ADB:Pütz, Wilhelm
Niebuhr den wissenschaftlichen Grund zu seinem umfassenden historischen Wissen legte. Nach bestandenem Staatsexamen begann P. seine pädagogische Thätigkeit als Lehramtscandidat am Gymnasium zu Düren; an Ostern 1844 wurde derselbe von dort an das katholische Gymnasium, das jetzige Gymnasium an Marzellen, in Köln berufen, wo er dann ununterbrochen bis Herbst 1865 in den oberen Classen als Lehrer des Deutschen, Lateinischen, der Geschichte und Geographie erfolgreich wirkte. Seine verdienstvolle Thätigkeit als Lehrer, dann auch als Verfasser von geschichtlichen, geographischen und anderen Lehrbüchern fand bei der vorgesetzten Behörde gebührende Anerkennung; 1862 wurde ihm der Professorentitel und 1865, als er in den Ruhestand trat, der rothe Adler-Orden vierter Classe verliehen. Die letzten Lebensjahre widmete P. der weiteren Durcharbeitung und Ausfeilung seiner Lehrbücher, deren Stoffe er mit Benützung bester Quellen in eklektischer Weise nach dem von ihm confessionell eingenommenen Standpunkte zusammengestellt und didaktisch bearbeitet hatte. Von diesen Lehrbüchern, von denen die meisten in vielfachen Auflagen erschienen und weite Verbreitung fanden, mögen hier erwähnt werden sein „Grundriß der Geographie und Geschichte der alten, mittleren und neueren Zeit, für die oberen Klassen höherer Lehranstalten“ 3 Bde., wovon der erste Band das Alterthum (18. Aufl.), der zweite das Mittelalter (16. Aufl.) und der dritte die neuere Zeit (16. Aufl.) umfaßt; unter gleichem Titel und mit der nämlichen Eintheilung der Zeitabschnitte bearbeitete P. einen solchen Grundriß auch für die mittleren Klassen dieser Anstalten, dessen erste Abtheilung 19, die zweite 15 und die dritte 14 Auflagen erfuhr; weiter folgte ein „Grundriß der deutschen Geschichte für die mittleren Classen höherer Lehranstalten“ (15. Aufl.); ferner ein „Leitfaden bei dem Unterricht in der Geschichte des preußischen Staates“ (12. Aufl.). Als Hilfsmittel zur Ergänzung und Belebung des geschichtlichen und des damit in Verbindung stehenden geographischen Unterrichtes veröffentlichte P. „Historische Darstellungen und Charakteristiken für Schule und Haus gesammelt und bearbeitet“, dessen 1. Band das Alterthum, 1861, der 2. Band das Mittelalter, 1862, der 3. Band die neuere Zeit, 1864, [781] und der 4. Band die neueste Zeit, 1866, behandelt; zuvor schon 1859–60 erschienen seine „Charakteristiken zur vergleichenden Erd- und Völkerkunde“, 2 Bände, die je zwei Auflagen erlebten. Außerdem verfaßte P. noch ein „Deutsches Lesebuch für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten u. s. w.“ (7. Aufl.), ferner ein „Altdeutsches Lesebuch“ sowie ein „Mittelhochdeutsches Lesebuch“ mit Sprach- und Sacherklärungen, denen sich eine „Uebersicht der Geschichte der deutschen Litteratur für höhere Lehranstalten“ anreiht, die ebenfalls sämmtlich mehrfache Auflagen nöthig machten. – Die geschichtlichen Lehrbücher von P. fanden bald nach ihrem Erscheinen eine stets steigende Anerkennung seitens sehr vieler Schulbehörden und fachmännischer Kreise, sowie die ausgedehnteste Verbreitung nicht allein in Preußen, Oesterreich und in sonstigen deutschen Staaten, sondern schon seit 1843 auch im Ausland durch ihre Uebertragung in die meisten europäischen Sprachen. Diese auffallend günstige und so weit ausgebreitete Aufnahme dieser Lehrbücher dürfte abgesehen von vielfachen, nicht zu verkennenden Vorzügen derselben, doch wol theilweise eine Erklärung finden in der nach 1848 eintretenden Zeitstimmung, der die geistige Richtung jener Lehrmittel entgegenkam, dann auch in dem weitreichenden Einfluß der hier interessierten kirchlichen