ADB:Ottinger, Franz Freiherr von

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Artikel „Ottinger, Franz Freiherr von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 565–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ottinger,_Franz_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:31 Uhr UTC)
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Ottinger: Franz Freiherr v. O., k. k. General der Cavallerie, Ritter des Militär-Maria-Theresienordens, 1852–1869 zweiter Inhaber des Husarenregiments Nr. 1, geboren im J. 1792 zu Oedenburg, † am 8. April 1869 zu Wien, hat als unternehmender, stets kühn und sicher leitender Reiterführer mehrfach vortheilhaft gewirkt und in der Zeit innerer politischer Wirren und Kämpfe in hohem Grade Mannesmuth, Gesinnungstüchtigkeit und Menschlichkeit bethätigt. Er diente von 1810–1813 als Cadet im Husarenregiment Nr. 5, als Unterlieutenant im Husarenregiment Nr. 8, als Oberlieutenant neuerlich im Husarenregiment Nr. 5. In letzterer Eigenschaft focht O. im J. 1814 im parmaischen Gebiete, bei Cadeo am 17. Februar bis zum Augenblick seiner Verwundung mit solchem Nachdruck und Geschick, daß ein Theil der bereits abgeschnitten gewesenen k. k. Infanterie sich der drohenden Gefangenschaft entziehen konnte. Ebenso brav und ausdauernd war sein Verhalten im Gefechte bei Fiorenzuola am 13. April, in welchem er mit seinen Husaren den reißenden Taro durchschwamm und unmittelbar hierauf an der Zurücktreibung der Franzosen bis Castelguelfo einen derartig kräftigen Antheil nahm, daß er von Murat, dem Könige von Neapel, mit dem Militärorden des vereinigten Siciliens ausgezeichnet wurde. Auch im letztgenannten Kampfe hatte O. eine schwere Verwundung erlitten und konnte diesesmal erst nach siebenmonatlichem Krankenlager zum Heere einrücken, wo er am 4. Mai 1815 den Auftrag erhielt, den von Macerata nach Fermo retirirenden Gegner mit Husaren- und Dragonerabtheilungen zu beobachten. Bei dieser Gelegenheit hat O. die aus einem Hohlwege debouchirende feindliche Cavallerie so lange Zeit festgehalten, bis die Hauptcolonne herangerückt war und zur gänzlichen Zersprengung des Gegners geschritten werden konnte. Nun wurde O., dessen Ruf als selbstthätiger, verläßlicher Reiterofficier schon allgemein bekannt gewesen, im Feldzuge 1821 von Ravenna aus zum kaiserlichen Consul in Ancona mit mündlichen und schriftlichen Befehlen und dann zur Recognoscirung des Tronto entsendet. Für diesen an der Spitze von 20 Reitern in nur 10 Tagen über Sinigaglia, Ancona, Loreto, Fermo, den Tronto und zurück nach Foligno mit bestem Erfolge hinterlegten und verdienstvollen Reiterzug wurde O. der öffentlichen Anerkennung gewürdigt. Wiederholte Zufriedenheit fand gleichfalls seine Friedensthätigkeit bis zum Jahre 1848, während welcher Zeit er der Ausbildung der Truppe in jedweder Beziehung eine bemerkenswerthe Aufmerksamkeit widmete. Seinen Leistungen entsprechend, waren aber auch seine Beförderungen; er avancirte 1825 zum Rittmeister II. Classe, 1830 zum Rittmeister I. Classe, 1834 zum Major, 1836 zum Oberstlieutenant, 1838 zum Obersten und Commandanten des Husarenregiments Nr. 1, 1846 zum Generalmajor. In dieser Charge befehligte O. bei Beginn der Operationen 1848 in Ungarn die Cavalleriebrigade im Armeecorps Jellačič und führte dieselbe in dem Bestrebe für des Kaisers Recht und die Herstellung der staatlichen Ordnung nach Möglichkeit zu wirken, allerorts entschieden und streng disciplinirt in den Kampf. Dabei unterließ es aber O. nie, dort wohlwollende Mahnungen vorangehen zu lassen, wo er Irregeführte zur Rückkehr auf die Bahn der Pflicht bewegen zu können glaubte. So versuchte er am 22. Decbr. 