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Artikel „Naamann, Ludolf“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 187–188, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Naamann,_Ludolf&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:25 Uhr UTC)
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Naamann: Ludolf N., der letzte Mönch in Schleswig-Holstein. Er war geboren im J. 1498 im Schleswigschen, nach J. Moller in der Stadt Flensburg, was jedoch nicht richtig sein wird; nach Dankwerth und Heimreich in Padelack auf der nordfriesischen Insel Nordstrand, nach Anderen im Dorfe Langenhorn unfern Bredstedt, wofür am meisten spricht. Auch sein Vorname wird verschieden geschrieben: Ludolf, Luderus, Ludde, Lüdde, Lücke und Lütke. Sein Vater war der Kaufmann Naamann Jansen, der erst in späteren Jahren nach der Stadt Flensburg übergesiedelt war und daselbst angesehen als Rathsherr gestorben ist. Auf Wunsch seiner Eltern war unser N. früh ins Franziskanerkloster eingetreten, wahrscheinlich zuerst in das in der Stadt Tondern, nachher lebte er in dem zu Flensburg. Er studirte von 1526–1528 auf der Sorbonne in Paris und kehrte darnach nach Flensburg zurück. Zeitlebens blieb er ein heftiger Gegner der Reformation, wie das namentlich in einer (ungedruckt gebliebenen) Schrift zu Tage tritt, die den Titel führt: „Egenvillien Martini Luthers, welker der langer tydt under de bank gelegen, samt siner kerken historie“. Er wirft darin der Reformation Inconsequenz, muthwilliges Niederreißen ehrwürdiger Gebräuche und niedere Motive vor, gibt der neuen Lehre einen nachtheiligen Einfluß auf die Sittlichkeit schuld und geißelt scharf die Uneinigkeit unter den Bekennern des neuen Evangeliums. Auch in satyrischen Gedichten hat er seiner Abneigung gegen die Reformation Ausdruck gegeben. Als 1536 die Mönche aus dem Kloster in Flensburg vertrieben wurden, zog er ins Franziskanerkloster nach Rügen, mußte jedoch auch hier schon 1537 weichen und begab sich ins Kloster Nystad auf Laaland; auch hier vertrieben, ging er nach Schwerin und von da weiter auf Reisen. Seine Verwandten erwirkten endlich bei König Christian III. von Dänemark die Erlaubniß zur Rückkehr nach Flensburg, doch unter der Bedingung, daß er bürgerliche Kleidung trage, weder predige noch lehre, auch weder öffentlich noch geheim Jemand zum Katholicismus und Uebertritt in seinen Orden verlocke. Er kam dann 1545 zurück, wohnte neben dem Kloster, lebte still mit ascetischen Uebungen und litterarischen Arbeiten beschäftigt bis an seinen Tod im J. 1575. Die von ihm verfaßten Schriften [188] befinden sich handschriftlich von ihm selbst 1547 zusammengestellt in vier Bänden in der Gymnasialbibliothek in Flensburg. Sie sind in niedersächsischer Sprache geschrieben und zeugen von eminentem Scharfsinn, guter theologischer Gelehrsamkeit, besonders großer Vertrautheit mit den besten Mystikern des Mittelalters, namentlich Gerson, von dessen Schriften sowie gleichfalls von Thomas a Kempis und Heinrich Suso er mehreres ins Plattdeutsche übersetzt hat. Bei Moller (Cimbr. litt.) findet sich ein vollständiges Verzeichniß des Inhalts dieser Schriften. Gedruckt wurden sie nicht, nur hat Dr. C. Jessen einige Proben davon, auch namentlich von seinen Gedichten mitgetheilt in Biernatzki’s Schleswig-Holsteinischem Volksbuch für 1847. N. besuchte fleißig den lutherischen Gottesdienst und hielt auch Umgang mit manchen Lutheranern, verurtheilte aber dabei fortgehend die lutherische Reformation völlig. Er vertheidigte die Nothwendigkeit der guten Werke zur Seligkeit, war aber doch fern von eigentlicher Werkheiligkeit und erkannte als allgemeine Ursache der Gerechtigkeit vor Gott die Gnade Gottes und das Verdienst Jesu Christi an, wies die Sterbenden nicht auf ihr eigen Verdienst oder das der Heiligen, sondern auf Jesu Leiden und Sterben. Er verkennt auch nicht manche Mißbräuche der katholischen Kirche und dringt auf Anerkennung der heiligen Schrift. Der nachmalige Generalsuperintendent M. J. Fabricius, der als Schüler der lateinischen Schule in Flensburg mit Mehreren in Naamann’s Hause wohnte, schreibt in seiner Selbstbiographie: Er habe bei ihm Fasten gelernt, die er sehr strenge hielt. (Königsmann, Geschichte der lateinischen Schule, S. 24.) Nach Naamann’s Heimkehr errichteten seine wohlhabenden Eltern ein Testament, das der Sohn eigenhändig geschrieben, und bestimmten ihr nicht unbedeutendes Vermögen zu milden Stiftungen unter nächster Berücksichtigung der Familie. Sie ernannten diesen ihren Sohn zum executor testamenti mit der Bestimmung, daß er freie Verfügung haben solle wegen der Verwendung des Vermögens zu frommen Zwecken. Nachdem die Eltern 1549 gestorben, zögerte er jedoch mit der Ausführung und mußte durch den Magistrat dazu getrieben werden. Er ließ nun 1557 auf dem Klosterkirchhof neben dem früheren Franziskanerkloster ein Gebäude errichten und verschrieb die Renten des übrig gebliebenen Capitals zu demselben. Er ersuchte den König Friedrich II. in diesem Gebäude ein Collegium zu errichten und gab in einer Stiftungsurkunde vom 17. April 1560 (Noodt, Beitr. II, 2, 297) die Einrichtung der von ihm gegründeten Anstalt an. Es sollten drei Lehrer angestellt werden, jeder mit 100 Gulden Gehalt außer Wohnung und Garten. Auch sollten bedürftige Schüler freie Station und freies Schulgeld daselbst haben, besonders solche aus der Naamann’schen Familie. Zugleich schenkte er dazu seine Bibliothek. Der König bestätigte diese Stiftung 1566, doch unter dem Vorbehalt, daß es dem Magistrat in Flensburg mit und nach dem Rath gelehrter Leute frei stehen solle zu ordnen und zu verbessern. Er nennt die Stiftung Gymnasium triling. et theol. orthodox. ecclesiae. Daraus erwuchs denn die lateinische Schule, das jetzige Gymnasium in Flensburg von 1566 an. Die Verwandten versuchten 1598 einen Protest, wurden aber mit ihrer Klage abgewiesen.

Vgl. Moller, Cimbr. litt. s. v.Dr. Jessen, Unser letzter Mönch in Biernatzki’s Schlesw.-Holst. Volksbuch, 1847. – G. Lau, D. Flensb. Franzisk.-Mönch L. N. in Kirchl. Monatsschrift, Itzehoe 1852, Hft. 7, S. 281. – O. H. Moller, Erneuetes Andenken der Stiftung L. N., Flensb. 1774. Dessen Verm. Nachr. u. Urk., 1775. Brasch, Flensb. Latin og Realskoles Historia, Flensb. 1861. – Jensen Michelsen, Schlesw.-Holst. Kirchengeschichte III, 136.