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Artikel „Nicol, Günther“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 576–577, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nicol,_G%C3%BCnther&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 06:15 Uhr UTC)
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Nicol: Karl Wilhelm Günther N., geb. am 14. Juli 1806 zu Göttingen, war der Sohn eines Beamten beim königlichen Amte daselbst, der bald darauf an das Amt Osterode, später in der westfälischen Zeit als Tribunalrichter nach Hersfeld, von hier nach Nienburg und nach Wiederherstellung der rechtmäßigen Herrschaft nach Aerzen (Arzen) bei Hameln versetzt wurde. An die letzteren Orte knüpften sich die ersten Jugenderinnerungen unseres Dichters. Ein äußerst heftiges Nervenfieber, das ihn befiel, ließ eine bleibende Körperschwäche zurück; dagegen entfalteten sich unter Leitung seiner hochgebildeten Eltern seine geistigen Anlagen zu schönster Blüthe. Er las viel, und außer geschichtlichen und schönwissenschaftlichen Werken gehörte seit seinem 16. Jahre die Zeitung zu seiner Lectüre, die er seitdem niemals aufgab. Im J. 1824 kam N. in das Haus des Justizbürgermeisters von Dassel nach Lüneburg und besuchte hier drei Jahre lang das Gymnasium. In diese Zeit fallen auch seine ersten dichterischen Versuche, welche anonym in einer Hallenser belletristischen Zeitschrift erschienen. Inzwischen war sein Vater gestorben; doch bezog N. 1827 die Universität Göttingen, wo er, unterstützt von seinem Gönner in Lüneburg, sich dem Studium der Rechte widmete. Ostern 1830 verließ er die Hochschule, bestand in Celle die Prüfung für Advocaten und ließ sich dann auf kurze Zeit in Hameln, später dauernd in Aerzen, wo seine Mutter mit den jüngeren Geschwistern den Wohnsitz beibehalten hatte, als Advocat nieder. Die politischen Ereignisse der Jahre 1830 und 1831 ergriffen ihn mächtig und begeisterten ihn zu seinen „Polenliedern“, denen sich die patriotisch-herzhaften „Freiheitslieder“ anschlossen, die in Herloßsohn’s „Kometen“, in Th. Hell’s „Abendzeitung“ u. a. Blättern veröffentlicht wurden. Nachdem er sich einmal dem Zauber des Dichtens und Schaffens hingegeben, sagten ihm die trockenen Geschäfte des Anwaltes nicht mehr zu, auch war Aerzen nicht der Ort, einen Advocaten genügend zu beschäftigen; [577] N. lebte daher mehr der Familie, der Politik und Poesie. Im J. 1846 veröffentlichte er eine Sammlung seiner „Gedichte“, die ein edles Gemüth, einen ehrenfesten nationalen Sinn wiederspiegeln, obschon ihnen häufig das individuelle Gepräge, die Ursprünglichkeit der Ideen und Bilder fehlt. Im J. 1848 siedelte N. mit seiner Schwester und einem alten Onkel nach Hannover über, um dort mit seinem Bruder Karl gemeinschaftlich die Advocatur zu betreiben. Während letzterer als Mitglied der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt weilte, führte N. dessen Praxis fort, und es gehörte seine ganze, oft im Leben bewährte Gewissenhaftigkeit dazu, daß er sich dieser Aufgabe inmitten der politischen Aufregung mit aller Treue und allem Fleiße unterzog. Infolge der neuen Gerichtsorganisation wurde N. 1852 zum Obergerichtsanwalt in Hannover ernannt, und als solcher starb er am 15. Januar 1858. Nach seinem Tode erschienen seine im Genre der Dorfgeschichten gehaltenen „Erzählungen aus Niedersachsen“ (II, 1858), die nicht sowol wegen ihrer Form als wegen ihrer culturgeschichtlichen Bedeutung von Werth sind.

Ignaz Hub, Deutschlands Balladen- und Romanzen-Dichter, 4. Aufl., Karlsruhe 1864 ff., Bd. II, S. 402.