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Artikel „Mind, Gottfried“ von Carl Brun in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 765–766, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mind,_Gottfried&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 09:47 Uhr UTC)
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Mind: Gottfried M., Thier- und Genremaler, geb. zu Bern 1768, † daselbst am 7. November 1814. Sein Vater war Schreiner und Formschneider, stammte aus Lipisch in Oberungarn und hatte sich in den sechziger Jahren zu Worblaufen bei Bern niedergelassen; das Bürgerrecht erwarb er in Pizy im Kanton Waadt. Die ersten Eindrücke empfing der Sohn, welcher von der Natur geistig wie körperlich gleich schlecht bedacht war, bei einem Herrn Gruner, für dessen Papiermanufactur der alte M. arbeitete. Hier lernte Gottfried einen deutschen Maler, Namens Legel, kennen, der ihm an der Hand der Riedinger’schen Thierbilder, welche Gruner besaß, Unterricht im Zeichnen ertheilte. Einzig den Keim zu einem Künstler trug der Knabe in sich, im Uebrigen war er nicht viel mehr als ein Trottel, der auf allen Gebieten menschlichen Wissens nie über die Anfänge hinausgekommen ist, kaum vermochte er seinen eigenen Namen zu schreiben. In den Jahren von 1780–1785 nahm Siegmund Freudenberger, auf M. aufmerksam gemacht, denselben zu sich und gab ihm Anweisung im Coloriren. Seitdem hat er das Freudenberger’sche Haus nicht mehr verlassen. Solange der Meister lebte, war er ihm ein treuer Mitarbeiter, und nach dessen Tode blieb er bei der Wittwe, von Morgens früh bis Abends spät sich in seine Thierwelt vergrabend. Die Arbeiten Mind’s – der Künstler selbst hatte keine Ahnung von seiner Bedeutung – pflegte Frau Freudenberger, um zu ihrem Kostgelde zu gelangen, an reiche Liebhaber zu verkaufen.

Der Schwerpunkt von Mind’s Thätigkeit liegt in seinen Thierbildern, besonders in seinen Katzen, die Keiner, weder vor noch nach ihm, so lebendig dargestellt hat. Mit vollem Recht trägt M. daher auch den Beinamen „Katzen-Raphael“. Die Katzengruppen des Meisters wurden schnell populär und sind zum Theil durch die Lithographie und den Stich vervielfältigt. 1827 kamen bei G. Fleischer in Leipzig zehn Blätter mit einer kurzen Biographie Mind’s heraus, außerdem veröffentlichten Brodtmann und Franz Hegi nach M., der erstere sechs, der letztere vier Blätter mit Katzengruppen. Gute Originale – lauter Aquarelle – finden sich im Basler Museum, im Künstlergut zu Zürich und im Schweizer Künstleralbum in Zofingen. Unerschöpflich ist der Künstler im Auffinden neuer Motive, zahllos sind die Variationen, welche seiner durch die feinste Beobachtungsgabe geleiteten Phantasie entspringen. Das Spiel der alten Katze mit den Jungen, die Fütterungsstunde, der Mittagsschlaf, wie Katze und Kater knurrend mit Mißtrauen einander messen, alles das sind Momente, die in typischer Weise bei M. in die Erscheinung treten. Auch in der Darstellung anderer Thiere versuchte sich der Meister. Schon als Knabe pflegte er Bären, Pudel und Löwen aus Holz und gedörrten wilden Kastanien zu schnitzen, in reiferen Jahren bildete er sie nur noch mit dem Pinsel nach. Vielfach angeregt wurde M. in seinen Studien durch die Benutzung der reichhaltigen Kupferstichsammlung Siegmund Wagner’s in Bern, in der er oft Stunden lang mit Wonne kramte. Wagner erzählt, daß seine Lieblingsmeister Rubens, Rembrandt, Potter und Riedinger [766] gewesen seien, dagegen habe er den Katzen von Cornelius Vischer und Wenzel Hollar keinen Geschmack abgewinnen können. Unter den Genrebildern Mind’s zeichnen sich vor allem die humorvollen Kinderspiele aus, von denen der bereits erwähnte Brodtmann eine Folge von zehn Blättern publicirte, besonders gelungen in der Composition ist eine Gruppe „Blindekuh spielender Bauernkinder“. Jedoch auch Scenen, von Erwachsenen gespielt, ernste wie komische, geriethen dem Künstler, hierher gehören „Die Heuernte auf dem Lande“ und „Der Affentanz“, letzterer eine beißende Satyre. Technisch machen Mind’s Arbeiten alle einen sauberen und in den Farben harmonischen Eindruck.

S. Neujahrsstück der Zürcher Künstlergesellschaft. 1816.