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Artikel „Oetter, Samuel Wilhelm“ von Siegfried Hänle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 562–564, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oetter,_Samuel_Wilhelm&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:01 Uhr UTC)
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Band 24 (1887), S. 562–564 (Quelle).
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Oetter: Samuel Wilhelm Oe., geb. am 25.(26.) Dec. 1720 zu Goldkronach, Pfarrer zu Markt Erlbach, † am 7. Jan. 1792. Sein Vater, seines Gewerbes Fleischhauer, war hochfürstlich brandenburgischer Hauptmann, unter dem Landesausschuß Umgelder wie auch Rathsbürger zu Goldkronach, ein angesehener und unterrichteter Mann. Oe. besuchte von 1736 an das Bayreuther Gymnasium, und von 1742 an die damals von Markgraf Friedrich für die Stadt Bayreuth neu gestiftete, im folgenden Jahre aber nach Erlangen verlegte Hochschule und zeichnete sich schon damals durch Fleiß und Wissen in so hohem Grade aus, daß er nicht nur die Aufmerksamkeit seiner Lehrer, sondern auch des Markgrafen auf sich lenkte, welcher ihn noch während der Studienzeit mit der Verwesung des Conrectorats des Erlanger Gymnasiums betraute. Im J. 1745 wurde Oe. wirklicher Conrector dortselbst und blieb es bis 1749, wo er die Pfarrei in Linden, einem Dorfe im baierischen Mittelfranken, erhielt. Von hier aus ist er 1762 nach dem Marktflecken Markt Erlbach, unweit Linden, als Pfarrer versetzt worden und dort blieb er, seit 1789 außer Dienst, bis zu seinem Tode. Diese anscheinend so wenig hervorragende Stellung Oetter’s hinderte ihn nicht, durch eine große Reihe von Veröffentlichungen von Bedeutung für die deutsche Litteratur zu werden. Die Mehrzahl seiner Werke (deren, einzelne Journalartikel mit eingerechnet, aber abgesehen von den weiteren 25 Arbeiten, die in seinem Nachlasse sich gefunden haben, die Biographie Oetter’s 67 aufzählt) behandeln Fragen der Geschichte und der Nebenfächer derselben: Diplomatik, Genealogie, Heraldik und Numismatik. Dabei ist es die fränkisch-hohenzollerische Vorzeit, die er mit Vorliebe durchforschte; er war, wie sein Freund Herzberg bezeugt, „ein wahrer Patriot des Hauses Brandenburg“. Aus allen seinen historischen Arbeiten tritt uns eine seltene Belesenheit, eine für seine Zeit zumal in Berücksichtigung seines, jeden litterarischen Hülfsmittels entbehrenden Wohnortes, geradezu erstaunliche Kenntniß des Urkundenmaterials, große Gründlichkeit und ein ungemein weiter Gesichtskreis seiner Forschungen entgegen, wobei freilich er es nicht [563] verschmähte, auch das Unbedeutendere, wie das Bedeutende mit gleicher Umständlichkeit zu behandeln. Durch diese letzterwähnte Eigenthümlichkeit wurde er abgehalten, seine umfassenden Pläne, namentlich bezüglich der älteren burggräflichen Geschichte, ganz zu verwirklichen; der Leser hat manchmal Mühe, aus den Details der Darlegungen und Aufstellungen zu einem Ueberblick des Hauptsächlichen zu gelangen. Eine ganze Reihe dieser Detailergebnisse sind jedoch bis zur Gegenwart geschätzt und von zweifellosem Werth; wie denn auch seinem Eifer in der Erforschung der Denkmale der Vergangenheit, die Todtenhügel nicht entgingen, die in seiner Pfarrei sich vorfanden: er war der erste, der einige derselben öffnen ließ. Der Contrast zwischen dem entschiedenen, selbstbewußten Tone seiner stets bereiten Polemik, mit welcher er seine Ansicht, mitunter