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Artikel „Olmütz, Wenzel von“ von Joseph Eduard Wessely in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 312–313, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Olm%C3%BCtz,_Wenzel_von&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 08:58 Uhr UTC)
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Olmütz: Wenzel v. O., Goldschmied und Kupferstecher von Olmütz in Mähren, thätig im 15. Jahrhundert, vielleicht noch im 16. Da über seine Lebensverhältnisse nichts bekannt ist, so war es leicht, seine Existenz und insbesondere seine künstlerische Thätigkeit in Zweifel zu ziehen. Er bezeichnete seine Blätter mit W, nur auf einem Blatte, einer Copie nach Schongauer’s Tod der Maria steht: 1481, WENCESLAUS DE OLOMUCZ. IBIDEM, d. h. daselbst lebend. Bartsch hatte darum alle Stiche, welche ein W zum Monogramm haben, diesem Künstler zugeschrieben, um so mehr, als er auf einem anderen, ebenfalls mit W bezeichneten Blatte mit dem Mann der Schmerzen in alter Schrift geschrieben fand: Dieser Stecher hat wenczel geheisen, ist ein Goltschmit gewesen. Vor Bartsch hatten einzelne Kunstforscher das W auf Wohlgemuth bezogen; im P. Behaim’schen Katalog seiner Kupferstichsammlung vom Jahre 1618 wird ein Blatt mit dem Monogramm W angeführt; da heißt es: W: Wohlgemuth, Albr. Dürer’s Lehrmeister. Traum von einem weib, so auch hnach Dürer in’s Kupfer gestochen (es ist das Blatt mit dem Traumdoctor gemeint). In neuester Zeit hat Thausing in seinem Werke über Dürer Wohlgemuth neuerdings unter die Kupferstecher einzuführen gesucht und das Monogramm W auf ihn bezogen. Das Resultat seines Beweises war, daß diejenigen Blätter mit W, die auch Dürer gestochen hat und die man als Copien nach diesem anzusehen gewohnt war, eigentlich die Originale (Wohlgemuth’s) sind, die Blätter von Dürer aber Copien nach jenen seines Lehrmeisters. Nun wollen wir die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, daß sich Wohlgemuth, der für den Holzschnitt so fleißig thätig war, auch im Kupferstechen versucht habe, keineswegs bestreiten. Wir [313] können aber nicht zugeben, daß alle mit W bezeichneten Blätter auf seine Rechnung zu setzen sind, weil sich unter diesem Monogramm zwei oder gar drei verschiedene Künstler verbergen. Dem Goldschmied Wenzel werden mit allem Rechte erstens die Goldschmiedgegenstände angehören, so die vier von Bartsch und drei von Passavant beschriebenen Monstranzen und Reliquienbehälter. Ihm werden wir auch alle Copien nach M. Schongauer zuschreiben, da es uns nicht einleuchten will, daß Wohlgemuth, ein so gewandter productiver Meister, seine Zeit und Kraft an das Copieren eines anderen verwendet hätte, wobei es sich nicht etwa um ein oder zwei Proben, sondern um 42 Copien handelt. – Ein anderer, von Wenzel durch Raum und Kunstweise verschiedener Meister W ist unseres Dafürhaltens derjenige, den seine Blätter in die Rheingegend, vielleicht auch nach Holland verweisen. Dahin gehören die zwei Blätter mit der Marter des hl. Andreas und Bartholomäus, die nach Bildern des Meisters von Cöln (Stephan Lothener, jetzt in Frankfurt) ausgeführt sind, ferner Blätter mit genrehaftem Inhalte, die in dem Meister (oder Meistern) des Amsterdamer Cabinets ihr Vorbild gefunden haben. Hierher ist das Liebespaar und die Lautenspielerin (ein vorzügliches Exemplar im Berliner Cabinet) zu rechnen. Nun gibt es noch so manches unbezeichnete Blatt, das in ähnlichem Charakter gestochen ist und zum Monogrammisten W gelegt werden könnte. Wenn Wohlgemuth wirklich gestochen hat, dann müßte man im Bereiche der anonymen Blätter seine Werke suchen, was freilich sehr schwer ist, da keine historische Notiz das Aufsuchen unterstützt. Thausing schreibt auch das mit W bezeichnete Blatt mit dem Papstesel auf Rechnung Wohlgemuth’s, dem damit keine Ehre erwiesen wird, eine solche Unflätherei, selbst im Sinne jener Zeit, die schon an dergleichen Kost gewöhnt war, ihm zuzuschreiben. Wohlgemuth war neben der Schedel’schen Chronik ganz auf kirchliche Bestellungen angewiesen und er hätte sich gewiß gehütet, eine solche Brandrakete unter seinem Zeichen herauszugeben, die alle kirchlichen Besteller ihm entfremden mußte. Nun bleiben noch einige Blätter von Dürer zu untersuchen, die Quad v. Kinkelbach 1609 als Copien nach Wohlgemuth bezeichnete; Thausing nahm diese durch Bartsch aufgegebene Ansicht wieder auf. Es sind die fünf Blätter: der große Hercules, der Traum, die vier Hexen, der Raub der Amymone und die Madonna mit der Meerkatze, Quad rechnet auch den verlornen Sohn und Hieronymus in der Wüste dazu, Thausing den Spaziergang. Nun irrt sich Quad hinsichtlich des verlorenen Sohnes, da sich in London eine unanfechtbare echte Zeichnung Dürer’s zu seinem Stiche befindet, weßhalb das Blatt mit W als Copie darnach zu nehmen ist. Hat sich aber Quad in einem Falle geirrt, so kann er sich auch in den übrigen geirrt haben. Dasselbe gilt von P. Behaim’s Katalog, der sonst manche offenbare Irrthümer enthält; mußte er gerade hinsichtlich Wohlgemuth’s unfehlbar sein? Wenn schon eine genaue Prüfung der Blätter Dürer’s, die zugleich auch mit dem Monogramm W vorkommen, zu dem Resultate führen muß (wenn man sich von keiner Voreingenommenheit fesseln läßt), daß die Compositionen sich mit dem bekannten Kunstcharakter Wohlgemuth’s nicht decken, also ihm nicht angehören, so wird diese Prüfung wesentlich erleichtert durch den Umstand, daß sich von Dürer’s Hand Studien zu den betreffenden Blättern gefunden haben. So z. B. zum großen Satyr in Hamburg. Ein solcher Fall stürzt die ganze Annahme. Es wird doch nicht ernstlich behauptet werden können, daß Wohlgemuth seines Schülers Compositionen gestochen und dieser sie dann copirt habe? Wir werden also dem Wenzel v. O., dem Copisten Schongauers, auch die mit W bezeichneten Copien nach Dürer zuschreiben, wie es Bartsch gethan hat.

S. Bartsch, P.–Gr. – Passavant, P.–Gr. – Thausing, Dürer. – F. Harck, das Original von Dürer’s Postreiter.