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Artikel „Pabst, Johann Heinrich“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 41–42, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pabst,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:42 Uhr UTC)
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Pabst: Joh. Heinrich P., geb. am 25. Januar 1785 zu Lindau bei Hildesheim, † am 28. Juli 1838 in Döbling bei Wien, Sohn eines Landmannes, besuchte die Schulen in Duderstadt und Heiligenstadt, worauf er die Universität Göttingen bezog, wo er Medicin studirte und an dem Philologen Heyne einen helfenden Gönner fand. Nachdem er dort 1807 promovirt hatte, begab er sich im Herbst 1808 nach Wien, wo er zunächst die Stelle eines Erziehers bei dem Freiherrn v. Moser übernahm; im Frühjahr 1809 kam er als Bataillonsarzt nach Linz, dann nach Pest und Erlau, woselbst er durch Krankheit genöthigt war, seinen Abschied zu nehmen, worauf er (1810) wieder nach Wien in das Moser’sche Haus zurückkehrte. Nachdem er durch eine Flechtenkrankheit ein Auge verloren hatte und hiedurch (1815) sein Plan, Geistlicher zu werden, gescheitert war, lebte er in stiller Zurückgezogenheit; entscheidend aber für seine schriftstellerische Thätigkeit war, daß er im Winter 1824/25 Ant. Günther kennen lernte, dessen eigenthümliche Auffassung der Philosophie ihn mächtig anregte, sowie er seinerseits wieder auf Günther zurückwirkte. Letzterer nämlich hatte bereits seit 1818 in den Wiener Jahrbüchern der Litteratur einige Sprühfunken von sich ausgehen lassen, sowie P. schon früher in Sartori’s „Vaterländischen Blättern“ (1809–14) in katholischer Schulphilosophie mit einer Hinneigung zu Schelling sich als Dilettant hatte vernehmen lassen. Nun aber ergab sich eine Personalunion der beiden Denker, wobei Günther durch seine eigenartige speculative Theologie mitwirkte, während P. einigermaßen Kenntnisse in den Naturwissenschaften beisteuerte, sowie der Veterinärarzt Joh. Imman. Veith als dritter im Bunde beitrat. Es handelte sich um den Plan, im Gegensatze gegen den Pantheismus jeder Art, besonders gegen den Hegel’schen, der Philosophie völlig neue Wege zu bahnen, auf welchen das Wissen und der Glaube, d. h. aber nur der katholische Glaube, zu einer höheren Einheit vereinigt werden sollten. So fallen in die nämlichen Jahre, in welchen Günther’s Hauptwerke erschienen (s. A. D. B. X, 153), auch die Schriften Pabst’s, und während durch Günther’s bajazzoartige Schreibweise Manche zurückgeschreckt wurden, wirkte P. in der That fördernd für Verbreitung der Günther’schen Philosophie. In der Schrift „Der Mensch und seine Geschichte, ein Beitrag zur Philosophie des Christenthums“ (1830, 2. Aufl. 1847) versteht P. unter Geschichte grundsätzlich nur den theologischen Begriff der Erlösung und entwickelt theosophische Erörterungen über [42] Trinität und Weltschöpfung, deren Schluß der Mensch als vollendete Objectivirung Gottes sei, woran sich entsprechende Lehrmeinungen knüpfen über ein immerwährendes Menschensein des Heilandes, sowie über die zwei Naturen in Christus und über einen Parallelismus zwischen Sündenfall und Versuchung Jesu. Hierauf folgte „Gibt es eine Philosophie des positiven Christenthums?“ (1832 in der Bonner Zeitschr. f. Phil. u. kath. Theol.), worin unter heftiger Polemik gegen Kant und gegen einen kantianischen Recensenten der vorgenannten Schrift der gleiche Standpunkt wiederholt und eine auf Descartes beruhende Auffassung der menschlichen Erkenntniß entwickelt wird. Im J. 1833 erschienen die von P. gemeinschaftlich mit Günther verfassten „Janusköpfe für Philosophie u. Theologie“. Näher an katholische Mystik streift „Ein Wort über die Ekstase“ (1834); ein viel gelesenes Buch aber war seiner Zeit „Adam und Christus. Zur Theorie der Ehe“ (1835), woselbst P. abermals seine theosophische Christologie darlegt, derselben aber die Wendung gibt, daß Christus „das Sacrament im Geschlechte“ sei, worauf er eine Erörterung über die einzelnen Sacramente und schließlich über die Ehe folgen läßt, deren monogamische Form als Erscheinung der Immanenz und Identität den Gegensatz bilde gegen Mannigfaltigkeit und Wechsel des natürlichen Geschlechtslebens; am Schlusse aber wird der Coelibat als „Affirmation des zweiten geistigen Adams, d. h. Christi“, construirt. Das letzte, was P. schrieb, waren zwei Aufsätze im Jahrg. 1838 der genannten Zeitschrift, deren einer wieder Philosophie der Geschichte betrifft, während der andere über Goethe handelt. Im selben Jahre siedelte er von Wien nach Döbling über, woselbst er einem mehrjährigen Nierenleiden erlag.

Neuer Nekrolog d. Deutschen, Jahrg. 1838, Bd. II, S. 250 ff.