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Artikel „Lund, Zacharias“ von Erich Schmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 635–636, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lund,_Zacharias&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 10:21 Uhr UTC)
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Lund: Zacharias L., Dichter, geb. am 5. April 1608 zu Nübel in der Schleswigschen Landschaft Sundewitt als Sohn des dortigen Predigers Georg L.; seine Mutter war eine Tochter des Pastors Zacharias Widing (Jöcher IV. 1949). Er besuchte das Hamburger Gymnasium, studirte in Königsberg (?), Leipzig, Wittenberg („Das edle Wittenberg, mein allerliebste Buhle“) Theologie und schöne Wissenschaften, Buchnern tief verpflichtet (Poem. juv. F 5), ward, durch die Unruhen aus Sachsen heimgetrieben, Hofmeister des jungen Johann von Wisch (Vorr. zu Eleg. l. I), promovirte 1647 in Kopenhagen, wirkte als Rector des Gymnasiums zu Herlufsholm, dann, ein gelehrter Bücherfreund, als Bibliothekar des Reichsrathes Seefeld, endlich nach manchen Nöthen als königlich dänischer Secretär und starb unverheirathet zu Kopenhagen am 8. Juni 1667, viele Arbeiten poetischen (lateinisch und deutsch, auch griechisch), theologischen, philologischen (z. B. zu Hesiod) Inhalts hinterlassend. So sind eine Satyra latine, ein Ἂρίων, ein Zedekias seu Tragoedia de excidio Hierosolymae Germanica, eine Comoedia Germanica ungedruckt geblieben. Auch sein Bruder, Pastor Joh. Lund, dichtete.

Er veröffentlichte zwei Sammlungen von Jugendgedichten: „Zachariae Lundii Cimbri, Poematum juvenilium libri IV. Anno 1635. Hamburgi, ex officina Typ. Henrici Werneri, sumptibus Zachariae Hertelii Bibliopolae Hamburgensis“. 12 + 116 S. 12°, reich an antiken Anklängen, wohllautend, erlebten Inhalts. Die Elegien schildern die Jagd, Wittenberger Symposia, wenden sich heiter und ernst an die Freunde, die er vor Paris warnt oder Eobanisch zu Martinalien ruft, erzählen von Krankheit und Weltmüdigkeit, vom Plan einer Reise nach Leyden und klagen nicht ohne Lebhaftigkeit und eine bald discrete bald unververhülltere Sinnlichkeit, die aber mehr den römischen Elegikern verdankt wird, seine Liebe zu Charinta. Er entsagt dem Amor nach schmerzlichen Enttäuschungen ganz (2, 8 f.). Die Silvae enthalten Sinngedichte an Charinta in Nachahmung Catull’s, kleine Gelegenheitsgedichte, anagrammatische Spielereien, Invectiven in Skazonten, Geistliches in reimlosen Hymnenstrophen; alles sehr unbedeutend. Man bemerkt außer einer Uebersetzung aus Guarini stille Anleihen bei Horaz. Die 100 Epigrammata der Sammlung (Epigrammata auch 1643), Buchner gewidmet, sind leere Nachahmungen Martials und Owens; besser manche der deutschen. – „Zachariae Lundii Allerhand artige Deutsche Gedichte, Poëmata, Sampt einer zu End angehengter Probe außerlesener, scharffsinniger, kluger, Hoff- und Schertzreden, Apophthegmata, genant. Leipzig, In Verlegung Gottfried [636] Grossens, Buchhändlers daselbst. Gedruckt bey Johann Albrecht Mintzeln. Im Jahr 1636“. 18 u. 164 S. 4°. Der mittelmäßige, in der Vorrede deutschthümelnde Nachahmer stellt Opitz, Venator, Buchner am höchsten, will selbst nur zu den Dichtern zweiten Rangs zählen und bekennt vieles zur Uebung aus andern Sprachen (französisch, holländisch, italienisch) genommen zu haben. Die Lyrik der Plejade ist ihm geläufig. Er übersetzt z. B. aus Du Bellay ein Sonett. Auf Joh. Secundus weist der sinnliche „Kuß“ S. 40 ff. Auf D. Heinsius die erste Nummer „Lobgesang … Jesu Christi“, Alexandriner, von Arien unterbrochen; vgl. die italianisirenden Arien aus dem Schäferspiel Dieromene S. 70 ff. Auch aus Fleming hat er bewußt oder unbewußt einiges entlehnt; vgl. S. 64, 113. Gelegenheitsgedichte überwiegen, besonders Epithalamia. Selten ein Zötchen (S. 19), viel Mythologie, die nur mit humoristischer Wendung S. 92 erträglich ist. Schwulst (S. 77 f.) neben öder Trockenheit, die auch seiner geringen eigentlichen Liebeslyrik anhaftet. Gelegentlich ein flotterer Ton (Variatio delectat S. 51 ff.) und statt fortlaufender Alexandriner oder sehr schmuckloser Strophen manchmal flinke Kurzzeilen (S. 25, 43, 88). Er liebt den Refrain. Einmal drechselt er ein Gespräch zwischen Cavallier und Dama, Verspaar um Verspaar (S. 40 ff.). Seine Naturschilderung ist eclogenmäßig wie die der Neulateiner des 16. Jahrhunderts. Aber in „Dafnis Hochzeit-Gedicht“ S. 102 ff. paart sich die Renaissancemanier mit niedersächsisch bäuerlichem Realismus, und man hat oft den Eindruck, daß er Frischeres hätte leisten können. Seine meisten Scherzgedichte sind mühsam; besonders abgeschmackt – nach dem Italienischen? – S. 116 ff. „Lob eines Höckers“. Die Form steht unter dem Einfluß Opitzens und Buchner’s, entbehrt aber noch der Strenge. Apokope und Synkope, versetzte Betonung, Hiatus, unreiner Reim begegnen häufig. Er gestattet sich Freiheiten in der Flexion und räumt dem Mundartlichen große Rechte ein. Anaphorische Aufzählungen, Häufungen (S. 122, 125), künstliche Antithesen – aber S. 43 eine volksmäßige Priamel – sind ihm lieb. Die Sammlung ist eingeleitet durch ein hübsches Gedicht seines Hamburger Busenfreundes Vincenz Fabricius an Buchner; S. 128 ff. liest man ein schwaches „Fastnacht-Geschwätz“ von Joachim Petersen und holländische Verse von V. Fabricius; S. 141 ff. „Deutsche Apophthegmata. An den Ehrenvesten und Hochgelarten Herrn Julius Wilhelm Zincgrefen, der Rechten Doctorn“: sie sind „mehr aus heutigen täglichen Gesprächen, als aus den Büchern gesucht“.

Sehr gelobt von Borrich, auch von Morhof wegen seiner gewandten lateinischen Versification; von Morhof, Neumeister etc. gescholten wegen seiner rauhen deutschen Gedichte. Moller, Cimbria literata. I, 369 ff.