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Artikel „Neusidler, Hans“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 554–555, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Neusidler,_Hans&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 16:23 Uhr UTC)
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Neusidler: Hans N. (Newsidler), ein Lautenist aus dem 16. Jahrhundert, der zu Nürnberg lebte und mehrere Lautenbücher mit Anweisung und Arrangements von Liedern, Chansons, Motetten und eigenen Compositionen von Preambels und Tänzen herausgegeben, von denen sich drei Bücher noch bis heute erhalten haben. Er starb im Januar 1563. In meiner Sammlung „Taenze des 15. und 17. Jahrhunderts“ (Monatshefte für Musikgeschichte, Bd. 7, Leipzig bei Breitkopf & Haertel) theile ich der Curiosität halber drei Tänze für Laute mit (S. 100). Es kann wohl in der Kunst nichts Simpleres und Mangelhafteres geben als diese Tonsätze. Ebenso waren die Arrangements der Lieder beschaffen, und doch sind sie für den Historiker eine werthvolle Quelle, da die alten Lautenisten sehr oft Lieder aus dem Volksmunde bearbeiteten, die sonst nicht mehr bekannt wären. In alter Zeit scheint man anderer Ansicht gewesen zu sein: das Lautenspiel war damals noch verbreiteter als heute das Clavierspielen, denn Alles schlug sie, vom Handwerksburschen bis hinauf zur Prinzessin. Die Laute hat fast dieselben Wandlungen durchgemacht wie das Clavier. Vom kleinsten Umfange von 4 Saiten, wurde ihre Saitenzahl bis zu [555] 24 vermehrt. Die tiefsten lagen neben dem Griffbrett und mußten je nach der betreffenden Tonart umgestimmt werden. Zur Zeit Neusidler’s waren sechs Saiten in Gebrauch. Die Notirung war eine sehr merkwürdige. Die leeren Saiten wurden mit 0 bis 5 bezeichnet und die Griffe mit Buchstaben. Die unterste, tiefste Saite wurde mit großen Buchstaben: A B C D E F und die übrigen mit kleinen a b c d e f etc. bis zur Doppelbezeichnung der Buchstaben gebraucht. Man schrieb Zahlen und Buchstaben gewöhnlich auf sechs Linien und darüber die Zeichen des Werthes der betreffenden Note. Ihre Stimmung war G c f a d g. Soweit ließe sich die Notirung recht gut lesen, aber nun hatte fast jedes Land, ja fast jede Stadt ihre eigene Notirung, die manchmal in Kleinigkeiten abwich, oft aber auch eine durchweg andere war. Es giebt in ganz Deutschland heute nur einen Mann, der sich Zeit seines Lebens mit dem Studium der Tabulaturen befaßt hat, nämlich Wilhelm Tappert[WS 1] in Berlin, und ehe nicht dessen Werk der Oeffentlichkeit übergeben ist, werden wir vor mancher Notirung wie vor einem Räthsel stehen. Obige drei Lautenbücher von N. erschienen 1536 und 1544 und sind nebst Inhaltsangabe in den Monatsheften für Musikgeschichte, Bd. 3, beschrieben.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Wilhelm Tappert (1830–1907), Lehrer und Musikwissenschaftler