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Artikel „Maulbertsch, Anton Franz“ von Paul Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 689–691, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maulbertsch,_Franz_Anton&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:59 Uhr UTC)
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Maulbertsch: Anton Franz M. (auch Maulbetsch, Maulpertsch, Maulpetsch, Maubbertsch, Maubbetsch, Maulbert, Molbertsch; die vorstehende Schreibweise ist indeß nach dem Taufregister die richtige), Historienmaler, als Sohn des Malers Anton M., welcher schon in alten Nachrichten seiner Heimath als pictor artificiosus bezeichnet wird, geb. den 7. Juni 1724 zu Langenargen am Bodensee, in der vormaligen Grafschaft Tettnang-Montfort, jetzt in Württemberg, † in Wien den 9. August 1796, kam in seiner Jugend durch die Vermittelung des auf den talentvollen Jüngling aufmerksam gewordenen Grafen Ernst aus dem von jeher kunstliebenden Montfort’schen Geschlechte nach Wien zu dem Maler van Roi in die Lehre und besuchte hernach daselbst mehrere Jahre die k. k. Akademie der bildenden Künste, welche ihm im J. 1750 unter dem Director Jakob van Schuppen den ersten Preis zuerkannte. Nachdem er im J. 1760 unter die Mitglieder dieser Akademie, deren Versammlungssaal er am Plafond mit allegorischen Fresken ausgeschmückt, aufgenommen worden war, nahm er seinen bleibenden Aufenthalt in der Kaiserstadt; zahlreiche Kunstaufträge für Schlösser, Abteien, Kirchen und Private und zur Abwechselung auch einige Reisen nach Italien, Rom etc. führten ihn jedoch viel von Wien weg und nach auswärts; die Ausführung der ihm gestellten Aufgaben blieb nicht hinter seinem Rufe [690] zurück und auch die öffentliche Anerkennung blieb nicht aus: nicht nur rückte er im J. 1770 zum Rathe der Wiener Akademie vor, sondern es wurde ihm auch die Auszeichnung der Ernennung zum k. k. Kammermaler sowie der Mitgliedschaft der Berliner Akademie der bildenden Künste zu Theil. Eine vollständige Aufzählung all seiner vielen, vorwiegend al fresco dargestellten Arbeiten, welche man in Wurzbach’s biographischem Lexikon des Kaiserstaats Oesterreich (XVIII. Theil S. 137–139) und zum Theil in Dlabacz’ historischem Künstlerlexikon für Böhmen findet, würde bei seiner Productivität hier zu weit führen. Es genüge nur, einige derselben hervorzuheben, so die Fresken in der Bibliothek des Prämonstratenserstifts Strahow in Prag, über welche ein eigenes, eine Ansicht des Saales enthaltendes Werk unter dem Titel erschienen ist: Historische Beschreibung der von – am Bibliothekgebäude der Rev. Prämonstratenserordens-Canonie am Berge Sion zu Prag im J. 1794 verfertigten Gemälde. Prag, 1797. 4°; die Wandmalereien in der Hofcapelle und den Zimmern der Kaiserin Maria Theresia zu Innsbruck, in der Seitencapelle des heiligen Benno in der Hofkirche von Dresden; von Oelbildern mögen hier angeführt werden: drei Altarblätter für die Piaristenkirche zu St. Joseph Calasanz in Wien; das Hochaltarbild in der Kathedrale zu Raab; und Kaiser Joseph II., wie er in Mähren selbst den Pflug führt. Seiner Wirksamkeit nach gehört M. beinahe ausschließlich Oesterreich an, welches ihm zum zweiten Vaterlande wurde; in seiner Heimath, wo man ihn blos dem Namen nach kennt, hat er sich auch nicht durch ein einziges Kunstwerk verewigt. – Außerdem radirte M. Einiges in gelungener Weise, so: Ein Charlatan auf seinem Gerüste, vor ihm rechts viel Volk; ein (in großartiger malerischer Manier ausgeführtes) emblematisches Bild der Duldung; ein Bänkelsänger mit Guckkasten auf einem Gerüste links, rechts mehrere Volksgruppen; und nach ihm stach eine Reihe geachteter Künstler, wie Alberti, P. K. Fellner, Nothnagel, J. Beheim, F. Aßner, J. Schmutzer, C. Kohl etc. – Maulbertsch’s Hauptfeld war die Freskomalerei; man rühmt an ihm Größe und Originalität in Composition und Gedanken, Genialität und Lebhaftigkeit in seinen Figuren, reizende, manchmal etwas bunte Farbengebung, welcher man namentlich bei seinen späteren Bildern das eingehende Studium italienischer Meister anmerkt, gute Vertheilung von Licht und Schatten; seine Zeichnung will man dann und wann etwas manierirt gefunden haben; auch sollen seine Arbeiten hin und wieder nicht alle gleich gut ausgefallen und manchmal von verschiedenem Werthe sein. M. war unstreitig ein großes Talent und einer von den Künstlern, die in Deutschland Ende des vorigen Jahrhunderts den Ton im großen historischen Fach angaben. – Ein nicht unbedeutender Schüler von M. war der zu Kreßbronn, einem zur ehemaligen Grafschaft Montfort gehörigen Weiler, im J. 1737 geborene (1812 in Langenargen gestorbene) Maler Andreas Brugger, welcher ebenfalls durch die Protection des kunstsinnigen Reichsgrafen Ernst nach Wien kam und hier den Unterricht seines Landsmannes M. genoß. Durch die Munificenz des Grafen Franz Xaver von Montfort wurde es ihm später möglich gemacht, zu seiner weiteren Ausbildung noch nach Rom zu gehen, wo er mehrere Jahre mit Erfolg zubrachte und auch einen Preis errang. Bei seiner Rückkehr in die Heimath, an welcher er mit Leib und Seele hing, war daselbst gerade, wie beinahe in ganz Süddeutschland, die malerische Ausschmückung der Kirchen im damals herrschenden Rococostile im vollsten Gange. Wohl oder übel mußte auch er sich dieser Kunstrichtung oder besser gesagt Kunstverirrung, welcher sich zwar lebendige Composition, virtuose Technik und Farbenpracht nicht absprechen läßt, fügen; eine Reihe von Deckengemälden in Kirchen, so zu Rorschach, Tettnang, Gattnau etc. sind sein Werk; das zu Wurzach im Mittelschiff der Hofkirche, ein mit allen unvermeidlichen Zuthaten der Zopfmalerei ausgschmücktes Parforcestück in der Art des Januar Zick soll er in nicht mehr als zwei Monaten [691] vollendet haben; in viele andere Kirchen, wie in die von Langenargen, Weissenau, Engerazhofen, Oberdorf etc. lieferte er Oelgemälde von seiner Hand. Doch kann man eben nicht sagen, daß diese Thätigkeit in Verbindung mit der Abgelegenheit seines Wohnortes von den Sitzen der Kunst und mit dem Mangel an jeder Anregung von günstigem Einfluß auf seine künstlerische Entwickelung gewesen wäre; und so kam es, daß er, der sich aus diesem engen Wirkungskreise leider nicht loszureißen vermochte, nach und nach in seiner Kunst eher Rückschritte als Fortschritte machte, und nicht das leistete, was sein nicht geringes Talent einst versprach.