ADB:Lischka, Johann Christoph

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Artikel „Lischka, Johann Christoph“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 754–755, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lischka,_Johann_Christoph&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 02:41 Uhr UTC)
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Lischka: Johann Christoph L., Kirchenbildmaler, dem mährischen Geschlechte der Ritter Lischka von Rottenwald entsprossen – über dessen Geburts- und Sterbejahr die gleichzeitigen Chronisten sich auffallend widersprechen, dürfte, nach Prüfung der Glaubwürdigkeit der einen und anderen, 1638 oder 1639 zu Breslau, wo sein Vater als „kaiserlich österreichischer Hofagent“ angestellt war, geboren worden, und 1729 in Prag verstorben sein. L. verlor noch jugendlichen Alters den eigenen, erhielt dafür, durch die Wiedervermählung seiner Mutter mit dem jener Zeit berühmten, aus Königsberg gebürtigen Maler Michael Willmann, zugleich den stellvertretenden Stiefvater, durch dessen umsichtige Leitung er jedenfalls erst zur eigentlichen Befruchtung seines Kunsttalentes gelangte. Diese mußte denn auch rasch zu wege gebracht worden sein, denn Dlabacz [755] versichert, L. habe schon 1660 den Ruf „als großer Maler in Prag“ genossen und führt zum Beweise die ihm zugeschriebenen Fresken in der Prager Kreuzherrenkirche an. Es ist das aber eine insofern zweifelhafte Beweisführung, als sich verläßlichen Jahreszahlen nach sicher stellen läßt, daß der Auftrag für jene Fresken in spätere Zeit datirt, in welcher L. schon von Podagra behaftet, sie nicht mehr selbst zu Ende zu führen vermochte, sondern die Vollendung – wahrscheinlich nach seinen Skizzen – seinem Freunde Wenzel Reiner übertragen mußte. Eigener Hand vollendet ist jedoch das in Oel ausgeführte, kolossale und koloristisch meisterhaft durchgeführte Hochaltarbild dieser Kirche, die „Stigmatisirung des hl. Franz von Assisi“ vorstellend. – Frühere, in Gemeinschaft mit dem bairischen Maler Cosmas Asam (Bd. I, S. 616) ausgeführte Fresken bestanden bis 1870 in der von Kaiser Joseph II. 1785 aufgehobenen Benedictinerkirche zu St. Nicolaus in der Prager Altstadt. Durch Kauf 1791 in das Eigenthum der Stadtgemeinde übergegangen und als Depot benutzt, bewarb sich 1870 sowol die anglikanische wie die russische Propaganda um den Besitz dieser Kirche. Der letzteren gegen einen Jahreszins von 300 Ducaten auf 30 Jahre zugesprochen und für den russisch-orthodoxen Ritus eingerichtet, verschwanden damit nicht nur die schönen Wandmalereien von L. und Asam, sondern auch die von ersterem ausgeführten Altarbilder: „St. Nicolaus“ und „St. Benedict“. – Vorfindlich von ihm ist dagegen noch das große Hochaltargemälde, „Die Glorificirung der hl. Ursula“ vorstellend, nebst einem Seitenaltarbilde: „St. Anna“, in der Ursulinerinnenkirche; „St. Theresia“ und „St. Walburgis“ in der Minoritenkirche bei St. Jakob zu Prag. L. malte ferner für die Stiftskirche in Plaß eine „hl. Magdalena“, für die Stiftskirche in Sedlitz die Heiligen: „Stephan“, „Benedict“, „Bernardus Ludgaris“ und „Juliana“. – In die Dresdener Gallerie kam von ihm ein großes Gemälde, darstellend: „Achilles dem Julius Cäsar das Haupt des Pompejus überbringend“. Nach Angabe von Dlabacz entstanden auch durch den Augsburger Kupferstecher Jakob Andr. Friedrich eine Anzahl von Radirungen nach Zeichnungen Lischka’s, darunter auch Bildnisse der Heiligen: Albrecht, Benedict, Bernardis – nebst dessen Vater und Mutter, Tečelin und Aletha – Robert, Johann Nep., Beatrix, Elisabeth von Salbeck, Humblina, Ida von Lovanio, Ludgaris. – Die Malweise Lischka’s ist eine äußerst gewandte, durch harmonische Farbenstimmung angenehme. Nach Composition und Zeichnung beurtheilt gilt es bei L. Rücksicht zu nehmen auf die Kunstströmung der Zeitperiode, in die er einreiht. Waren in dieser die überhaupt der Renaissance zu Grunde liegenden ästhetischen Normen der classischen Vorzeit schon fast durchweg außer Brauch gesetzt, und in der Barocke einer Freizügigkeit Raum gelassen, der nur edlere Künstlernaturen Halt zu gebieten vermochten, dann obliegt es auch dem Kunsthistoriker, gerade diesen Aufmerksamkeit zuzuwenden. Als eine solche edlere Natur ist L. hervorzuheben. Allerdings angefochten und in Concurrenz getrieben durch die geschmackverderbende Jesuitenmalerei, sonach mitgerissen von der dem Kunstverfalle zutreibenden Strömung, behauptete er trotzdem in allen seinen Darstellungen den sittlichen Ernst und durchleuchtete sein harmonisches Colorit stets auch eine klar verständliche, tieferem Empfinden entspringende Idee.

Neben eigener Forschung ward verglichen: Dlabacz, Künstlerlexikon; Füßli, Allg. Künstlerlexikon.