auch so manche gewagte Hypothese verfocht, und dem submissen Stile seiner zahlreichen „Widmungen“ an Fürsten und Vornehme, der jedem seiner Leser auffallen muß, ist nicht sowohl für ihn allein, als für eine ganze Reihe deutscher Gelehrten seiner Zeit charakteristisch. – Seine erste Veröffentlichung, ein Schulprogramm, fällt in das Jahr 1745, in den Jahren 1747–1749 erschien seine „Sammlung verschiedener Nachrichten aus allen Theilen der historischen Wissenschaften“, worauf noch 1749 seine Ernennung zum Ehrenmitgliede der deutschen Gesellschaft zu Göttingen, 1756 der gelehrten Gesellschaft zu Duisburg, und zum kaiserlichen Hof- und Pfalzgrafen erfolgte. Hieran reiht sich seine Aufnahme in die Gesellschaft freier Künste in Leipzig 1762 und in die Münchener Akademie der Wissenschaften 1763. – Hauptschriften Oetter’s sind: „Versuch einer Geschichte der Burggrafen zu Nürnberg“, 3 Bände, 1751–1758, die aber nur bis zum Jahre 1280 gediehen, und 8 Stücke „Wöchentlicher Wappenbelustigungen“, die von der Augsburger „Franziszischen Akademie freier Künste“, deren Mitglied und Rath er seit 1757 gewesen, herausgegeben worden sind. Seine letzte Veröffentlichung trägt die Jahreszahl 1791. – Der erste Band seines Versuchs der brandenburgischen Geschichte ist Friedrich dem Großen, das erste Heft seiner Wappenbelustigungen Kaiser Franz I., der Gesammtband dem römischen Könige Joseph II. gewidmet; die Gestattung dieser Widmungen, sowie die Ehrengeschenke, die er von vielen Höfen empfangen hat, geben einen Anhaltspunkt zur Bemessung seines Ansehens und der Wichtigkeit, die man seinen Arbeiten beilegte, wie er denn in geschichtlich-staatsrechtlichen Fragen und Fragen der Wappenkunde vielfach consultirt worden ist. Im J. 1762 wurde er vom ansbachischen Markgrafen Karl Alexander, damals noch nicht sein Landesherr, zum Historiographen des Fürstenthums Ansbach (mit einem Jahresgehalt von 50 Thlr.) ernannt. Er war ansbachischer, bayreuthischer und hohenlohischer Consistorialrath; mehrfache Anerbietungen zu hohen Aemtern und Würden schlug er aus. Die Hochschätzung, die er genoß, ergibt sich auch aus dem Briefwechsel, den er mit mehr als 200 Personen, darunter einer großen Zahl der hervorragendsten Männer Deutschlands, führte. So stand er mit dem Reichshofrath v. Senckenberg und dem preußischen Minister Graf Herzberg, mit letzterem 37 Jahre lang, in eifriger Correspondenz. Die Briefe Herzberg’s wurden von den Erben Oetter’s, weil zum Theil von Werth für die Zeitgeschichte 1841 an König Ludwig I. von Baiern geschenkt. Das Versprechen Friedrich Wilhelm Oetter’s, die ganze Correspondenz seines Vaters herauszugeben, kam nicht zur Erfüllung. Ungeachtet aller dieser Auszeichnungen blieb er der einfache Landpfarrer, der seine höchste Befriedigung darin fand, ein eifriger Seelsorger und Berather seiner Pfarrkinder zu sein; es ist ein Zeichen seiner Bescheidenheit, daß er es zurückwies, zu einer Sammlung von Lebensbeschreibungen bedeutender Männer Deutschlands, ihn betreffende biographische Notizen zu liefern, „weil [564] seine Schriften lauter Kleinigkeiten seien“. – Ein schmerzhaftes Magenleiden machte seinem Leben (1792) ein Ende.

Nachrichten von dem Leben Samuel Wilhelm Oetter’s von seinem Sohne Friedrich Wilhelm Oetter, 1792, auch im Journal von und für Franken, Bd. 4. – Fikenscher, Gelehrtes Bayreuth, Bd. IV. – Schlichtegroll’s Nekrolog auf das Jahr 1792, Bd. I. – Encyklopädie von Ersch und Gruber, Section III, Th. 2.