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Artikel „Marezoll, Johann Gottlob“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 316–317, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Marezoll,_Johann_Gottlob&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 06:08 Uhr UTC)
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Marezoll: Johann Gottlob M., protestantischer Theolog und Kanzelredner, geb. am 25. Decbr. 1761 zu Plauen im Voigtlande, † am 15. Januar 1828 in Jena. Sein Vater, ein österreichischer Feldwebel, starb vor seiner Geburt; seine Mutter, eine geb. Köhler, ließ ihn trotz ihrer Armuth unter Beihülfe einer Schwester das Gymnasium seiner Vaterstadt besuchen. Um sich zum Schulamt auszubilden, bezog er 1775 die Universität Leipzig, widmete sich aber später von Morus angezogen, dem Studium der Theologie und nahm sich besonders den damals gefeierten reformirten Prediger in Leipzig, G. J. Zollikofer, zum Vorbild der Kanzelberedtsamkeit. Von diesem und von Chr. Felix Weiße unterstützt, vollendete er seine Studien 1783 und bestand das Kandidatenexamen in Dresden. Als Hauslehrer in einem einsamen Oberförsterhaus an der böhmischen Grenze gab er ein Bändchen Predigten heraus (Leipzig 1787), sowie eine anonyme Schrift unter dem Titel „Das Christenthum ohne Geschichte und Einkleidung“, 1787 und ein „Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht“, Leipzig 1788–89, das drei Auflagen erlebte und ins Dänische, Schwedische und Holländische übersetzt wurde. Diese Schriften verschafften ihm 1789 einen Ruf zu der Stelle eines Universitätspredigers in Göttingen; 1790 wurde er zugleich außerordentlicher Professor der Theologie und Director des Predigerseminars, trat in demselben Jahr in die Ehe mit Karoline geb. Mayenberg aus Göttingen; hielt Vorlesungen über Homiletik und theologische Moral, gab auch Predigten unter dem bezeichnenden Titel „Predigten in Rücksicht auf den Geist und die Bedürfnisse des Zeitalters“, Göttingen 1790–92 und einige Abhandlungen und Schriften heraus, besonders eine apologetische Schrift „Ueber die Wahrheit des Christenthums bewiesen aus der Uebereinstimmung desselben mit dem Naturgesetz“, 1793 und eine homiletische „Ueber die Bestimmung des Kanzelredners“. Im Jahr 1794 folgte er, nachdem er von der Göttinger Facultät die Ordination zum Predigtamt und von Helmstädt die theologische Doctorwürde erhalten, einem Ruf nach Kopenhagen als Hauptpastor an der deutschen Petrikirche. So angenehm und vortheilhaft aber auch seine dortige Stellung war, so konnte er doch bei seiner zarten Gesundheit das nordische Klima nicht vertragen und ergriff daher 1808 gern den durch Herder’s Vermittelung auf einer Erholungsreise nach Deutschland ihm gewordenen Antrag, die freilich äußerlich weit weniger einträgliche Stelle eines Consistorialraths, Superintendenten und Oberpfarrers in Jena nebst einer theologischen Honorarprofessur an der Universität zu übernehmen. Der Professur entsagte er schon im folgenden Jahre, um sich ganz seinem kirchlichen Beruf zu widmen, in welchem er bald den Ruf eines der bedeutendsten Kanzelredner Deutschlands erlangte. Sein theologischer Standpunkt war und blieb der des damals herrschenden Rationalismus, der in Jesus vor Allem den Lehrer und das Vorbild der Tugend sieht, im Christenthum die vollkommenste Anstalt der göttlichen Liebe zur Erleuchtung, Besserung und Beseligung der Menschen. Doch vertrat er diesen Standpunkt mit Ernst, Geist und innerer Wärme, mehr auf den Verstand und Willen als auf das Gefühl zu wirken bedacht, in der Form auf gewählte und klare Diction, kunstvollen Periodenbau, lebendige und eindringliche Action Werth legend, im Leben als offener und milder Charakter, durch heiteren Sinn und geselliges Talent allgemein beliebt und verehrt. Seine zunehmende Kränklichkeit nöthigte ihn zuerst [317] sein Ephoralamt niederzulegen und warf ihn zuletzt auf ein längeres Krankenlager, bis er nach wiederholten Schlaganfällen am 15. Januar 1828 verschied. Neben einer größeren Predigtsammlung (in 9 Bänden) gab er viele einzelne Predigten, besonders eine Reihe von Reformationspredigten, die eine Zeitlang förmlich berühmt waren, in Einzeldrucken heraus, z. B. 1808 „Ueber die Wiedervereinigung der protestantischen und katholischen Kirche“, ferner 1816, 1818, 1822, 1823 etc. Eine Anzahl von Predigten und Homilien Marezoll’s hat nach seinem Tod H. A. Schott in Jena 1829 herausgegeben nebst biographischen Nachrichten von seinem Leben.

Außerdem vgl. Beyer’s Allg. Magazin f. Prediger, Bd. 7; Ammon, Magazin für Prediger, Bd. 4. 1819; Allg. KZeitung 1828. Nr. 79; Neuer Nekrolog der Deutschen, 1828, I, S. 42 ff.; Döring, Deutsche Kanzelredner, Neustadt 1830, 225 ff.; Salfeld-Oesterley, Göttinger Gelehrten-Geschichte III, 200, IV, 298; E. Schwarz in der Theol. REnc. 1. A. Bd. XX, S. 91 ff.; C. H. Sack, Geschichte der Predigt, 1866, S. 212.