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Artikel „Moritz, Heinrich“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 480–481, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Moritz,_Heinrich&oldid=- (Version vom 1. Mai 2024, 22:05 Uhr UTC)
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Moritz: Heinrich M., Schauspieler, wurde am 14. December 1800 zu Lösnig bei Leipzig geboren. Sein Vater hieß Mürenberg oder Mürrenberg und war ein wohlhabender Bauer, der ihm die Mittel, sich eine gelehrte Bildung anzueignen, gewähren konnte. Nachdem er die Thomasschule in Leipzig besucht hatte, bezog er die dortige Universität, wo er anfänglich Jurisprudenz, später aber Medicin studiren wollte. Seine Betheiligung an den burschenschaftlichen Bestrebungen und sein Besuch des Burschenschaftsfestes in Jena im J. 1818 verwickelten ihn in das Schicksal Sand’s und nöthigten ihn nach der Ermordung Kotzebue’s zur Flucht. Damals soll er seinen Vaternamen aufgegeben und sich Heinrich Moritz genannt haben. Wahrscheinlicher als diese Angabe ist die Erzählung, daß er in einem Studentenduell so schwer am rechten Arm verletzt worden sei, daß er ihn lange Zeit nicht brauchen und vor allem keine Operation vornehmen konnte. Er gab daher das Studium der Medicin auf und schickte sich an, Schauspieler zu werden. Indessen bereitete ihm sein ausgeprägter sächsischer Dialekt und seine große Befangenheit viele Schwierigkeiten bei der Ausführung seines Planes. Da sich der Hofrath Kästner seiner freundlich annahm, konnte er in Leipzig als Raoul in Schiller’s „Jungfrau von Orleans“ debutiren. Aus Mangel an Beschäftigung sah er sich jedoch genöthigt, Leipzig zu verlassen und sich als Mitglied wandernder Truppen in Sachsen und Böhmen herumzutreiben. Im J. 1821 fand er Engagement in Brünn. Hier gab er zwei Jahre lang jugendliche Liebhaberrollen, bis es ihm gelang, im J. 1823 an das Isarthor-Theater nach München zu kommen. Von dort siedelte er schon im folgenden Jahre an das Hoftheater über und spielte sich bald als erster Liebhaber in die Gunst des Publicums. Nachdem er in Prag ein Gastspiel absolvirt hatte, wurde er im J. 1826 als Nachfolger Ludwig Löwe’s an das Prager Landestheater berufen, wo er gleichfalls in Liebhaberrollen vielen Beifall fand. Häufige Gastspiele machten seinen Namen bald in den Kreisen der Theaterliebhaber bekannt. So kam es, daß er im J. 1833 an die Stuttgarter Hofbühne berufen wurde, um hier als Liebhaber und Bonvivant zu wirken. Da er eine glänzende Persönlichkeit besaß, zu blenden verstand und nicht nur auf der Bühne, sondern auch außerhalb derselben den raffinirten Lebemann mit Erfolg spielte, verschaffte er sich auch in Stuttgart rasch eine vielbeneidete Stellung und gewann auf die dortige Hofbühne einen maßgebenden Einfluß. Er unterhielt lebhafte Beziehungen zu den damals emporstrebenden Schriftstellern, namentlich zu Gutzkow und Hackländer, und wußte dadurch, daß er mit der damals in Stuttgart allmächtigen Amalie Stubenrauch gemeinsame Sache machte, es dahin zu bringen, daß er im J. 1838 nach dem Abgange Seydelmann’s die Stelle eines Oberregisseurs erhielt. Er galt damals als der eleganteste, deutsche Salonschauspieler, und man rühmte ihm nach, daß er die Kunst der Regie erst wirklich zur Kunst gemacht habe. Allerhand Intriguen führten dazu, daß man ihm im J. 1846 dieses Amt wieder abnahm, doch wagte man ihn nicht sofort zu entlassen, da man wegen seiner Beliebtheit im Publicum vor einem öffentlichen Aergerniß zurückschreckte. Aber ein Rückenmarksleiden, das sich um diese Zeit bei ihm zu entwickeln [481] anfing, lähmte seine Kraft und verhinderte ihn, sich an einer auswärtigen Bühne ein Engagement zu suchen. Obwol er schon einmal mit einer Baronin Schluditzka verheirathet gewesen, im J. 1845 aber von ihr wieder geschieden war, entschloß er sich im J. 1847 zu einer neuen Ehe mit einem blutjungen, blühenden Mädchen, der Sängerin Roeckel, der er nach Schwerin gefolgt sein soll. Wie weit diese Angabe stimmt, ließ sich nicht ermitteln. Sie klingt jedoch wenig wahrscheinlich, da die bekannte Sängerin Loisabeth Roeckel erst im J. 1841 in Weimar geboren wurde und erst während der Jahre 1863 bis 1866 in Schwerin engagirt war. Nachdem M. in Stuttgart pensionirt worden war und die Weisung erhalten hatte, seinen Wohnsitz außerhalb Stuttgarts zu wählen, zog er nach Wien, wo er am 6. Mai 1868 (kaum 1867) gestorben sein soll.

Vgl. Wurzbach, Biogr. Lex. d. Ksrth. Oesterr., Wien 1868. Bd. XIX, S. 89–92. – Allg. Theater-Lexikon hrsg. von K. Herloßsohn, H. Marggraff u. A. Neue Ausgabe. Altenburg u. Leipzig 1846. V, 309, 310. – K. Gutzkow, Rückblicke auf mein Leben. Berlin 1875, S. 119 fg. Vgl. auch Gutzkow, Aus der Zeit und dem Leben. Leipzig 1844, S. 434. – Franz Grandaur, Chronik des kgl. Hof- u. National-Theaters in München. München 1878 (Register). – F. W. Hackländer, Der Roman meines Lebens. Stuttgart 1878. I, 169 fg., 173, 177, 181 fg. – A. Palm, Briefe aus der Bretterwelt. Stuttgart 1881 (Register). – L. Eisenberg’s Großes Biograph. Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig 1903, S. 690, 691. – H. H. Houben, Emil Devrient. Sein Leben, sein Wirken, sein Nachlaß. Frankfurt a. M. 1903.