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Artikel „Neusidler, Melchior“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 555–556, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Neusidler,_Melchior&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 16:11 Uhr UTC)
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Neusidler: Melchior N. (eigentlich Neysidler), ein Lautenist des 16. Jahrhunderts. Fétis[WS 1] u. a. glauben in ihm einen Sohn des Hans zu finden, ich möchte dies bezweifeln und zwar auf Grund seines in Italien erschienenen Lautenbuchs. Hier nennt er sich „Melchior Neysidler Alemano, sonatore di Liuto in Augusta“, das ist Augsburg. Wäre er ein Nürnberger Kind, so würde er dies gewiß nicht verschweigen, denn Nürnberg war damals eine weltberühmte Stadt. Das Lautenbuch, in zwei Theilen, erschien 1566 in Venedig bei Antonio Gardano[WS 2] und ist den Augsburger Patriciern Joh. Langnaver und Mechior Linck gewidmet. Es enthält Madrigale, Canzonen, Passemezzi, Saltarelli, Ricercari, Motetten und Canzoni francesi ohne Nennung eines Componisten, obgleich Neusidler nur der Arrangeur war. Fétis läßt ihn nach Gerber’s Angabe 1566 nach Augsburg gehen und daselbst 1590 sterben. Die erste Angabe ist auf alle Fälle irrthümlich, denn ein gewisser Benedict von Drusina[WS 3] gab im Jahre 1573 obiges Lautenbuch in deutscher Lautentabulatur heraus (Frankfurt a. O. bei Eichorn) und bezeichnet Neusidler als einen in Italien lebenden Lautenisten. Die letztere Angabe müssen wir dahingestellt sein lassen, da wir nichts Besseres dafür geben können. Ferner führen beide Lexikographen noch ein „Teutsch Lautenbuch“ von 1574 und 1596 an. Dem Inhalte nach kann es nur das erst genannte italienische Lautenbuch in deutscher Lautentabulatur sein. Es soll in Straßburg bei Jobin erschienen sein und dessen Porträt enthalten. Peter Phalese und Jean Bellere in Antwerpen gaben obiges Lautenbuch im J. 1571 noch einmal heraus, doch sind hierin auch die Lautenbücher von Julio Caesare Paduano und Sixt Kargl aufgenommen. Der Name Neusidler ist auf dem Titel in einer Weise verdruckt, daß man ihn darunter nur vermuthen kann, es heißt dort „Melchior Nenslyder Germanus“. Die königliche Bibliothek zu Berlin besitzt die Originalausgabe von 1566 und die letzterwähnte von 1571. Die Ausgabe von 1573 befindet sich in der königlichen Bibliothek in Brüssel, „fonds Fétis“ Nr. 2902. – Ich erwähnte vorhin, daß Neusidler’s Buch von Drusina in die deutsche Tabulatur übersetzt sei; die Italiener bedienten sich nämlich einer von der vorigen sehr abweichenden Notirung. Sie gebrauchten zwar auch sechs Linien, welche die sechs Saiten repräsentirten, ebenfalls die darüber gesetzten Werthzeichen, doch statt der Buchstaben wandten sie nur Zahlen an und die leeren Saiten bezeichneten sie mit 0. In Ambros’ „Geschichte der Musik“ sind im 2. Bd., 1. Ausg., S. 493 und 495 Beispiele abgedruckt. [556] Andere Tabulaturen, auch die deutsche, findet man in der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“, Leipzig, bei Breitkopf & Härtel 1831, Bd. 33, S. 135 ff., von Kiesewetter mitgetheilt.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Belgischer Komponist, Musikkritiker und Musikbiograph; Siehe Wikipedia: François-Joseph Fétis (1784–1871)
  2. Antonio Gardano (1538–1569), italienischer Drucker musikalischer Werke und Komponist
  3. Benedict de Drusina (um 1520/25 bis nach 1573), preußischer Lautenspieler und Musikautor