedeutenden Kreis, welcher in Heidelberg eine Blüthezeit wissenschaftlichen Lebens hervorrief. Der angesehene, vielerfahrene schwäbische Edelmann gehörte als ebenbürtiger Genosse demselben an, er stand mit den bedeutendsten Trägern des Humanismus in Correspondenz, war auch eifriges Mitglied der von Celtes gegründeten sodalitas litteraria Rhenania. Sein Bruder Johann, der Canonicus in Worms und Propst in Mosbach geworden war, veranstaltete auf seine Aufforderung eine Sammlung der Werke des früh verstorbenen viel betrauerten Freundes Agricola, derselbe schrieb auch, da Dietrich zu beschäftigt war, eine kurze lateinische Biographie des Freundes und Lehrers. 1493 war er Vicarius von Dalberg als Bischof von Worms, 1495 Reichskammergerichtsassessor [298] in Frankfurt, 1501 nahm er als Vertreter des Herzogs Albrecht von Baiern, in dessen Dienste er (wann?) getreten war, Theil am Reichsregimentstag in Nürnberg, 1512 war er dessen Gesandter beim schwäbischen Bunde; 1513 finden wir ihn beim Reichstag in Worms, dort vollendete er die Uebersetzung des Sallust. In bedauerlichster Weise schwinden die Nachrichten über ihn zusammen, wir wissen nur, daß er meistens in Landshut sich aufhielt, wo auch seine Schriften erschienen. Sein Bruder Johann starb 1506, seine erste Hausfrau Anna von Memerßwiler 1510, er selbst 1526; sie alle sind in Kleinbottwar begraben.

P. gehörte zu den deutschen Humanisten, welche in der Beschäftigung mit den alten Classikern ihre liebste Erholung fanden und durch die Kenntniß der Alten moralisch auf ihre Landsleute einwirken wollten, dazu sollten die Uebersetzungen und Auszüge aus ihren Werken dienen, durch welche P. sich auch litterarisch bekannt gemacht hat: „Gaij Pliny des andern Lobsagung“, Landßhut 1515; „Des hochberomten Latinischen historischreibers Salustii zwo schone historien: von des Catilinen u. Jugurthen kriegen“. ibid. eod.; „ain kurtzer außzuge vom Seneca, wye man die Kinder auftziechen soll“. ibid. eod.; „Von Klaffern, zway püechlein: das ein Lucianus, das ander Poggius“. ibid. eod. „Anntwort auff zwo Fragen“. ibid. 1516. Die Uebersetzungen sind etwas ungelenk, reich an Provinzialismen, ihrem praktischen Zwecke entsprechend. Aus seiner Bibliothek kamen einige schöne Handschriften und Incunabeln in die Stiftsbibliothek Comburg und von dort in die königl. öffentliche Bibliothek (Stuttgart, cod. poet. et philos. 36 4° und 77 4°).

Eine würdige Biographie fehlt noch; vgl. über ihn: Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens etc. III, 348. – Geiger, J. Reuchlin, S. 42 f. – Beschreibung d. OA. Marbach, S. 228; besonders Hartfelder, Unedirte Briefe v. R. Agricola und dess. deutsche Uebersetzungen classischer Schriftsteller a. d. Heidelb. Humanistenkreis. Heidelberg 1884. – Morneweg, Johann von Dalberg. Heidelberg 1887.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 53 ein ergänzender Artikel.
  2. Vorlage: ((