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Artikel „Pape, Joseph“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 754–756, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pape,_Joseph&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 15:30 Uhr UTC)
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Pape: Joseph P. wurde am 4. April 1831 in Eslohe, einem größeren Dorfe des westfälischen Sauerlandes als der Sohn schlichter Bauersleute geboren und wuchs unter der Hut einer früh verwittweten Mutter als deren einziges Kind in der Fülle katholisch-westfälischen Volkslebens heran. Da er sich für jede anderweite Thätigkeit ungelehrig zeigte, wurde er für den gelehrten Stand bestimmt und nach genossener privater Vorbildung dem Gymnasium in Arnsberg zugeführt, das er nach sechs Jahren 1849 absolvirte. Er studirte dann in München, seit 1850 in Tübingen und seit 1851 in [755] Berlin Rechtswissenschaften, erwarb sich als Auscultator und Referendar bei verschiedenen Gerichten seiner Heimath die vorschriftsmäßige praktische Ausbildung, wurde 1858 Assessor, 1861 Rechtsanwalt und Notar zu Hilchenbach im Siegerlande und vermählte sich hier noch in demselben Jahre mit Josephine Boese, mit der er bis zu ihrem Tode (1888) in glücklichster Ehe lebte. Im J. 1876 ließ sich P. beim Amtsgericht in Büren in Westfalen als Rechtsanwalt nieder, wurde 1885 zum Justizrath ernannt und starb daselbst am 16. Mai 1898.

P. hat sich als Dichter auf den verschiedensten Gebieten versucht; aber wol selten hat ein Dichter eine so verschiedenartige Beurtheilung gefunden als er. In seiner Jugend noch innerhalb der großen Erinnerungen des deutschen Reiches stehend, sind ihm Kirche und Reich die Brennpunkte seines poetischen Schaffens und Wirkens, und nur durch die Versöhnung Beider kann eine neue Herrlichkeit des deutschen Vaterlandes hervorgehen: dieser Grundgedanke zieht sich durch die ersten Werke des Dichters. In ihnen greift er zu den alten Sagen und Märchen zurück, die ja noch immer lebendig sind, die er aber, da sie an sich keinen Glauben beanspruchen können, symbolisch zu vertiefen sucht, um in ihnen die christliche und nationale Weltanschauung wiederzuspiegeln. So soll denn „Der getreue Eckart. Epos von deutscher Entzweiung und Versöhnung“ (1854, 3. Aufl. 1883) aus der Zeit des Verfalls der fränkischen Kaiserreiche, „Schneewittchen vom Gral. Epos“ (1856, 3. Aufl. 1883) aus der Zeit des großen Interregnums ein Spiegelbild für unsere Zeit werden, wobei der Dichter zugleich die Kraft der großen mittelalterlichen Volksepen auf seine Darstellung einwirken läßt und der Romantik freien Spielraum gewährt. Ansprechender als diese beiden Epen sind die auf patriotischer Grundlage beruhenden idyllischen Romanzen in „Jofephine. Liebe, Glaube und Vaterland“ (1854, 3. Aufl. 1868). Die Sehnsucht nach einem großen einigen deutschen Reich durchzieht auch den Lyriker P. in seinen „Dem Vaterlande“ (1869) gewidmeten Gedichten, und als er sie 1870 gestillt sah, da trat er denn auch begeistert ein für das neue deutsche Reich in späteren patriotischen Dichtungen, wie sie die 3. Auflage seiner „Gedichte“ (1857) Vom Jahre 1875 enthält. „Sehr reichlich fließt ihm auch der Born religiöser Poesien; aber hier wird der Dichter oft weich und süßlich und noch häufiger allzu weitschweifig und redselig. Hier tritt auch der spezifisch katholische Standpunkt am stärksten hervor, insofern der Dichter nicht müde wird, seine frommen Gedanken in immer neue Formen von Legenden zu gießen, die er zumeist erst neu zu erfinden scheint.“ Hier wären auch noch „Die Trutznachtigall-Lieder der Liebe und des Lobes Gottes von Friedrich von Spee in die Sprache unserer Zeit umgedichtet“ (1862) zu erwähnen. Weniger bedeutend ist P. als Dramatiker. Von seinen Stücken sind zu nennen „Friedrich von Spee. Ein deutsches Trauerspiel“ (1857), das in 2. Ausgabe u. d. T. „Bertha Maria. Schauspiel“ (1868) erschien und nach geschehener Umarbeitung und wesentlicher Verkürzung u. d. T. „Aus deutscher Nothzeit“ in die Sammlung „Vaterländische Schauspiele“ (2. Aufl. 1875) aufgenommen ward. Letztere enthält außerdem noch „Herzog Konrad, oder: Der Sieg auf dem Lechfelde“ (sep. 1859) und „Das Liebespaar von Andernach“ (sep. 1870). Aber alle diese Dramen befriedigen ebensowenig, wie „Das Kaiserschauspiel“ (1886), das den viel behandelten Stoff des Streits zwischen Barbarossa und Heinrich dem Löwen vorführt. Auf dem Gebiete der Novelle hätte P. vielleicht mehr äußeren Erfolg erzielt, wenn er es mehr gepflegt hätte, aber wir besitzen nur eine Sammlung derselben „Aus verschiedenen Zeiten“ (1868) von ihm, welche drei sehr ansprechende Novellen („Pfalzgrafentöchterlein“ – „Kurfürstliches [756] Geschlecht“ – „Westfälische Fahrten“) enthält, dagegen aber noch eine Sammlung von Erzählungen in westfälischem Plattdeutsch „Jut’m Siurlanne fan Papen Jäusäip“ (1878). Eine natürliche Neigung zu theologischen Studien hat den Dichter nie verlassen, und besonders beschäftigten ihn apokalyptische und eschatologische Fragen. Verschiedene kleinere Schriften, die aber weniger für weitere Kreise bestimmt waren, sind die Früchte dieser Studien.

Persönliche Mittheilungen. – Karl Leimbach, Die Dichter der Neuzeit und Gegenwart, 8. Bd., S. 10. – Joseph Kehrein, Lexikon der kathol. Schriftsteller, 2. Bd., S. 1. – Dichterstimmen der Gegenwart. Poetisches Organ für das kathol. Deutschland, 12. Jahrg. 1898, S. 329. – Hermann Hartmann, Westfälisches Schatzkästlein, S. 236. – Heinrich Keiter, Zeitgenössische katholische Dichter Deutschlands, 1884, S. 166.