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Artikel „Müller, Moritz“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 653–655, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCller,_Moritz&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:17 Uhr UTC)
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Müller: Karl Friedrich Moritz M., Genremaler, meist Moritz Müller oder nach den Beleuchtungs-Effecten seiner Bilder „Feuer-Müller“ genannt, wurde am 6. Mai 1807 zu Dresden geboren, lernte seit 1821 an der dortigen Akademie bei Fr. Matthäi, gewann 1829 zu Zittau, wohin sein Vater als Zeichnungslehrer gerufen wurde, mit Portraitmalen die Mittel zu weiteren Studien, ging 1830 nach München, wo er im Style der dortigen Akademiker die für Zittau bestimmten Altarbilder ausführte. Einen „Christus“ in Lebensgröße und „die Versuchung Christi“ brachte M. 1831 zuerst in den Kunstverein. Ausflüge in das benachbarte baierische Gebirge machten ihn mit dem dortigen Volksleben bekannt, welches er nun in zahlreichen, bald vielbegehrten Bildern verarbeitete. M. erweiterte den Kreis seiner Darstellungen durch die Vorliebe für künstliche Beleuchtung: Bald war es die düstere Lampe, die helle Kerze, die lodernde Fackel oder der Wiederschein eines Brandes, womit er seine Gestalten in überraschenden Effect setzte; im Gegensatze dazu ließ er auch das bläuliche Licht des Mondes hereinspielen. So erzielte er bei seinen nächtlichen Scenen die frappanteste Wirkung, die um so glänzender erscheint, als die handelnden Personen auf das trefflichste charakterisirt und vollkommen richtig gezeichnet und gemalt sind. Seine Stoffe wählte er fast sämmtlich aus dem bäuerlichen Leben, doch liebte M. auch Salon-Scenen (z. B. wie eine zahlreiche Versammlung dem bezaubernden Gesange einer Dame lauscht), immer aber mit künstlicher Beleuchtung, darzustellen. Berühmt machte ihn die Darstellung einiger Ereignisse aus dem Tiroler Kriege vom J. 1809: Neben einer Kapelle kniet eine junge, hübsche Maid, das Gewehr kriegerisch umgehängt, die Hände gefaltet, neben dem schwerverwundeten Vater, während im Hintergrunde das Gefecht mit Franzosen und Tirolern tobt. Ein anderes Bild schildert das Innere eines von den Bergbewohnern wüthend vertheidigten, [654] durch das blitzartige Feuer der Büchsen schrill beleuchteten Hauses, oder der Abschied einer Tirolerin von ihrem Schützen, welcher auf dem folgenden Bilde Nachts schwer verwundet und sterbend zurückgebracht wird. Ein ander Mal zeigt er eine Mutter mit ihren Kindern, welche händeringend, grell von dem Brande ihres Hauses überflammt, zusammenbricht. M. schilderte das Leben oft von der trübsten, dann aber mit seinen Hochzeiten, Kirchmessen u. s. w. auch von der heiteren Seite. Da sind wahre Dorfgeschichten, längst bevor unsere Dichter daran gingen, dergleichen in Schrift zu bringen. Eine Perle dieser Art „die Heimkehr von der Hochzeit“ (1852) besitzt die Neue Pinakothek: An dem Ufer eines vom silbernen Scheine des Mondes leise überglänzten Sees ist in einem behäbigen Bauernhause der Hochzeitsschmaus beendet und die Neuvermählten betreten, Abschied von den Eltern nehmend, den festlich geschmückten Kahn, indeß die Gäste und Freunde mit Fackelschein, Musik und Freudenschüssen