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Artikel „Mahlknecht, Dominik“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 94–96, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mahlknecht,_Dominik&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:02 Uhr UTC)
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Mahlknecht: Dominik M. (auch Mallknecht), Bildhauer, geb. in der im Grödner Thal (Oesterreich. Tirol) gelegenen Gemeinde Ueberwasser am 19. November 1793, † am 17. Mai 1876 zu Paris, reiht unter die glücklichen Söhne der Berge, deren Talent schon während der ersten Regungen Beistand erhielt von einer die Heimstätte umfriedenden volksthümlichen Kunst. Wer wüßte nicht von der im Grödner Thal als nährender Export betriebenen Zirbelholzschnitzerei! Der begabte junge M. lebte sich in diese im Vaterhause betriebene Kunst mechanisch ein, zeigte dabei aber frühe genug das Bestreben für über die gegebene Schablone hinausgehendes eigenes Schaffen, wozu ihn die Schnitzwerke höherer Ordnung, in den alten Kirchen der „Ladiner Colonie“ gesehen, ermuntert hatten. Kein Zweifel, daß der einsichtige Vater dann auch gutwillig einen sein eignes Können überragenden Meister für ihn suchte. Denn zeitgenössische Berichte besagen: M. kam in eine Werkstätte, wo er Figuren für Kirchen und profandecorative Zwecke – aus der Mythologie – schnitzen lernte. So im Verlaufe weniger Jahre erwerbsfähig und nahezu selbständig geworden, genügte ihm doch nicht das Daheimbleiben, trieb es ihn jetzt erst recht über die Thalabgrenzungen hinaus. Die Handhabe dazu gab der Waffenaufruf Andreas Hofer’s von 1809, dem er an Stelle seines Vaters folgte. Dadurch kreuz und quer im Tirolerlande zur Umschau gekommen und dabei weniger leidenschaftlich für das Vernichten des Feindes wie für das Aufsuchen von Kunstwerken aus der alten guten Zeit, legte M. wol damit auch den festen Grund für seine später in reicher Blüthe sich entwickelnde Künstlerschaft. – Zwar endete noch im selben Jahre mit der Auflösung des Landsturmes die so zufällig gewonnene Freizügigkeit und nöthigte zur Wiederheimkehr, doch nur für kurze Zeit. Durch die Bekanntschaft mit einem alten Kunden der Grödner, einem Händler aus dem Schwarzwalde, der seine Einkäufe weithin, vornehmlich nach Frankreich, vertrug, zum Entschlusse einer [95] neuen Auswanderung gekommen, zog er mit diesem, in der verabredeten Eigenschaft eines Mitverschleißers, denn auch über die Grenze. Mit dem Erreichen von Lyon aber dieser seltsamen Geschäftstheilnahme wieder überdrüssig, ging M. von da ab seine eigenen Wege, ging zunächst nach Paris, wo er nebst Erwerb die reichlichsten Mittel zur Weiterbildung vorfand. Zwar fehlen bestimmte Angaben über die Dauer des Aufenthalts, doch läßt sich nach der Folge schließen, daß dieser hinreichend war für eine gründliche Umwandlung in seiner Kunstrichtung. Erkennbar machte sich dies zunächst durch den Eintritt in das Atelier eines Steinbildhauers in Le Mans – eines Landsmannes, den er in Paris zufällig kennen lernte – unter dessen Leitung M. nun rasch vom Holzschnitzer aufstieg zum gewandten Modellirer und handfertigen Steinbildner. Als solchen finden wir ihn von 1812 an in Nantes, vorerst im Anschluß an einen dortigen vielbeschäftigten Bildhauer über der Ausführung monumentaler Werke, bald aber als Inhaber des eignen Ateliers und zu Ruf gelangten Künstlers. Die nachweisbar ersten Werke dieser Selbständigkeit datiren in das Jahr 1815 und bestanden in einer Anzahl von Figuren für die neuerbaute Kapelle des Frauenklosters (der „Congregation der Töchter christlicher Liebe“ – für Krankenpflege). Diesem Auftrage folgten sofort andere, besonders nach jenem vom Departementspräfecten für die Statuen der ritterlichen Waffenbrüder: des Connetable Bertrand du Guesclin und Olivier de Clisson, für die Hauptstraße (le Cours) von Nantes. Thatsächlicher Erfolg der glücklichen Lösung dieser Aufgabe war seine Ernennung zum Lehrer der Bildhauerei an der Kunstschule. Sein bürgerliches Ansehen erhöhte zudem noch die Vermählung mit der schönen Tochter des Glockengießers von Rennes. Aus der stattlichen Reihe monumentaler Arbeiten dieser Glanzperiode heben sich