Kreise, sowie in der hierdurch angeregten Unterstützung mancher Regierung; außerdem ist übrigens doch noch zu sagen, daß gleichzeitig ein Mangel an geeigneten derartigen Unterrichtsmitteln fühlbar war. Vom pädagogischen Standpunkte aus und besonders in Ansehung der in den Darstellungen der Thatsachen hin und wieder hervortretenden und bereits erwähnten confessionell beinflußten Anschauungen des Verfassers nahm später die Kritik Anlaß zu scharfen Angriffen; von gegnerischer Seite nannte man P. den „richtigen Missionar des ultramontanen Regiments zur Verbreitung eines geistlosen, aller subjectiven Kritik und aller Farbe entkleideten Geschichtsunterrichts“, ein hartes Urtheil, das in dieser Schärfe doch wol das gerechte Maß übersehen dürfte. In der Form der Darstellung wird oft die der Jugend nahe liegende und deshalb ihrem Verständniß anzupassende Einfachheit der Wendungen und der Satzbildung vermißt; der Periodenbau ist häufig zu umfänglich, und durch störende Einschiebungen ist die Uebersicht und Auffassung erschwert. P. selbst hat, diese Mängel einsehend, noch in seinen letzten Zeiten, wie schon erwähnt, an der Vereinfachung seiner Ausdruckweise gearbeitet. – In seiner Wirksamkeit als Lehrer erzielte P. sehr günstige Ergebnisse, und diese beruhten nach dem Urtheile fachmännischer Genossen auf der seinen mündlichen Mittheilungen eigenen Klarheit und Bestimmtheit und auf der besonnenen Erwägung der zu erstrebenden Lehrziele. Durch die Herausgabe seiner historischen und geographischen Lehrbücher hatte P. sich allmählich ein bedeutendes Vermögen erworben, bezüglich dessen Verwendung im Falle seines Todes er durch letztwillige Verfügung zu Gunsten der beiden von ihm zeitlebens gepflegten Wissenschaften, der Geschichte und Geographie, eine hochherzige Bestimmung traf: er setzte die Universität Bonn als Universal-Legatarin ein und bestimmte, daß der Haupttheil seiner Hinterlassenschaft, 75,000 Mk., beziehungsweise deren Zinsen jährlich zu Bibliothekszwecken und zwar zur Anschaffung von Werken historischen und geographischen Inhalts verwendet, ferner die jährlichen Zinsen von weiteren 40,000 Mk. alljährlich an drei Studierende als Stipendien verliehen werden sollten, die zu ihrem Hauptfach die historischen oder geographischen Fächer sich gewählt hätten; außerdem hat derselbe in seinem Testamente noch sehr bedeutende Summen ausgeworfen, wie für das Marien-Hospital und sonstige Wohlthätigkeitsanstalten in Köln, sowie für den dortigen Gymnasial-Studienfonds und mehrere werthvolle Gemälde für das Wallraf-Richartz’sche Museum bestimmt. Zum dankbaren Andenken an die Verdienste des Mannes um die Universität Bonn hat die Bibliothek-Verwaltung derselben das lebensgroße Bildniß ihres [782] Wohlthäters ausführen und in dem dortigen Bibliotheksaal aufstellen lassen. – P. war nie verheirathet; eine kurz dauernde Krankheit führte an dem oben bezeichneten Tage zu seinem Tode.
Pütz: Dr. Wilhelm P., Professor am Gymnasium an Marzellen in Köln, Verfasser geschichtlicher und geographischer sowie deutscher Lehr- und Lesebücher, geb. zu Köln am 6. November 1806, † am 4. Juni 1877 ebendaselbst. P. war der Sohn eines dortigen Hafenbediensteten Justus Pütz und dessen Ehefrau Anna Maria Krauthoven; die Eltern bemüht, ihrem Sohne eine gute Erziehung angedeihen zu lassen, ermöglichten demselben den Besuch und die Absolvirung des Gymnasiums; dann widmete sich P. zu Bonn philologischen und daneben mit Vorliebe historischen Studien, wo er unter seinem großen Lehrer- Nekrologische Notiz in der Kölner Zeitung v. 6. Juni 1877. – Chronik des Gymnasiums an Marzellen in Köln 1878. – Sonstige amtliche and Privatmittheilungen.