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Artikel „Muzelius, Friedrich“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 122–123, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Muzelius,_Friedrich&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 04:18 Uhr UTC)
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Muzelius: Friedrich M., Schulmann, eigentlich Muzell, war im Jahre 1684 zu Ruckeroht in der Grafschaft Wied geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt M. von seinem Vater Johann Jacob M., einem gelehrten Pfarrer, der nebenbei jungen Leuten Unterricht ertheilte. Merkwürdigerweise trug der Vater kein Bedenken, den Sohn zu weiterer Ausbildung der Jesuitenschule zu Hadamar zu überweisen. In Herborn und Marburg vollendete M. dann seine Studien, die auf die Erlangung eines akademischen Lehramtes gerichtet waren. Zu diesem Zwecke erwarb sich M. später in Frankfurt a. O. die Würde eines Magisters der Philosophie. Muzelius’ Wunsch sollte jedoch nicht in Erfüllung gehen, vielmehr führten ihn die Umstände dazu, die Laufbahn eines Schulmannes zu ergreifen. 1709–1711 war er Rector der Landschule zu Diez, 1712–1718 [123] Rector der reformirten Schule zu Cüstrin, die unter seiner Leitung eröffnet wurde. Im J. 1718 erhielt M. einen Ruf als Professor und Conrector an das Joachimsthal’sche Gymnasium in Berlin. In dieser Stellung ist er bis zu seinem Tode am 11. Januar 1753, der ihn mitten aus seiner Thätigkeit abrief, verblieben. Philosophie und Philologie waren die beiden Gebiete, auf denen sich M. vorzugsweise als Schriftsteller versuchte. Seinem Berufe entsprechend ließ er sich in erster Linie die Hebung des lateinischen Unterrichts angelegen sein. Eine große Anzahl für die Schule bestimmter Lehrbücher der lateinischen Sprache geben von diesem feinen Streben Zeugniß. M. verfolgte in denselben einen stufenweise vom Leichteren zum Schwereren fortschreitenden Lehrgang. Für den ersten Anfang war sein „Kleiner Trichter der lateinischen Grammatik“ bestimmt, daran sollte sich das „vestibulum“ anschließen, eine Sammlung von 285 lateinischen Gesprächen, in denen nicht nur alle wichtigen Regeln der Formenlehre und Syntax vorgebracht werden, sondern auch die Realien möglichst berücksichtigt worden sind. Die so erlangten Kenntnisse kommen alsdann zur Anwendung bei den „Imitationes“ einem Uebungsbuch zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Lateinische. Der ziemlich umfängliche „Clavis vestibuli“ ist eine Art von Lexikon, allerdings nicht in alphabetischer Ordnung; vielmehr ist die Einrichtung die, daß der zu erlernende Wortschatz in der Reihenfolge mitgetheilt wird, in der die einzelnen Worte in den beigefügten Gesprächen vorkommen. Dieser „Clavis“ ist eigentlich nur eine für die Schule bestimmte Umarbeitung des „Thesaurus eruditionis scholasticae“ von Basilius Faber (Bd. VI, S. 488), aus dem M. alle seine Angaben und Beispiele entnahm. M. wollte mit demselben dem weitverbreiteten „Liber memorialis“ des Christoph Cellarius (Bd. IV, S. 80) entgegenarbeiten, weil er dieses Werk „für unnützlich, ja sogar schädlich“ hielt und in ihm „eine beständige Quelle unzählbarer und täglich neuer Barbarismorum“ sah. Das „Compendium universale Latinitatis“ enthielt dann eine vollständige lateinische Phraseologie und sollte den Schülern den Weg zum Verständniß jedes classischen Schriftstellers ebnen. Für die Aneignung eines guten lateinischen Stiles waren eine Reihe anderer Lehrbücher von M. verfaßt worden, die bei fortgeschrittenen Schülern zur Anwendung kommen sollten. Dahin gehört der „Cornelius phraseologicus“, bestimmt „den Stylum historicum“ zu üben; die „Palaestra epistolica“, eine Mustersammlung Ciceronische Briefe enthaltend, endlich die „Palaestra oratoria“, eine Anleitung zum Verfertigen von Chrien und Reden. Mit diesen Werken meinte M. „ein gantz Curriculum scholasticum zum Stande gebracht zu haben“. Die meisten dieser Schulbücher wurden wiederholt aufgelegt und erfreuten sich eines so großen Ansehens, daß sogar einige derselben ins Französische übertragen wurden. Von den heute üblichen Methoden weicht die des M. sehr ab; sie erscheint uns bei allem Streben, „die Latinität kurtz zu fassen“ und die Erlernung der lateinischen Sprache möglichst zu erleichtern, doch sehr weitläufig und umständlich, also auch unpraktisch.

Vgl. Joh. Chr. Strodtmann, Des neuen Gelehrten Europa 3. Theil, Wolfenbüttel 1753. S. 659–674. Meusel verzeichnet im Lexikon die Schriften von M. In welcher Reihenfolge M. seine einzelnen Bücher angewendet sehen wollte, ersieht man aus seiner Vorrede zu der: Introductio in lingvam latinam ad vsvm ivventvtis Marchicae accomodata sive vestibvlvm etc. Editio nova avctior emendatior. Berolini 1751.