besonders hervor die von 1821 ab noch für Nantes entstandenen Statuen der Königin Anna von Bretagne und des Connetable Richemont, am le Cours aufgestellt; die von Louis XVI. für den nach ihm benannten Platz, die neun Musen für die Colonnade des Theaters und die Kolossal-Standbilder von Corneille und Molière für das Theaterportal. Anschließend entstanden Wiederholungen der Statue du Guesclin’s für den Hauptplatz von Dinan und für Rennes; die von Louis XVI. für Louroux und für Rennes, letztere (1830) in Marmor ausgeführt, kam in Folge der Julirevolution nicht zur Aufstellung. In die Zwischenzeit datirt noch die Statue des General Charette für Legé in der Vendée, die des General Chatelineau für Le Pain en Mauge (Vendée) – die später ins Museum von Angers kam – und ein von der Regierung ausgehender Auftrag für das Standbild des Seehelden Duguay Trouin, nach St. Malo bestimmt, das M. bedungenerweise in Paris in einem am Marsfelde eigens für ihn errichteten Atelier ausführen mußte. Aus diesem gingen auch noch die von der Regierung für das Haus der Deputirten bestellten Statuen Karls des Großen und Ludwigs des Heiligen hervor – deren Aufstellung jedoch ebenfalls durch die Julirevolution hintan gehalten wurde – bis wohin aber M. schon – Anfang 1830 – in Anbetracht seiner vorzüglichen Leistungen von der Pariser Akademie der schönen Künste zum Ehrenmitgliede ernannt worden war. – Vom staatlichen Umsturze, dessen Zeuge er nun wurde, weniger in seiner Existenz, vielmehr in seiner Geschmacksrichtung berührt, wovon die 1831 als lebensgroße Marmorstatue vollendete „Im Bade überraschte Venus“ Zeugniß gab, glückte es ihm gleichwol sich eines neuen Publikums zu bemächtigen. Denn kaum aufgestellt, wurde das Werk für’s Museum lebender Künstler angekauft, wurde ihm überdies dafür vom König Ludwig Philipp die goldene Medaille für Kunst persönlich überreicht. Weitere Ermunterung zum Beharren auf dem neu eingeschlagenen Wege gab die Bestellung des „Adonis“ für den Triumphbogen de l’Etoile. Im gleichen Zuge entstand das Modell „Ulysses auf seine Heimkehr [96] nach Ithaka sinnend“, das er später dem Ferdinandeum zu Innsbruck schenkte und dafür den Titel eines Ehrenmitgliedes dieser Institution erhielt. – Der Folgezeit gehören die Arbeiten für die Notre dame Kirche zu Metz an, und zwar die neun Schuh hohe Statue der Mutter Gottes, die der sieben Schuh hohen vier Evangelisten und drei – in Bronzeguß ausgeführte – Reliefs für den Hochaltar daselbst. – Die erworbene Rangstellung kennzeichnet zudem noch, daß ihm der Herzog von Bordeaux nach der gelungenen Ausführung seiner Porträtbüste in Marmor den Titel eines Bildhauers Sr. königl. Hoheit verlieh. Gleiche Gunst wandte ihm Louis Napoleon zu und wurde dieses auch zum Anlasse der nachherigen Uebersiedelung Mahlknecht’s nach Paris. Auffälligerweise sind nirgendher über die hier verlebte letzte Periode des Künstlers sichere Daten zu erlangen. Selbst das für ihn natürlich interessirte Ferdinandeische Museum zu Innsbruck wußte in seiner Zeitschrift (21. Heft vom Jahre 1877) zur Todesanzeige nichts weiter hinzuzufügen als: „dieser schaffende Geist – der als Meister der Bildhauerkunst den Ruhm des Vaterlandes weit über dessen Grenzen trug – dachte noch in seinen letzten Tagen der fernen, geliebten Heimath, und die Hand, müde schon den gewohnten Meißel zu führen, langte noch nach der Feder, um dem vaterländischen Museum durch Zuschrift sein trefflich Bildniß, von Bouillard gemalt, als Zeichen seiner Anhänglichkeit zu widmen.“ Außer dem vorgenannten „Ulysses“ besitzt das Museum noch eine lebensgroße Bronzestatue der „Terpsichore“; eine Copie der „Venus im Bade“ in Bronze; „Die Religion“, Statuette in rothgebrannter Thonerde, und „Rhätia“ als Gypsstatuette. – Seine Werke, reicher Phantasie entsprungen, mit durch Studien geläutertem Geschmacke und voll geistigen Lebens ausgeführt, zeigen zugleich die volle Beherrschung des Materials.

Staffler, Das deutsche Tirol u. Vorarlberg. Innsbruck 1847. Nagler, Allg. Künstler-Lex. Müller-Klunzinger, Künstler aller Zeiten etc. Zeitschr. d. Ferdinandeums, 1877. Revue des deux mondes, Jahrg. 1852. Eigene Forschungen. Tiroler Bote v. 24. März 1877.