ihnen das Geleite geben. Aus dem Ganzen lacht eine dem wahren Volksleben glücklich abgelauschte Lust und Kraft. Licht und Feuer sind auch hier das belebende Element, das M. mit seltener Virtuosität zu benützen weiß. – Um diese Studien unmittelbar nach der Natur zu malen, hatte M. einen Theil seines Ateliers dem Tageslicht verschlossen; hier stellte er die durch Kerzenlicht scharf beleuchteten Modelle, welche er durch kleine, in einer schwarzen Wand angebrachte Fensterchen belauschte. Der grelle Wechsel des Lichtes soll jedoch sehr verderblich auf seine Kopfnerven gewirkt und den Grund zu dem bedauernswerthen körperlichen und geistigen Zustand gelegt haben, welchem der überaus fleißige, übergearbeitete Künstler am 8. November 1865 erlag. Von seinen zahlreichen Bildern, welche verhältnißmäßig wenig durch Stich und Lithographie vervielfältigt wurden, erwähnen wir hier außer den vorgenannten beispielsweise 1831: Jäger und Sennerin. 1832: Sonntagsmorgen auf der Alpe. 1833: Karrenführer aus Wälschtirol. Kesselflicker. 1834: Aus dem Tirolerkrieg (lithogr. von J. Wölfle). Scene aus einer Feuersbrunst. 1835: Ein Münchener Bürgermädchen läßt sich von einer alten Frau wahrsagen. Hirtenjunge am Feuer. 1836: Aus dem Tiroler Aufstande (lithogr. von Kohler). 1837: Bauernhochzeit in Wackersberg bei Tölz. Geburtstags-Gratulation. Abschied eines Tirolers vor dem Kampf. Rückkehr. 1838: Hochzeitszug (lithogr. von A. Kaufmann). 1839: Concert. Eine Singstunde. Christnacht. 1840: Hirtenfeuer. 1841: Brautwerbung im baierischen Hochland. Episode aus dem Tirolerkriege auf einem Hausdach. 1845: Vertheidigung einer Kapelle. Der Landarzt. 1846: Das arme Kind am Christabend. Hochzeitskähne auf dem Tegernsee. Knabe mit seinem Hund. Betendes Mädchen. Abendunterhaltung auf der Alm. Die Burgwache. 1847: Häusliche Scene. Der erste Ländler. 1848: Erinnerung an die Märztage. Vertheidigung einer Tiroler Familie (lithogr. von Jentze). Vorlesendes Mädchen. 1849: Liebeserklärung. 1850: Die arme Wittwe am Silvesterabend (gestochen von Gonzenbach). Die Maler auf der Alm. 1851: Großvater dem Enkel ein Musikstück lehrend. 1852: Hochzeitsmahl im baierischen Gebirg. 1853: Hans Sachs in seiner Werkstätte. 1854: Kirchweihscene in der Gegend von Dachau. 1855: Toilette vor dem Balle. Der Erstgeborne. 1855: Schullehrer auf einer Landkarte die Belagerung von Sebastapol erklärend. 1856: Mädchen am Brunnen. Kirchweihnudeln. Die Erwartung. 1857: Am Würfeltisch. Die Ueberraschung. Der erste Brief aus der Fremde. 1858: Christmette. Morgen auf der Alm. Die Krankenwärterin nach durchwachter Nacht. Weihnachtsfreude. 1859: Die verspätete Heimkehr des Fischers. Nach dem Feierabend. 1860: Ankunft des Stellwagens. Hüterbub auf der Alm. 1861: Nach der Kirchweihe. Wirthshausscene (gestochen von Brennhäuser). Vergebliche Wünsche. 1862: Ein Abend aus dem Münchener Volksleben, am [655] „grünen Baum“. Die gut gewählte Zeit. 1863: Wildschütz bei einer Sennerin. Auch existirt von M. eine Radirung „Jupiter von der Ziege Amalthea gesäugt“, bez. 1819; jedenfalls eine Incunabel des Künstlers. M. wurde 1868 Ehrenmitglied der Akademie zu Dresden.

Vgl. Raczynski II, 405. Nagler 1840, IX, 545 ff. Kunst-Vereins-Bericht f. 1865, S. 55. Seubert 1878, II, 615.