1848 bei Abda nächst Szigeth-Hochstraß die gegnerischen Vedetten – Leute seines Husarenregiments Nr. 1 – an den geleisteten Eid zu erinnern, wobei er allein über die Eisdecke der Raabnitz auf die durch sein Erscheinen unverholen freudig erregten Husaren zuschritt. Der in Aussicht stehende Erfolg wurde jedoch durch das Hinzukommen eines Honvédofficiers verhindert. Auch bei Bábolna den 28. December ritt der hochherzige General [566] mit nur einer Ordonnanz, dem Gemeinen Kalliwoda des Dragonerregiments Nr. 7 – beide mit verhängtem Säbel – bis auf 20 Schritte auf ein ehemaliges kaiserliches Infanteriebataillon zu, welches ihn aber mit einer Decharge empfing. Hierdurch sah sich O. zum Gefechte gezwungen, welches mit der Rettung des Gestütes Bábolna, der vollständigen Niederlage des aus Infanterie und Cavallerie bestehenden Gegners und dessen Zurückweisung bis Szent-Igmand endete. Zwei Tage später siegte O. wieder glänzend bei Moor; dort errang er sich das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresienordens vorwiegend dafür, daß er in Erkenntniß der günstigen Verhältnisse und ohne die Division Hartlieb abzuwarten, auf eigene Verantwortung allein den Angriff einleitete, den Gegner schlug und bei Bedrohung der feindlichen Rückzugslinie ein Honvédbataillon gefangen nahm. Hieraus hat O. nach der Einnahme von Pesth-Ofen den Gegner anfangs Januar 1849 bis Szolnok verfolgt, die Eisenbahn- und Telegraphenverbindung gegen Pesth rasch hergestellt und sich zu Szolnok bedeutender Vorräthe an Getreide, Salz, sowie einer Kossuthnotenpresse etc. bemächtigt. Große Manövrirfähigkeit, richtige Leitung anstrengender Märsche, dann geschicktes Eingreifen in den Kampf bekundete O. ferner gegenüber dem mit Artillerie besser ausgerüsteten Feinde bei Szolnok am 22. Januar, Czegled 25. Januar, Czibakhaza 4. und 24. Februar, Szolnok 5. März, wo er die Brigade Karger vor gänzlichem Verderben rettete, dann bei Isaszeg 6. April. Nachdem nun O. am Rákosbache den 11. April den Gegner bei namhaftem Verluste in die Flucht geschlagen, erfolgte dessen Eintheilung als Feldmarschalllieutenant und Cavalleriedivisionär bei der Südarmee. In den Kämpfen mit dieser ehrt O. ganz besonders das Treffen bei Káty (Kacs) nördlich von Peterwardein, am 9. Juni, denn bei diesem Orte hat er den Feind zu unbedachter Vorrückung verlockt und denselben dann in beiden Flanken derart ungestüm und überwältigend angegriffen, daß dessen Rückzug hinter die Römerschanze in eine wilde Flucht ausartete, wobei Ottinger’s Cavallerie bei dem Mangel an Durchgängen über die steilen Böschungen der Römerschanze geraden Weges hinübersetzte. Bei Hegyes am 6. Juli operirte dagegen O. deshalb verdienstvoll, weil er den Gegner mit Vorbedacht zum Aufmarsche nöthigte und, als er dessen Ueberzahl erkannt hatte, dem voraussichtlich nachtheiligen Gefechte gewandt auszuweichen wußte. Endlich kämpfte O. noch umsichtig in der Schlacht bei Hegyes am 14. Juli, während welcher ihm ein Pferd unter dem Leibe erschossen wurde. O., der bis 1856 eine Division commandirte, 1856–1866 die Vertrauensstellung eines Oberlieutenants der Arcierenleibgarde begleitete und 1866 als General der Cavallerie in den Ruhestand trat, hat zeitlebens seine Pflicht mit jener Hingebung und Opferwilligkeit erfüllt, welche Kaiser und Vaterland von jedem Militär zu erwarten berechtigt sind. Vor allem charakterisirten ihn gute militärische Kenntnisse, scharfes Beobachten und richtiges Urtheilen, rasches Handeln, Sorgfalt für die Untergebenen und ein zum Besten des Einzelnen sowie Aller geübter, wohlwollender Ernst. Die ihm am 22. Febr. 1851 verliehene Freiherrnwürde wurde mit kaiserlicher Genehmigung am 18. Octbr. 1859 und 16. Septbr. 1865 an seine Neffen und Adoptivsöhne Gottfried und Gustav Adolf übertragen.

Wurzbach, Biogr. Lex. des Kaiserth. Oesterr., 21. Th., Wien 1870.– Strack, Die Generale der k. k. Armee. Wien 1850. – Hirtenfeld, Der Militär-Maria-Theresienorden etc., Wien 1857. – Schweigerd, Oesterreichs Helden etc., 3. Bd., Wien 1854. – Gesch. d. k. k. 5. Hus.-Rgts. in Schels’ öst. milit. Ztschr., 2. Bd., Wien 1834. – Victorin, Gesch. d. 7. Drag.-Rgts., Wien 1879. – (Windischgrätz), Der Winterfeldzug 1848–49 in Ungarn, Wien 1851.