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Artikel „Pabst, Hermann“ von Wilhelm Arndt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 39–41, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pabst,_Hermann&oldid=- (Version vom 10. Oktober 2024, 22:55 Uhr UTC)
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Pabst: Hermann P. wurde am 4. Januar 1842 in Burg (Provinz Sachsen) geboren, wo sein Vater Rector der Bürgerschule war, seiner Familie aber durch frühzeitigen Tod entrissen wurde. Nach erster Vorbildung auf der Schule seiner Vaterstadt empfing er seine weitere Ausbildung in Schulpforte, von welcher Anstalt er im Herbste 1859 mit dem Zeugniß der Reife entlassen wurde. Zunächst widmete er sich in Bonn philologischen Studien, namentlich zog ihn Ritschl an, doch hat er auch Dahlmann noch gehört, sowie auch die Uebungen des philologischen Seminars mitgemacht. Im Herbst 1860 siedelte er [40] nach Göttingen über, wo Waitz ihn ganz für das Geschichtsstudium gewann, ihm auch während drei Jahren die Theilnahme an seinen historischen Uebungen gestattete. In diesen legte er schon im ersten Semester eine Abhandlung über die principes der Germanen vor, die manche eigenthümliche, von der herrschenden Lehre abweichende Ansicht enthielt, aber ungedruckt geblieben ist. P. wandte sich, von Waitz veranlaßt, sofort einer größeren Aufgabe zu, die er in verhältnismäßig kurzer Zeit beendete, der „Geschichte des langobardischen Herzogthums“, die im zweiten Bande der Forschungen zur deutschen Geschichte (1862) gedruckt wurde, und ein glänzendes Zeugniß für die kritische Begabung des jungen Forschers ablegte. Durch Waitz wurde P. weiter veranlaßt, nachdem Usinger von der Herausgabe der von Siegfried Hirsch unvollendet hinterlassenen „Jahrbücher des deutschen Reichs unter Heinrich II.“ zurückgetreten war, den zweiten Band dieses Werks (Berlin 1864 erschienen) herauszugeben. Es war dabei noch viel eigene Arbeit zu leisten. Nicht bloß daß der Text revidirt werden mußte, ganze Partien fehlten noch in ihm und wurden erst von P. hinzugefügt (Ober- und Mittelitalien von 1004–1012 und Heinrichs Römerzug), die Anmerkungen mußten richtig gestellt und vermehrt, Excurse hinzugethan werden. Mit dem Jahre 1864 war P. als Hilfsarbeiter bei den Monumenta Germaniae eingetreten. In Berlin promovirte P. am 6. Februar 1864 mit seiner Abhandlung „De Ariberto II. Mediolanensi primisque medii aevi motibus popularibus“. Beachtenswerth in dieser Arbeit ist namentlich das erste Capitel, das die Quellen behandelt, und den Beweis von der ehemaligen Existenz größerer hildesheimer Annalen erbrachte. Pertz, der Leiter der Monumenta Germaniae vertraute P. bald die Ausgabe des Liber pontificalis an. Eine Reihe der wichtigsten Handschriften konnten von P. in Berlin selbst, wohin sie gesandt wurden, verglichen werden. Zwischenarbeiten waren die Ausgabe der Diurnali di Messer Mattheo di Giovenazzo, die bereits im November 1864 beendet wurde (Mon. Germaniae, Scriptores, Bd. 19), und der Fundatio Monasterii Gratiae Dei (ebenda Bd. 20). P. hatte die unangenehme Erfahrung zu machen, daß das erstgenannte, von ihm für echt gehaltene Werk, im J. 1868 von Bernhardi als eine moderne Fälschung nachgewiesen wurde, aber keinen Augenblick schwankte er, nachdem er sich von der Richtigkeit dieser Darlegung überzeugt hatte, auch öffentlich in den Göttinger Gelehrten Anzeigen seinen Irrthum einzugestehen.

Vom 1. April 1865 an genügte P. seiner Militärpflicht als Einjährig-Freiwilliger im Garde-Füselier-Regiment. Er hatte anfänglich gehofft, nicht für tauglich zum Militärdienst befunden zu werden, war doch seiner Größe nur ein wenig mehr als das Militärmaß vorschrieb, und war er doch im höchsten Grade kurzsichtig. Einmal aber eingestellt, wurde er mit Leib und Seele Soldat. Den Feldzug von 1866 machte er, anfänglich als Unterofficier, dann als Vicefeldwebel im 12. Grenadierregiment mit, unversehrt blieb er in allen Gefechten und Schlachten, an welchen dieses tapfere Regiment betheiligt war. Auf dem Heimmarsch, noch auf österreichischem Boden, erfolgte seine Beförderung zum Reserveofficier.

Nach seiner Rückkehr wurden die für den Liber pontificalis begonnenen Arbeiten rüstig weiter gefördert. Aber auch die Habilitation an der Berliner Universität nahm P. in Angriff, und verfertigte zu diesem Behuf die längere Abhandlung über die Brauweiler Geschichtsquellen, die im 12. Bande des Archivs für ältere deutsche Geschichtskunde gedruckt worden ist, und die sich dadurch auszeichnet, daß die zahlreichen Urkundenfälschungen für dieses Kloster in das rechte Licht gesetzt, aus ihnen dann Aufklärungen in Bezug auf die chronicalische Thätigkeit der Brauweiler Mönche gewonnen wurden. Schon hatte P. diese Arbeit der philosophischen Facultät eingereicht, als er von Pertz im Beginn des Jahres 1869 den Auftrag erhielt, die italienischen Bibliotheken für den Liber [41] pontificalis auszunützen, zugleich in den verschiedenen Archiven Italiens für die Sammlung von Kaiserurkunden zu arbeiten. Ein lang genährter Herzenswunsch ging damit für P. in Erfüllung. In Rom, wo er zunächst längeren Aufenthalt nahm, fühlte er sich bald heimisch, voll und ganz ließ er die Fülle der neuen Anschauungen auf sich wirken. Alle seine Briefe an die Mutter, an Pertz und die Freunde sprachen von dem Glück, das ihm beschieden. Während der Sommermonate 1869 bereiste P. die Archive Italiens, und hat er namentlich in Siena reiche Ausbeute gefunden. Im Winter 1869 kehrte er wieder nach Rom zurück, ganz mit der Vergleichung der Handschriften für die Papstleben beschäftigt. Bis zum Sommer dehnte sich die Arbeit aus, fast war sie vollendet, als der ausbrechende Krieg ihn eiligst in die Heimath und zu seinem Regiment zurückrief. Mit diesem rückte er aus, um nicht wieder heimzukehren! Bei dem Sturm auf die Spicherer Höhen war er unverletzt davongekommen, freudig schrieb er den Tag darauf an Pertz, daß er zum Bataillons-Adjutant ernannt sei. Am 16. August, bei dem heißen Ringen der brandenburgischen Regimenter in der mörderischen Schlacht von Mars la Tours, traf ihn eine Kugel in den Kopf. Er war sofort todt. Wol durfte sein Lehrer Waitz (Forschungen z. deutschen Gesch. 10, 668) bezeugen: „In ihm verliert die Wissenschaft einen der talentvollsten, hoffnungsreichsten unter den jüngeren Historikern!“