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Artikel „Madihn, Ludwig Gottfried“ von Albert Teichmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 36–37, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Madihn,_Ludwig_Gottfried&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:04 Uhr UTC)
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Madihn: Ludwig Gottfried M., Rechtsgelehrter, Bruder des Georg Samuel M. (s. d.), geb. zu Wolfenbüttel am 12. Januar 1748. Wegen der traurigen Zeitverhältnisse und der großen Kinderzahl konnte die Mutter auf die Erziehung des „wilden Flüchtlings“ nicht viel verwenden. Nach Vollendung der Studien, welche ihm durch die Bücher des geliebten Bruders etwas erleichtert worden waren, wurde er 1772 in Halle Doctor der Rechte, beschäftigte sich mit Rechtsgeschichte, praktischen Collegien und Repetitorien, um seine Existenz zu sichern. Zwölf Jahre lang (1773–1785) war er sodann außerordentlicher Professor in Frankfurt a. O., später selbst als ordentlicher Professor nur mit 300 Reichsthalern Gehalt, wobei er in der Facultät diejenigen Sachen bearbeiten mußte, welche man ihm zuschob und diejenigen Collegien lesen mußte, welche kein Anderer lesen konnte oder wollte. So kam es, daß er Vorlesungen über fast alle Theile der Rechtswissenschaft hielt und für den Gebrauch seiner Zuhörer eine Menge von Compendien verfaßte. Wie seine sonstigen Schriften ließ er diese auf eigene Kosten drucken; denn es schien ihm – wie er in den „Miscellen“ sagt – nichts erniedrigender, als etwa in dem Achselzucken eines Verlegers die Antwort zu erhalten, „man möge ihn mit Ladenhütern verschonen“, was ja auch bei ihm der Fall sein könnte! Nach den verschiedensten Richtungen hin erwies er sich während einiger Jahre werkthätig als Director des Armenwesens, des Hospitals, des Waisenhauses und sonstiger milder Stiftungen. Die Verlegung der Universität nach Breslau (1811) scheint ihn in weniger angenehme Kreise gebracht zu haben, da er Trost suchte in dem Ausspruche Goldoni’s:

Teatro è il mondo, ogni vivente è attore;
Tizio ride di me, di Tizio io rido.

Am 1. Mai 1812 wurde der Senat der Universität aufgefordert, einen Entwurf zu den Statuten und zur Stiftungsurkunde nach dem vorhandenen Material dem Departement für Kultus und öffentlichen Unterricht vorzulegen. M. unternahm die erste Zusammenstellung, welche die beiden verlangten Entwürfe in ein Ganzes verband. Durch den Rector Magnificus Dr. Berends erfuhr diese Arbeit eine Umarbeitung. Einige Jahre darauf (1817) ehrte man ihn durch Wahl zum ersten (gewählten) Rector, indem bis dahin die Regierung den Rector ernannt hatte. Am 10. Mai 1822 emeritirt, lehrte er, trotz Lähmung durch einen Schlaganfall, fortan als Prof. honorarius, und erwarb sich als Lehrer, wie als Schriftsteller, in weiten Kreisen hohe Verehrung. Bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctorjubiläums (11. April 1822) hatte er den Rothen Adlerorden 3. Klasse erhalten. Er starb am 6. März 1834. – Eine Würdigung seiner Schriften gab er selbst 1814 in der Vorrede seiner lesenswerthen „Miscellen“. Er legte besonderen Werth auf seine „Principia juris Romani system. in usum praelectionum disposita“. 1785, 3. Aufl. 1803, insofern er darin zum ersten Mal ein systematisches Pandektenrecht mit darunter gedruckten Beweisstellen veröffentlicht habe. Nur geringen Geschmack konnte er dem Strafrechte abgewinnen (Miscellen S. 286) und bekannte sich hier zu strengen Anschauungen, weil sonst „den Unholden unschuldige Mitbürger preisgegeben würden“. Beachtung verdienen seine „Institutionen des gesammten Privatrechts, 1815, sowie die in den Jahren 1816–1830 erschienenen drei großen Supplementbände zur Lipenii bibl. realis juridica. In den Hymmen’schen Beiträgen steht von ihm eine Gelehrtengeschichte der Universität Frankfurt a. O.

[37] Vorrede der Miscellen. – Nowack, Schles. Schriftstellerlexikon, Heft 6, Breslau 1843, S. 72. – Nadbyl, Chronik u. Statistik d. kgl. Univ. zu Breslau, 1861. – Abegg, Ad solemnem renuntiationem vir. illustr. univ. Vratislaviensis 1861, p. 17.