ADB:Möller, Johann Friedrich

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Möller, Johann Friedrich“ von l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 145–147, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6ller,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:44 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 22 (1885), S. 145–147 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Friedrich Möller (Generalsuperintendent) in der Wikipedia
Johann Friedrich Möller in Wikidata
GND-Nummer 117082279
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|145|147|Möller, Johann Friedrich|l. u.|ADB:Möller, Johann Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117082279}}    

Möller: Johann Friedrich M., Generalsuperintendent der Provinz Sachsen, stammt aus einer alten Erfurter Pastorenfamilie. Zu Erfurt am 13. November 1789 geboren, erhielt er seinen ersten Unterricht von seinem inzwischen nach Stettenheim bei Erfurt versetzten Vater († 1824), besuchte dann das Gymnasium in Erfurt und studirte in Göttingen. Hier hatte unter den Theologen besonders Planck auf ihn Einfluß; weitere Anregung brachte Heyne’s Seminar; auch hörte er Heeren und Blumenbach. Im J. 1814 ward er Katechet am Schullehrerseminar zu Erfurt und daneben 1815 Diaconus an der Barfüßerkirche; 1829 ward er Pastor an derselben Kirche, 1831 Senior des geistlichen Ministeriums und 1832 Consistorialrath. Seine kirchliche Stellung war und ward immer mehr eine positiv-evangelische; die positiven Lehren der heiligen Schrift will er der Vernunft der Zeitgenossen vorhalten, die verwandten, im Menschen schon vorliegenden Elemente nachweisen und so zu einer inneren Aneignung der ersteren anleiten. Seine vorwiegende Begabung lag auf dem Gebiete [146] der Katechese. Daneben hat er eine entschiedene Anlage zur geistlichen Dichtung, ein Erbtheil seiner Mutter, einer Tochter des Generalsuperintendenten Bernhard in Saalfeld. Schon im J. 1816 erschien eine Sammlung geistlicher Lieder von ihm aus Anlaß einer Theuerung, unter der die Armen seiner Gemeinde litten; sie hatte den Titel: „Christenglück und Christenwandel in religiösen Gesängen“ (Erfurt 1816); ihr schenkte unter Anderen auch Klaus Harms seinen Beifall. Eine zweite Reihe Lieder veröffentlichte M. im J. 1822 (Erfurt) unter dem Titel „Der christliche Glaube und das christliche Leben; geistliche Lieder und Gesänge für Kirche, Schule und Haus“. Hier findet sich sein schönes Osterlied: „O daß ich hätte mit empfunden die Freude u. s. f.“, das in mehrere neuere Gemeindegesangbücher übergegangen ist, z. B. in das Hamburger vom Jahre 1842. Besondere Schwierigkeiten bereitete ihm die altlutherische Bewegung in Erfurt in den Jahren 1836–1839. Den Pastor Grabau, der an der Spitze derselben stand, hatte M. selbst ordinirt. Es widerstrebte ihm, gegen diese Leute, die ihrem Gewissen folgten und durchaus brave und ehrenwerthe Bürger waren, einen Glaubenszwang auszuüben, und obschon er selbst vergeblich versucht hatte, die Separation zu hindern, wollte er doch lieber sein Amt aufgeben, als sich zum Werkzeug und Vertreter des Einschreiten der Regierung gegen sie machen. Mitten in diese Bewegung hinein fiel der Einsturz der Barfüßerkirche (Montag, den 8. Januar 1838), bei welchem M. wie alle Anwesenden zwar, ohne Schaden zu nehmen, davonkam, der aber ihm doch eine Erschütterung seines Nervensystems eintrug, die erst später einer Badekur wich. Die Grabau’sche Bewegung endete dann, ohne einen befriedigender Austrag gefunden zu haben, mit der Auswanderung Grabau’s und eines großen Theiles seiner Gemeinde nach Buffalo. – Im Frühjahr 1843 ward M. als Dräseke’s Nachfolger zum Generalsuperintendenten der Provinz Sachsen ernannt und mußte seinen Wohnsitz nun nach Magdeburg verlegen. Er hatte in dieser Stellung einen schweren Kampf mit den sogenannten Lichtfreunden zu führen, bei welchem er es weder den Kirchlichen noch den Gegnern derselben recht machen konnte und auch bei der Regierung nicht volle Billigung seiner Ansichten fand. Die Schmähungen und Verdächtigungen, die abseitens der Lichtfreunde gegen ihn gerichtet wurden, konnten wol nur solche, welche nicht im Stande waren, seine Person und sein Verfahren zu beurtheilen, an ihm irre werden lassen. Für ihn selbst war es seiner Natur nach am empfindlichsten, daß es ihm nicht gelingen wollte, auf dem Wege geistlicher Berathung und Auseinandersetzung mit den Gegnern eine Verständigung zu finden. Das Jahr 1848 brachte dann neue Wirren und Mühen. Anfangs 1849 ließ W. Fr. Sintenis als Denkschrift an das Cultusministerium noch einmal eine Schrift voll gehässiger Angriffe gegen M. ausgehen. Die um diese Zeit beginnenden stärkeren Regungen der kirchlich Gesinnten (Kirchentag, innere Mission) fanden Möller’s volle Theilnahme und weckten in ihm die Hoffnung auf bessere Zeiten. Von der Politik hielt er sich fern; nur einmal, als ihn Friedrich Wilhelm IV. im J. 1850 zur Theilnahme am Erfurter Parlament berufen hatte, mußte er sich öffentlich mit ihr befassen. Seine Vorliebe für die Katechese, welche mit seiner theologischen Auffassung im Zusammenhang stand, ließ ihn noch einige katechetische Schriften herausgeben, unter denen das Werk „Katechetisch-evangelische Unterweisung in den heiligen zehn Geboten Gottes nach dem Katechismus Lutheri“, Magdeburg 1854, nach Umfang (662 Seiten) und Inhalt das bedeutendste ist. Auch eine dritte Liedersammlung erschien um diese Zeit: „Geistliche Dichtungen und Gesänge auf Unterlage der heiligen Schrift“, Magdeburg 1852. Im J. 1858 legte er, weil die Kräfte schwanden, die Generalsuperintendentur nieder, nicht lange darnach auch das Pastorat am Dom. Am 20. April 1861 ist er gestorben.

[147] Vgl. Otto Kraus, Geistliche Lieder im 19. Jahrhundert, 2. Aufl., Gütersloh 1879, S. 342–350, wo auch sieben Lieder von M. mitgetheilt sind. – Ein schönes Denkmal hat ihm sein Sohn, der Professor der Theol. Dr. Wilh. Möller in Kiel, in der Realencyklopädie für protest. Theologie und Kirche von Herzog, Plitt und Hauck, 2. Aufl., Bd. X, S. 128–135 gesetzt; hier wird auch eingehend Möller’s theologische und kirchenpolitische Stellung gezeichnet. – Das anonym erschienene Schriftchen „Tante Jettchen“ (2. Aufl., Gotha 1884, Perthes) enthält auch eine anziehende Schilderung des Familienlebens im Möller’schen Hause; Tante Jettchen ist eine Schwester Möller’s, die in seinem Hause lebte.