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Artikel „Marchtaler“ von Karl Gustav Veesenmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 300–301, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Marchtaler&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 17:57 Uhr UTC)
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Marchtaler, auch Marchtaller, Marchthaler geschrieben, ist der Name einer Familie, welche in verschiedenen Reichsstädten, in Eßlingen, Augsburg, namentlich in Ulm ausgezeichnete Männer erzeugt hat. Sie stammt aus Ermingen, aus dem Hochgesträß westlich von Ulm, nahe bei Allewind, wo der erste bekannte Hans M. einen Meierhof und acht Söhne hatte. Von diesen und ihren Nachkommen haben sich folgende in Ulm einen Namen gemacht:

Bartholomäus M. (geb. 1476, † 1560), von der Marner (= Grautucher) Zunft, hatte sich an den Begründer der Sammetfabrikation in Ulm Martin Scheler angeschlossen, war selbst nach Como gegangen, um die Geheimnisse der Sammtweberei zu ergründen und hatte hinter dem Rücken der Welschen die Webstühle abgemessen. Er wurde früh in den Rath der Stadt gewählt, und erhielt 1547 von Karl V. für sich und seine Brüder Veit und Hans einen Adelsbrief und ein Wappen (ein Kranich in natürlicher Farbe in blauem Felde). Von Kaiser Rudolf II. wurde die Familie im J. 1599 in den Reichsadelstand erhoben. Die Wolle zu seinem Sammt holte er selbst aus Frankreich und besuchte regelmäßig die Frankfurter und Straßburger Messen.

Veit M. (geb. 1564, † 1641?), war in jüngeren Jahren längere Zeit in Ungarn und erbeutete bei der Erstürmung der Grenzfestung Fillek 1593 ein werthvolles Manuscript, welches er mit nach Ulm brachte. Er theilte es dem Professor Ulrich Schmid in Ulm und dem Professor Schickard in Tübingen mit, der es herausgab unter dem Titel: „Tarich, h. e. series regum Persiae ab Ardschir-Babekan usque ad Jazdigerdem a Caliphis expulsum, per annos fere 400 cum prooemio longiori … omnia ex fide manuscripti voluminis … quod primus in Germaniam invexit Vitus Marchthaler Ulmanus Opusculum recens, serviturum historicis, philologis, geographis et quibuslicet curiosis, indicibus quoque ornatum authore Wilhelmo Schickardo, Prof. hebr. Tubingae, typis Theod. Werlini“, 1628. 4°. Das Original war zuletzt in dem Besitz der Familie Marchtaler in Eßlingen; eine Abschrift in Wien, von Veit M. selbst verfertigt, in Wolfenbüttel, ebenfalls von ihm, und eine in Ulm, von Dr. Frank sorgfältig abgeschrieben. Sie ist noch jetzt auf der Stadtbibliothek.

Vgl. Lessing’s Beiträge zur Geschichte d. Litteratur aus der Wolfenbüttelschen Bibliothek II, 51–74. – Chr. Fr. Schnurrer’s Nachrichten von ehemaligen Lehr. d. hebr. Litteratur in Tübingen, Ulm 1792. S. 212–225.

[301] Veit M. (? des vor. Sohn, geb. 1612, † 1676) ist der Verfasser einer ausführlichen Chronik der Stadt Ulm, welche augenscheinlich auf einem sorgfältigen Quellenstudium beruht, und auch in dieser Hinsicht gänzlich verschieden ist von den zahlreichen Miscellenchroniken, welche wir haben. Der wohlgeordnete Stoff ist in zehn, allerdings ungleich große Abtheilungen gebracht mit einer elften als Anhang. Die Marchtaler’sche Chronik ist in zahlreichen Abschriften vorhanden, welche allerdings nicht ganz gleich, sondern von den Abschreibern da und dort abgekürzt, geändert, auch wohl von Späteren mit Zusätzen und Anhängen versehen sind. Die Ulmer Stadtbibliothek besitzt deren sieben in Folio. Der Verfasser citirt öfters Aufzeichnungen von B. M. (Bartholomäus M., nicht der oben genannte, vielleicht ein Sohn oder Enkel desselben); da seine Verwandten und Vorfahren bedeutende städtische Aemter bekleideten, als Kriegsherren, Oberrichter u. dgl., so konnte er viele den gemeinen Chronisten unbekannt bleibende Thatsachen und Notizen mittheilen. – Der Stammbaum der Familie weist die Namen Bartholomäus und Veit mehrfach auf; es ist nicht leicht, die richtigen Träger derselben zu erkennen, und auch in unseren Quellen scheint einige Verwirrung obzuwalten. – Die Stadtbibliothek hat auch eine merkwürdige Hauschronik von Johann Bartholomäus Marthaler von 1566 an, mit vielen Anhängseln von Späteren, und eine zweite, angeblich von einem Bartholomäus Marchthaler, viel interessantes enthaltend, beide in Quarto. Die Familie blüht noch heute in Württemberg: ihr Senior ist dermalen der Generallieutenant Anton von Marchtaler.

Conrad M., studirte um 1545 in Wittenberg, war nachher Rechenmeister, 1547 Eichmeister und Visierer in Ulm. Von ihm ist verfaßt: „Visierbüchlin“. Gestellt und gemacht durch Conrad Marchtaller Inn Vlm. 1554. 4°.

Vgl. überhaupt den viel berufenen, aber hier mit besonderer Vorsicht zu benutzenden Albr. Weyermann, Nachrichten von Gelehrten, Künstlern etc. aus Ulm. Ulm 1798. 8°. S. 384 ff. Fortsetzung Ulm 1829, S. 295.